Schmerzensgeld für behandlungsfehlerhaft eingebrachte Prothese
Wird ein Patient durch ein fehlerhaftes Implantat, bspw. eine X-Prothese der Firma X., geschädigt, so stehen ihm u.U. nicht nur Ansprüche gegen den Hersteller zu, sondern auch gegen die operierende Klinik und gegen die Ärzte aufgrund Arzthaftung wegen Aufklärungsfehler oder Behandlungsfehler. Erhebliche Ansprüche auf Schmerzensgeld sind die Folge. Lesen Sie den Fall eines Patienten aus Freiburg:
Hinweis: Bei dem hier vorgestellten Fall handelt es sich um einen realen Fall aus unserer Kanzlei. Es wurden lediglich die Namen aller Beteiligten, sowie die Datumsangaben, die Zahlen und die sonstigen genannten Beträge abgeändert und/oder abgekürzt, um den Fall dadurch zu anonymisieren. |
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir wenden uns in der o.g. Angelegenheit Müller ./. Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule H. (MKK) im Diakoniekrankenhaus K. gGmbH u.a. an Sie.
Unter Vorlage der Anwaltsvollmacht zeigen wir hiermit die anwaltliche Vertretung unserer o. g. Mandantschaft an.
Unser Mandant hat gegen die Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule H. (MKK) erhebliche vertragliche Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 278 BGB i.V.m. Behandlungsvertrag vom 01.11.2006.
Des Weiteren bestehen deliktische Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 4 Abs. 1 MPG und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 14 MPG gegen die mitbehandelnden Ärzte (Herr Dr. med. Thomas Schön (Operateur), Herr Oberarzt PD Dr. Christian Wasser (Assistenz I), PJ Nikolai Nuri (Assistenz II), Dr. Vielil (Patientenaufklärung), Dr. Wtitz (Dokumentation Aufklärungsgespräch)).
Zwecks Meidung von verjährungshemmenden Maßnahmen dürfen wir Sie bereits jetzt höflich bitten, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
I Im Folgenden schildern wir Ihnen die Umstände des Falles:
Am 03.11.2006 wurde bei unserem Mandanten in Ihrer Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule H. eine produktfehlerhafte Hüft-TEP links implantiert. Es handelte sich um eine X.-Prothese der Firma X.
Beweis: Aufnahmevertrag vom 01.11.2006
Bereits vor der Operation wurde unser Mandant nur unzureichend auf die Risiken und Behandlungsalternativen einer solchen Operation aufgeklärt. Vielmehr verharmlosten die Ärzte Ihrer Klinik die Risiken und möglichen Folgen im Zusammenhang mit einer solchen Hüft-TEP.
Beweis:
1 Parteivernahme unseres Mandanten
2 Behandlungsunterlagen der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule H.
Zudem waren bereits Ende des Jahres 2006 die allgemeinen Probleme mit den X.-Prothesen der Firma X. in Fachkreisen und Kliniken bekannt, so dass deren Verwendung Ende des Jahres 2006 als objektiv behandlungs-fehlerhaft einzustufen ist.
Beweis: Schreiben der Firma M. vom 05.12.2006
Weiterhin wurde auch die Implantation selbst fehlerhaft durchgeführt, da das Implantat von Anfang an nicht richtig saß und starke Schmerzen verursachte.
Beweis: Medizinisches Sachverständigengutachten
Bereits nach der Operation stellten sich bei unserem Mandanten heftige Schmerzen und Bewegungseinschränkungen ein. Unser Mandant merkte schon während des Krankenhausaufenthaltes, dass er das operierte Bein nicht mehr richtig heben konnte. Erst nach Tagen war es ihm möglich, sich mit dem rechten Bein auf Zehenspitzen und unter starken Schmerzen fortzubewegen.
Beweis: Parteivernahme unseres Mandanten
Zusätzliche Folge der Operation war eine deutliche Beinlängendifferenz von 2 cm (!) mit fehlendem Aufsatz der gegenseitigen Ferse. Infolge dessen stellten sich erhebliche Beeinträchtigungen beim Gehen und im Alltag ein, da unser Mandant leicht in Gefahr geriet, zu stürzen.
Insbesondere beim Hinsetzten, -hocken und -beugen stellten sich massive Schmerzen ein, sowie ein Verklemmungsgefühl in der Hüfte.
Beweis:
1 Parteivernahme unsres Mandanten
2 Behandlungsunterlagen des Klinikums Bad Salzdetfurth
Bereits 2007 stellte Dr. Wanner (Allgemeinmediziner) bei unserem Mandanten erhöhte Leberwerte fest. Sein allgemeines Wohlbefinden verschlechterte sich.
Beweis: Behandlungsunterlagen der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule H.
Dies ist - so weiß unser Mandant heute - wohl mit einem produktfehlerhaften Metallabrieb des Implantates in Verbindung zu bringen.
Im Jahr 2012 fing dann plötzlich auch noch die rechte (nicht operierte) Hüfte an zu schmerzen. Die Schmerzen wurden von Monat zu Monat schlimmer.
Am 27.12.2013 stand unser Mandant aus einem Sessel auf, machte einen kleinen Schritt nach vorne, als es plötzlich krachte. Er spürte einen schmerzhaften Schlag - wie einen elektrischen Schlag - bis in den Kopf hinein und stütze sich instinktiv an dem in der Nähe befindlichen Schrank ab, um nicht umzufallen. Seine linke Beinverknochung war plötzlich vom Körper getrennt und stach in seinen Bauchraum, was höllische Schmerzen verursachte.
Beweis: Parteivernahme unseres Mandanten
Unser Mandant wurde notfallsbedingt in das Johanniter-Krankenhaus Gronau verbracht, wo ein Implantatsbruch links diagnostiziert wurde. Bis zur dortigen Revisionsoperation am 30.12.2013, musste unser Mandant unter stärksten Schmerzen bettlägerig leben.
Er verbrachte dann bis 08.01.2014 stationär im Krankenhaus und leidet unter Schmerzen und einem Rauschen im rechten Ohr.
Beweis:
1 Parteivernahme unseres Mandanten
2 Behandlungsunterlagen des St. Freiburg Krankenhaus Freiburg
In der Folgezeit diagnostizierte Dr. Maierli eine massive Verschlechterung der rechten (nicht operierten) Hüfte (Knochenödem), welche kausal auf den Schaden der operierten linken Hüfte und auf die Mehrbelastung der nicht operierten rechten Hüfte zurückzuführen ist.
Beweis:
1 Parteivernahme unseres Mandanten
2 Behandlungsunterlagen des MVZ für Radiologie und Nuklearmedizin
Am 28.01.2014 musste daher eine weitere komplizierte und schmerzhafte Hüft-TEP-Op rechts durchgeführt werden. Seit November 2006 leidet unser Mandant an massiven Schmerzen, Organproblemen (Leber) und Bewegungsbeeinträchtigungen.
II. In rechtlicher Hinsicht tragen wir folgendes vor:
1.
Als Vertragspartner unseres Mandanten besteht gegen die Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule H. (MKK) ein Anspruch aus dem Behandlungsvertrag vom 01.11.2006, in Form eines totalen Krankenhausvertrags, gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 278 BGB, da ihr das Verschulden ihrer angestellten Ärzte zugerechnet wird.
Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger vom Schuldner den Schaden ersetzt verlangen, der durch die Verletzung einer vertraglichen Pflicht aus dem Schuldverhältnis entsteht.
Unstreitig wurde zwischen Ihnen und unserem Mandanten am 01.11.2006 ein Behandlungsvertrag geschlossen.
Die Verletzung der vertraglichen Pflicht stellt vorliegend die behandlungs-fehlerhafte Implantation der Hüftprothese (links) dar, sowie die nicht in erforderlichem Maße erfolgte präoperative Aufklärung über Risiken der Operation und echte alternative Behandlungsmöglichkeiten. Dadurch sind unserem Mandanten erhebliche Schäden entstanden.
Dabei wird das Verschulden der an der Behandlung beteiligten Ärzte, als Erfüllungsgehilfen der Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule H. (MKK), dieser gemäß § 278 BGB zugerechnet.
Zunächst hat unser Mandant erhebliche Schadensersatzansprüche. Durch die behandlungsfehlerhafte Implantation in der linken Hüfte wurde eine spätere Operation an der gesunden (rechten) Hüfte nötig. Unser Mandant kann sich seither nicht mehr richtig bewegen. Zudem durchläuft er seit vielen Jahren einen drastischen und schmerzhaften Leidensweg. Auch seine Organe sind betroffen, da diese durch den Metallabrieb vergiftet wurden und er nunmehr dauergeschädigt ist.
Des Weiteren hat unser Mandant Anspruch auf Ersatz seiner Haushaltsführungs-schäden. Er lebt mit seiner Frau im Zweipersonenhaushalt und hat darin einen Tätigkeitsaufwand von 22,9 Stunden pro Woche zu Erbringen. Diese Tätigkeiten sind ihm aufgrund des Schadens zu 70 % nicht mehr möglich.
Da ein Dauerschadens mit Verschlechterungsrisiko vorliegt, besteht zusätzlich ein Anspruch auf die Erstattung zukünftiger Schäden, insbesondere Arztkosten, Fahrtkosten, vermehrte Bedürfnisse und Pflegekosten.
2.
Die deliktische Haftung der mitbehandelnden Ärzte ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 4 Abs. 1 MPG und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 14 MPG.
a)
§ 4 Abs. 1 MPG und § 14 MPG i.V.m. § 2 MPBetrV. sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Produkte dürfen danach nur nach Zweckbestimmung angewendet werden. Es gelten Prüf- und Überwachungspflichten des Anwenders, die Gebrauchsanweisung sowie sonstige sicherheitsbezogenen Informationen müssen beachtet werden.
Die an der Operation beteiligten Ärzte sind zweifelsfrei als Anwender im Sinne dieser Regelungen zu qualifizieren. Da es sich bei Hüftprothesen um Medizinprodukte handelt, die zur Anwendung bei mehreren Patienten vorgesehen sind, sind diese vor jedem Einsatz zu überprüfen und gegebenenfalls frühzeitig auszutauschen. Bei einer ausreichenden Prüfung durch die behandelnden Ärzte wäre die Fehlerhaftigkeit der Hüftprothese erkannt worden.
b)
Des Weiteren ergibt sich die delitkische Haftung der behandelnden Ärzte nicht nur aus einem Verstoß gegen die operationstypischen Aufklärungspflichten, sondern auch wegen Behandlungsfehler.
Die Anwendungsverbote der § 4 Abs. 1 MPG und § 14 MPG i.V.m. § 2 MPBetrV führen zu einer Pflicht des Arztes, den Patienten über erhöhte Versagensquoten des Produktes aufzuklären. Eine dahingehende Aufklärung ist seitens des behandelnden Ärzte nicht erfolgt. Vielmehr verharmlosten die Ärzte Ihrer Klinik die Risiken und möglichen Folgen im Zusammenhang mit einer solchen Hüft-TEP.
Wir bitten binnen 3 Wochen höflich um
Abgabe eines Verjährungsverzichtes
bis 31.12.2015
im Namen der Klinik und im Namen aller damals an der Behandlung beteiligten Ärzte, so dass wir anschließend zwecks weiterer Regulierungsverhandlungen die Schadenskausalität und die einzelnen Schadensposten darlegen können.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr RA Michael Graf
ANWALTGRAF, Freiburg