Geburtshilfe.

Graf Johannes Patientenanwälte.

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Geburtsschaden.

Behandlungsfehler bei der Geburt.

Der zweite haftungsträchtige Teil des Fachbereichs ist die Geburtshilfe. Diese befasst sich mit der Überwachung von Schwangerschaften sowie der Vorbereitung, Durchführung und Nachbehandlung von Geburten und ist mit der Frauenheilkunde zu einem medizinischen Fachgebiet zusammengefasst. Es obliegt dem Gynäkologen, den Schwangerschaftsverlauf mit einer umfangreichen Diagnostik zu überwachen und insbesondere die Schwangere über Risiken für Fehl- und Frühgeburten aufzuklären, den Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes zu überwachen und zu den verschiedenen Entbindungsmöglichkeiten zu beraten. 

 

Ein Drittel der Fehlervorwürfe im Fachbereich der Gynäkologie werden bei der Geburtshilfe erhoben, wobei etwa die Hälfte dieser Vorwürfe auf eine fehlerhafte Geburtsleitung zurückzuführen ist.

 

Weitere Vorwürfe werden insbesondere aufgrund mangelhafter Schwangerschaftsbetreuung bei Frühgeburtlichkeit, angeborener Fehlbildung und verzögertem Wachstum (sog. Wachstumretardierung) erhoben.

 

Ein Problemschwerpunkt bei der Geburtshilfe ist der Kaiserschnitt (sog. Sectio). Insbesondere bei sekundären Schnittentbindungen liegt eine Behandlungsfehlerquote der Vorwürfe von 44% vor. Vorzuwerfen sind eine verspätete Durchführung, technische, präoperative und postoperative Sorgfaltsmängel sowie eine fehlerhafte Indikation.

 

Besonders dramatisch sind ärztliche Fehler in der Geburtshilfe deshalb, weil sie nicht nur gravierende Auswirkungen auf das gesamte noch vor ihm liegende Leben des Neugeborenen haben, sondern die gesamte nähere familiäre Umgebung, besonders die Eltern und Geschwister, nachhaltig von dem Schicksal „mitgerissen“ werden. Aus diesem Grund gibt es heute nach Angaben in einem aktuellen Spiegelartikel vom 01.07.2015 zum Thema „Arztfehler oder Schicksal? Rechtsstreit nach der Geburt“ dem Leiter der Haftpflichtversicherung des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft zufolge für einen schwersten Geburtsschaden im Mittel 2,6 Millionen Euro Schadensersatz.


Haftung bei Geburtsschaden.

 

Beispiel:

 

Vor diesem Hintergrund soll der Fall einer Notsectio des Landgerichts Gera vom 06.05.2009 (Az. 2 O 15/05) geschildert werden:

Die Schwangere wurde nur wenige Tage vor dem errechneten Entbindungstermin mit regelmäßigen, aber nicht starken Wehen und stehender Fruchtblase nach einer bisher komplikationslosen Schwangerschaft in die Universitätsklinik aufgenommen. Kurz nach der Aufnahme um 17.00 Uhr wurde durch die zuständige Hebamme der Wehenschreiber (sog. CTG) angelegt, welches erst normale kindliche Herztöne, jedoch bereits um 17.20 Uhr nach 7 Minuten ein plötzliches Abfallen der Herztöne zeigte. Nachdem es der Hebamme nicht gelang durch Verrücken des CTG-Kopfes die Herztöne wiederzufinden, informierte sie in den nächsten 2 bis 3 Minuten die diensthabende Kreißsaalärztin. Diese veranlasste sodann das Entfernen des CTG und eine Ultraschallkontrolle, bei welcher sie eine fetale Bradykardie, also eine Absenkung der Herzfrequenz des Kindes, feststellte. Sodann wurde von der Ärztin die Wehenhemmung mit Medikamenten (sog. Tokolyse) angeordnet und der diensthabende Oberarzt hinzugezogen. Nach weiteren 5 Minuten wurde sodann die Indikation zur Notsectio gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt vergingen vom Feststellen der Bradykardie bis zur Indikationsstellung um 17.30 Uhr bereits 10 Minuten. 

 

Anschließend begann die Vorbereitung der Schnittentbindung durch Waschen und Totalrasur der Schwangeren, vaginalen Untersuchung durch den Oberarzt, Vorlegen der Einwilligungserklärung durch den Oberarzt im OP-Bereich zur Unterschrift, sowie einer anschließenden weiteren Einverständniserklärung zur Narkose durch die Anästhesistin. Der Beginn der Operation verzögerte sich weiter, da für diese noch der diensthabende Oberarzt der Frauenheilkunde hinzugezogen werden musste, da die diensthabende Kreißsaalärztin wieder im Kreißsaal gebraucht wurde. Erst um 17.50 Uhr wurde mit der Anästhesie begonnen und um 17.53 Uhr mit der Sectio. Um 17.55 Uhr erfolgte die Entbindung des Säuglings in einem blassen und schlaff-asphyktischen Zustand aus Schädellage mit Apgar 0. Der Apgar-Score von 0 (von 10) steht für eine blaue oder weiße Hautfarbe, keine Herzaktion, keine Absaugreflexe, schlaffer Muskeltonus und keine Atmung bei dem Neugeborenen. Es kam zum Herz-Kreislauf-Stillstand. Der Säugling wurde sofort abgesaugt, intubiert und reanimiert. Doch es war zu spät.

 

Es folgte die Verlegung auf die Kinderintensivstation der Universitätskinderklinik und eine lange maschinelle Beatmung. Erst sechs Monate nach der Entbindung konnte der Säugling mit einer Atemhilfe erstmals nach Hause gelassen werden. 

 

Das Neugeborene ist infolge der Unterversorgung mit Sauerstoff bei der Geburt auf schwerste Weise körperlich und geistig behindert, beidseitig blind, liegt im Wachkoma, ist bettlägrig und an ein Atemüberwachungsgerät angeschlossen. Es ist rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen. Gravierendere körperliche und geistige Beeinträchtigungen sind nach dem Gericht kaum vorstellbar. 

Das Landgericht urteilte, dass bei vitaler Gefährdung des Kindes in einem Universitätsklinikum und Perinatalzentrum ein Zeitbedarf von mehr als 20 Minuten zwischen Entscheidung und Entbindung nicht akzeptabel ist und damit einen groben ärztlichen Behandlungsfehler darstellt.

 

Die 10 Minuten unnötigerweise verlängerte Zeit der Sauerstoffunterversorgung ist Ursache für die schwere hypoxisch-ischämische Hirnschädigung und hätte verhindert werden können, wenn die für eine Notsectio nicht gebotenen Maßnahmen, wie etwa Körperpflege, Totalrasur und das Aufhalten mit Formalien unterblieben wären. 

Dem geschädigten Kind ist mit seiner Geburt jede Möglichkeit einer normalen körperlichen und geistigen Entwicklung genommen worden. Es wird niemals Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter bewusst erleben und seine Persönlichkeit entwickeln können. Sein Leben ist weitestgehend auf die Aufrechterhaltung vitaler Funktionen, die Bekämpfung von Krankheiten und die Vermeidung von Schmerzen beschränkt. 

 

Vor diesem Hintergrund und der unzweifelhaft zustehenden Entschädigungen ist es umso unverständlicher, dass der hinter dem beklagten Arzt stehende Haftpflichtversicherer über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren keinerlei Vorauszahlungen geleistet hatte. Dies ist umso grausamer, als dass es offenbar in der Absicht geschah, um Zeit zu gewinnen und die Familienangehörigen des geschädigten Säuglings zum Nachgeben zu bewegen.

 

Nach dem erkennenden Gericht war hier ein Schmerzensgeld in Höhe von 600.000,00 Euro angemessen und gerechtfertigt.

 

Insbesondere steht dem geschädigten Kind auch dann ein solches zu, wenn seine Persönlichkeit weitestgehend zerstört ist, selbst wenn seine Empfindungsfähigkeit ganz oder teilweise durch das schadenstiftende Ereignis aufgehoben ist. 

 

Darüber hinaus verurteilte das Gericht die Behandler zu der Erstattung des bislang angefallenen behinderungsbedingten pflegerischen Mehrbedarfs in Höhe von mehr als 90.000 Euro.

 

Hervorzuheben ist noch, dass sich die Haftpflichtversicherung mit dem Argument von der Haftung frei machen wollte, dass die Ansprüche des Säuglings verjährt seien, weil die Mutter von Anfang an gewusst habe, dass nicht nur 20 sondern 30 Minuten bis zur Entbindung vergingen und die Mutter daher die Ansprüche ihres Kindes früher hätte durchsetzen müssen. Alleine mit dieser Kenntnis ist einem Laien jedoch völlig unklar, dass es zu einer behandlungsfehlerhaften Zeitüberschreitung gekommen ist und noch mehr, dass diese im Zusammenhang mit den Behinderungen ihres Kindes stehen könnte. Damit ging der Verjährungseinwand der Beklagtenseite ins Leere, da er nicht den Anforderungen des § 199 BGB genügte.



Weitere Entscheidungen: Geburtsschäden mit starker Hirnschädigung und weitgehender Zerstörung der Persönlichkeit.

OLG Braunschweig Urt. v. 22.4.2004 – 1 U 55/03 – VersR 2004, 924.

Hirnschädigung infolge Hirnblutung, spastische Tetraparese, nahezu blind, Inkontinenz, keine aktiveKommunikation möglich. 350.000,– 

 

OLG Celle Urt. v. 27.2.2006 – 1 U 68/05 – VersR 2007, 543.

Spastische Tetraparese, psychomotorische und mentale Retardierung, stark reduzierte Sehfähigkeit,Inkontinenz, fütterungspflichtig, sprechunfähig. 300.000,– 

 

OLG Düsseldorf Urt. v. 26.4.2007 – 8 U 37/05 – VersR 2008, 534.

Zerebralparese, Tetraspastik, blind, minimale Kommunikationsfähigkeit, Epilepsie,fütterungspflichtig. 300.000,– + 300,– mtl. Rente 

 

OLG Hamm Urt. v. 16.1.2002 – 3 U 156/00 – VersR 2002, 1163.

Hypoxische Hirnschädigung, blind, schwerste Tetraspastik, nicht kommunikationsfähig, ständigwiederkehrende zerebrale Anfälle. 500.000,– 

 

OLG Hamm Urt. v. 21.5.2003 – 3 U 122/02 – VersR 2004, 386.

Hypoxische Hirnschädigung, blind, schwerste Tetraspastik, Leben beschränkt sich auf die Aufrechterhaltung dervitalen Funktionen. 500.000,– 

 

OLG Jena Urt. v. 14.8.2009 – 4 U 459/09 – VersR 2009, 1676.

Schwerste geistige und körperliche Behinderung, blind, Wachkoma. 600.000,– 

 

OLG Koblenz Urt. v. 26.2.2009 – 5 U 1212/07 – VersR 2010, 1452.

Freies Sitzen, Stehen, Fortbewegen und Greifen unmöglich, geistige Behinderung, fehlendesSprachvermögen. 350.000,– 

 

OLG Koblenz Urt. v. 5.7.2004 – 12 U 572/97 – VersR 2005, 1738.

Hinschädigung infolge Hypoglykämie, schwerste psychomotorische Retardierung mit Tetraspastik,sprechunfähig, rollstuhlpflichtig. 300.000,– 

 

OLG Köln Urt. v. 20.12.2006 – 5 U 130/01– VersR 2007, 219.

Hypoxische Hirnschädigung, sekundäre Mikroenzephalopatie, schwerste tetra-spastische Bewegungsstörungen, keineaktive Kommunikation möglich. 500.000,– 

 

OLG München Urt. v. 23.12.2011 – 1 U 3410/09 – BeckRS 2012, 00115.

Stark eingeschränkte Kommunikation mittels Sprache und Gebärden, selbständiges Fortbewegennicht möglich. 300.000,– 

 

OLG Schleswig Urt. v. 10.9.2004 – 4 U 31/97 – OLGR Schleswig 2005, 273.

Hypoxische Hirnschädigung, beinbetonte Tetraparese, herabgesetzte Sehfähigkeit, sprechunfähig,fütterungspflichtig, eingeschränkt kommunikationsfähig. 179.000,– 

 

OLG Zweibrücken Urt. v. 22.4.2008 – 5 U 6/07 –, dokumentiert bei juris.

Schwerste Tetraspastik, künstliche Ernährung nötig, nahezu blind, geistig schwerstbehindert. 500.000,– + 500,– mtl. Rente


Weitere Entscheidungen: Sonstige Geburtsschäden

OLG Brandenburg Urt. v. 25.2.2010 – 12 U 60/09 – dokumentiert bei juris.

Spastisch-kinetische doppelte Hemiparese, Hüftdisplasie, leichte mentale Retardierung, Störungen in der Zungen- undLippenkoordination. 275.000,– 

 

OLG Düsseldorf Urt. v. 10.1.2002 – 8 U 49/01 – dokumentiert bei juris.

Armplexuslähmung mit dauernder funktioneller Unbrauchbarkeit des Arms nach Schulterdystokie. 13.000,– + 100,– mtl. Rente 

 

OLG Düsseldorf Urt. v. 30.1.2002 – 8 U 49/02 – VersR 2005, 654.

Obere und untere Armplexuslähmung mit Gebrauchsunfähigkeit des Arms, Hornersyndrom. 50.000,– 

 

OLG Frankfurt Urt. v. 11.12.2002 – 13 U 199/98 – OLGR Frankfurt 2003, 55.

Erb’sche Lähmung, Wirbelsäulenskoliose. 50.000,– 

 

OLG Hamm Urt. v. 30.5.2005 – 3 U 297/04 – GesR 2005, 462.

Spastische Tetraparese, Microenzephalie, Epilepsie. 205.000,– 

 

OLG Hamm, Urt. v. 24.4.2002 – 3 U 8/01 – VersR 2003, 1312.

Armplexusschädigung mit Lähmung des Arms. 62.500,– 

 

OLG Koblenz Urt. v. 17.4.2002 – 7 U 893/98 – OLGR Koblenz 2002, 303.

Schulterdystokie, Rückenmarksschädigung mit Querschnittslähmung. 285.000,– 

 

OLG Köln Beschl. v. 13.2.2006 – 5 W 181/05 – dokumentiert bei juris.

DauerhafteZwerchfelllähmung, Ausfall einer Lungenhälfte, Vergrößerung des Herzmuskels. 200.000,– 

 

OLG Köln Beschl. v. 5.9.2008 – 5 W 44/08 – VersR 2009, 276.

Plexusbrachialisschädigung rechts nach Schulterdystokie mit Gebrauchunfähigkeit des Arms und 50%igem Funktionsverlust desrechten Lungenflügels. 75.000,– 

 

OLG Nürnberg Urt. v. 15.2.2008 – 5 U 103/06 – VersR 2009, 71.

Weitestgehende Querschnittslähmung, Beweglichkeit allein der Arme ohne Feinmotorik der Hände. 300.000,– + 600,– mtl. Rente 

 

OLG Oldenburg Urt. v. 6.2.2008 – 5 U 30/07 – VersR 2008, 924.

Hirnsubstanzstörung, Hirnsubstanzverlust, spastische Hemiplegie, sprachliche und psychointellektuelleEntwicklungsstörung. 70.000,– 

 

OLG Saarbrücken Urt. v. 21.3.2001 – 1 U 653/98 – OLGR Saarbrücken 2001, 240.

Tetraspastik, geistige Behinderung, eingeschränkte Blasen- und Mastdarmkontrolle. 150.000,– 

 

OLG Stuttgart Urt. v. 23.9.1997 – 14 U 71/96 – VersR 1999, 582.

Armplexusschädigung mit starker Funktionsbeeinträchtigung des Arms. 32.500,– 

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