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Blog: Selbstaendiges Beweisverfahren oder Klageerhebung?

Die gegnerische Versicherung reguliert nicht? Das selbständige Beweisverfahren wäre eine Antwort.

Lehnt die gegnerische Arzthaftpflichtversicherung oder die gegnerische Unfall- oder BU-Versicherung die Regulierung der Ansprüche des geschädigten Patienten ganz oder teilweise ab, stellt sich die Frage, ob man eine Zahlungs-/Feststellungsklage oder lieber einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens bei Gericht einreichen sollte.
Wir sind grundsätzlich Befürworter des selbständigen Beweisverfahrens und möchten Ihnen hier die Gründe näher bringen:
Das selbständige Beweisverfahren (früher: Beweissicherungsverfahren) ist im deutschen Zivilprozess ein besonderes gerichtliches Verfahren, das dem eigentlichen Zivilprozess, dem sog. Hauptsacheverfahren, durch einen entsprechenden Antrag vorgeschaltet wird, um eine (für Versicherung und Patient) verbindliche Beweissicherung zu gewährleisten, wenn hieran ein rechtliches Interesse besteht oder eben auch zu dem Zweck, aufgrund der gewonnenen Ergebnisse ein weiteres streitiges Gerichtsverfahren durch eine gütliche Einigung zu verhindern.
Das selbständige Beweisverfahren dient der echten Prozessbeschleunigung, da es eine relativ rasche Beweiserhebung durch Einholung eines oder mehrerer medizinischer Sachverständigengutachten zur Frage nach vorliegenden Behandlungsfehlern und Risiken bzw. Behandlungsalternativen (im Medizinrecht) oder zur Frage der Berufsunfähigkeit bzw. Unfallfolgen (im Personenversicherungsrecht) ermöglicht. 
Weiterhin - da es auch ohne einen anhängigen Rechtsstreit durchgeführt werden kann - erleichtert es meist auch die außergerichtliche Einigung der Parteien und dient somit auch der Prozessökonomie.
Wir empfehlen daher -soweit die vorliegende Behandlungsdokumentation erschöpfend genug ist- stets die Einreichung eines Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 24. September 2013 – Az. VI ZB 12/13 ein rechtliches Interesse an gutachterlichen Feststellungen im selbstständigen Beweisverfahren mit -der meines Erachtens zutreffenden- Begründung bejaht, dass sich aus der Feststellung des Gesundheitsschadens häufig ableiten lasse, ob und in welcher Schwere ein (grober?) Behandlungsfehler vorliege.

Damit erfülle laut BGH das selbstständige Beweisverfahren auch in Arzthaftungssachen den Sinn und Zweck, die Gerichte von Rechtsstreitigkeiten zu entlasten und den Weg zu einer raschen und kostensparenden Lösung zu bahnen. Es geht dabei um eine rasche Streitvermeidung und/oder um eine verbindliche Beweissicherung.
Bereits im Jahre 2003 stellte der BGH  klar, dass ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens bei Arzthaftungsansprüchen nicht aus grundsätzlichen Erwägungen ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles verneint werden könne (BGH, Beschl. v. 21.01.2003 - VI ZB 51/02). Dies gilt entsprechend im Unfallversicherungsrecht und auch im Berufsunfähigkeitsversicherungsrecht.
Der BGH hat in der vorliegenden Entscheidung aus dem Jahre 2013 nun auf § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgestellt und die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens immer dann für zulässig erachtet, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. 
Dies gilt auch dann, wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderlich erscheint. 
Ein rechtliches Interesse ist zutreffenderweise -so der BGH- nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO daher immer dann anzunehmen, wenn die Feststellungen der raschen Vermeidung eines Rechtsstreits dienen könnte, laut BGH kommt es allein auf die Möglichkeit einer Streitvermeidung an.
Das selbstständige Beweisverfahren ist aus unserer Sicht bei außergerichtlicher Verhandlungsführung ein probates Mittel, den Hauptsacheprozess durch eine verbindliche vorgeschaltete gutachterliche Beweisklärung zu vermeiden. 
Gerade für Patientenvertreter bietet ein im Beweisverfahren eingeholtes Gutachten eine bessere Entscheidungsgrundlage für Verhandlungen und/oder ggf. für einen danach rasch erfolgenden Prozeßvergleich.
Auch besteht im gerichtlichen Beweisverfahren die Möglichkeit, ergänzende Fragen (sowie Einwendungen und Unterlagen) an den Sachverständigen zu übersenden oder den Gutachter vor Gericht anzuhören, so dass eine (genauso) umfassende Klärung der für die Haftung maßgeblichen medizinischen Grundlagen (wie in einem Klageverfahren) möglich ist.
Zu Recht weist der BGH demnach darauf hin, dass das Ergebnis einer sachkundig durchgeführten Beweiserhebung dem Anwalt des Patienten eine sichere Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Frage gibt, inwieweit ein Prozess überhaupt erfolgreich ist und/oder ob man sich nicht besser rasch durch Prozeßvergleich o.ä. einigen solle. 
In jedem Falle gibt ein im selbstständigen Beweisverfahren eingeholtes Gutachten (auch aufgrund seiner Verbindlichkeit ggü. beiden Parteien!) hier eine viel höhere und schnellere Sicherheit für die Einschätzung der Erfolgsaussichten als ein Parteigutachten.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass als Kostenvorschuss nur eine Gerichtsgebühr erhoben wird.
Rechtsschutzversicherungen übernehmen bedingungsgemäß alle Kosten eines gerichtlich angeordneten Beweisverfahrens, d.h. auch diese Kosten sind vom Deckungsschutz der Rechtsschutzversicherung umfasst.

 

Es grüßt Sie herzlich

Ihr RA Michael Graf

ANWALTGRAF, Freiburg

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