Der VI. Zivilsenat des BGH hat mit seinen Beschlüssen vom 19.5.2020 und 6.7.2020 nunmehr einen in Rechtsprechung und Literatur bereits seit mehreren Jahren geführten Grundsatzstreit hinsichtlich der Zulässigkeit von Beweisfragen zu Inhalt und Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht als „Vorfrage“ im selbstständigen Arzthaftungsbeweisverfahren entschieden.
Die Frage, ob der Erstrichter im OH-Verfahren ein eigenes Beiziehungsermessen hinsichtlich der vom Antragsteller begehrten Patientenunterlagen hat, ist strikt von der Frage zu trennen, ob dem Antragsteller gegen die erfolgte richterliche Ablehnung einer begehrten Anordnung nach § 142 ZPO ein Rechtsmittels zusteht.
Dieser Fall aus dem Bereich des Arzthaftungsrechts zeigt die schwerwiegenden Folgen grober Befunderhebungsfehler. Der behandelnde Augenarzt erkennt einen Tumor im Auge eines Babys nicht. Erst Monate später finden Ärzte einer Spezialklinik raus, dass der Tumor bereits im höchsten Stadium entwickelt ist. Der einzige Weg bleibt die operative Entnahme des Auges. Mit frühzeitiger, korrekter Befunderhebung und entsprechender Behandlung wäre dies vermeidbar gewesen.
Grobe Behandlungsfehler, ärztliche Aufklärungsfehler, sowie die Vorlage der Krankenunterlagen sind zulässige Gegenstände des selbständigen Beweisverfahrens.
ZUM FALL: Im Jahr 2007 musste sich das LG Köln (Aktenzeichen: 25 O 592/01) mit der Frage auseinandersetzen, welche Ansprüche der Geschädigten und ihren Eltern zustehen, wenn im Rahmen der Geburt zahlreiche verschiedene Behandlungsfehler begangenen wurden, die zur Entstehung eines Geburtsschadens geführt haben. Sachverhalt Die Mutter der Geschädigten begab sich am 6. September 1996 in der 40. Woche ihrer Schwangerschaft zur Entbindung in die Abteilung der Gynäkologie des beklagten...
ZUM FALL: Im Jahr 2009 mussten sich zunächst das LG Gera (Aktenzeichen: 2 O 15/05) und im Anschluss das OLG Jena (Aktenzeichen: 4 U 459/09) mit der Frage auseinandersetzen, welche Ansprüche dem Geschädigten zustehen, wenn eine medizinisch dringend gebotene Notsectio erst mit 30 Minuten Verzögerung durchgeführt wird und dadurch ein Geburtsschaden entsteht. Sachverhalt Die Mutter des Klägers wurde am 25. März 1993 im Endstadium ihrer Schwangerschaft zur Entbindung bei der Beklagten mit...
Behandlungsfehler bei kosmetischen Operationen Heutzutage werden in Deutschland tausende Schönheitsoperationen durchgeführt. Und nicht selten kommt es dabei vor, dass Etwas nicht zur Zufriedenheit des Patienten läuft. Dabei kann es natürlich auch zu Komplikationen kommen. Im Gegensatz zu anderen Operationen ist bei den kosmetischen die Aufklärung besonders wichtig. Vor allem, da der Patient meist sehr genaue Anforderungen an den Arzt in Bezug auf das Ergebnis der Operation stellt. Deshalb...
Entscheidung OLG Karlsruhe, Urt. v. 7. 8. 1996 - 7 U 251/93 Es liegt ein grober Behandlungsfehler vor, wenn bei Verdacht auf ein Rektumkarzinom keine Koloskopie vorgenommen wird Zum Fall: Ein Patient leidet an starken Bauchschmerzen und es wird Blut aus dem Darmbereich mit entleert. Es besteht der Verdacht auf ein Rektumkarzinom. Als Rektum oder auch End- oder Mastdarm werden die letzten 16 cm des Darms bezeichnet. Eine Koloskopie muss durchgeführt werden, um abzuklären, woher die Blutungen...
Zur Entscheidung des OLG Koblenz, Urt. v. 3. 5. 2007 - 5 U 567/05 Geburtsschaden und Arzthaftung Es liegt ein grober Behandlungsfehler vor, wenn das CTG beim ungeborenen Kind Unregelmäßigkeiten der Herztöne aufzeigt und keine Blutgasanalyse vorgenommen wird. Zum Fall: Eine schwangere Patientin wird mit Wehentätigkeit in der Frauenklinik aufgenommen. Zur Überwachung der Herztöne des Kindes wird die Patientin an ein CTG angeschlossen. Im Verlauf der Überwachung kommt es immer wieder zu...