Michael Graf Patientenanwälte. Wir vertreten nur die Patientenseite! Spezialisten bei Arzthaftung, Medizinschaden und Personenversicherungsrecht.

Dieselskandal.

Graf Johannes Patientenanwälte Freiburg.

Wir kämpfen für die Rechte der Käufer.

Aufgrund der Verwendung einer (von der Volkswagen AG etc. vorsätzlich) manipulierten Software zur Motorsteuerung ist der Schadstoffausstoß des eingebauten Motors um ein Vielfaches höher als von Volkswagen zugesichert und angegeben, was einen schweren Sachmangel darstellt.

Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten sollten von einem Fachanwalt für Medizinrecht geprüft werden!

Dieselskandal auch in Freiburg, Karlsruhe und Offenburg.

Den Käufern stehen Rechte wie Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz zu.

Unsere Klageschrift im Dieselskandal

Landgericht Muster

Musterstraße 5

97070 Musterstadt

 

KLAGESCHRIFT

 

In Sachen

 

des Herrn Michael Mustermann,

-Kläger-

Prozessbev.: 

Michael Graf Rechtsanwälte, Heinrich-v.-Stephan-Str. 20, 79100 Freiburg

 

gegen

 

die Muster GmbH & Co. KG

- Beklagte-

 

wegen Forderung 

 

Streitwert: mind. 32.993,74 Euro

 

erhebt der Unterzeichner hiermit namens und im Auftrag des Klägers 

 

Klage

 

und kündigt für den Termin der mündlichen Verhandlung die Stellung folgender Anträge namens und im Auftrag des Klägers an:

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.993,74 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.07.2016 Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Pkw Marke VW, Modell Tiguan 2,0 l TDI, FIN: WVGG...., zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw Marke VW, Modell Tiguan 2,0 l TDI, FIN: WVGG...., seit dem 21.07.2016 im Annahmeverzug befindet.

 

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, welche diesem aus der (mit Kaufvertrag vom 21.05.2010 erfolgten) Übereignung, Zulassung und Nutzung des softwaremanipulierten Pkw Marke VW, Modell Tiguan 2,0 l TDI, FIN: WVGG.... entstanden sind und/oder noch entstehen werden.

 

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.256,24 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.07.2016 zu zahlen.

 

Im Falle der nicht rechtzeitigen Anzeige der Verteidigungsabsicht und/oder der nicht rechtzeitigen Klageerwiderung und/oder bei Nichterscheinen der Beklagten im Termin wird bereits jetzt der Erlass eines den Klageanträgen entsprechenden Versäumnisurteils unter den Voraussetzungen des § 331 Abs. 1 und 3 ZPO beantragt.

 

Begründung:

 

A. Sachverhalt

 

Der Kläger kaufte unter Beisein der Zeugin Frau Tanja Mustermann bei der Beklagten mit Kaufvertrag vom 21.05.2010 einen Pkw der Marke VW, Modell Tiguan 2,0 l TDI mit einem Motor des Typs EA 189 sowie mit Dieselpartikelfilter und 170 PS, zu einem Kaufpreis von 33.350,59 Euro zzgl. 760,01 Euro Überführungskosten. Die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) lautet WVGG...., vgl. Auftragsbestätigung in Anlage K0.

 

Wie der Beklagten (namentlich dem Autoverkäufer Hr. Torsten Nomuster) vom Kläger und der Zeugin Tanja Mustermann vor Vertragsschluss mitgeteilt wurde, kam es den Eheleuten Mustermann bei dem Kauf des Fahrzeugs aufgrund ihres überdurchschnittlich hohen Umweltbewusstseins (beide sind seit dem Jahr 2004 Vegetarier, setzen sich seither für Tier- und Umweltschutz ein) in hohem Maße darauf an, dass der Pkw möglichst umweltfreundlich und niedrig im Verbrauch ist; es erfolgte damals im Jahr 2010 die Nutzung in der Münchner Innenstadt, die Eheleute wohnten in der B.Str. 40, 80333 München, d.h. in der strengsten Umweltzone von München). Insbesondere deshalb entschied sich der Kläger dann für einen Pkw der Marke VW, Modell Tiguan 2,0 l TDI mit Dieselpartikelfilter (Der Dieselmotor hat aufgrund der höheren Verdichtung (Expansionsgrad) einen besseren Wirkungsgrad als ein Ottomotor. Durch die fehlende Drosselung entstehen beim Dieselmotor sehr geringe Ladungswechselverluste und daher insbesondere im Teillastbereich ein geringerer spezifischer Kraftstoffverbrauch. Im Vergleich zu einem Ottomotor ist der Ausstoß von Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid beim Dieselmotor geringer). Heute wohnt der immer noch sehr umweltbewußte Kläger im „grünen Umweltviertel“ von Freiburg, im V..

Beweis:

Vernehmung der Frau Tanja Mustermann als Zeugin

Parteivernehmung des Klägers

 

Mit Schreiben vom 12.01.2016 erhielt der Kläger von der Volkswagen AG die Nachricht, dass der verbaute Dieselmotor mangelbehaftet sei. Mit Schreiben vom 26.01.2016 wandte er sich an die Beklagtenpartei und bat um Abgabe eines Verjährungsverzichts (Anlage K1).

Mit Schreiben vom 12.02.2016 räumte die Beklagte den erheblichen Mangel ein, stellte diesen unstreitig und erkannte diesen an, und erklärte einen rückwirkenden und künftigen Verjährungsverzicht (Anlage K2).

 

Mit Schreiben vom „Februar 2016“ erhielt der Kläger von der Volkswagen AG die Nachricht, sein Pkw müsse zurückgerufen werden, da der verbaute Dieselmotor mangelhaft sei, da die Motorsoftware von der Volkswagen AG vorsätzlich manipuliert worden war. Der tatsächliche Stickoxid-Ausstoß des PKW war aufgrund einer von der Volkswagen AG bewusst zu diesem Zwecke verwendeten fehlerhaften Software um ein vielfaches höher als angegeben (Anlage K3).

 

Mit Schreiben vom 26.05.2016 forderte der Kläger die Beklagte zur Beseitigung des Mangels oder Lieferung eines mangelfreien VW Tiguan mit Fristsetzung bis zum 27.06.2016 auf (Anlage K4).

 

Ohne auf das Vorbringen des Klägers vom 26.05.2016 näher einzugehen, verschickte die Beklagte zum 02.06.2016 lediglich ihr „Standardschreiben“ für diese Fällen an ihn und forderte ihn auf, abzuwarten (ohne dabei einen genauen Nacherfüllungszeitpunkt zu nennen); faktisch verweigerte die Beklagte damit die fristgerechte Nacherfüllung (Anlage K5).

 

Es war dem Kläger jedoch nicht mehr zumutbar „bis ultimo“ abzuwarten, da er das mangelbehaftete Fahrzeug im Straßenverkehr nicht länger nutzen wollte und dies in seinem Wohnviertel auch nicht mehr durfte. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 29.06.2016 der Beklagten gegenüber, dass er aufgrund des fruchtlosen Verstreichens der Nacherfüllungsfrist nunmehr vom Kaufvertrag mit der Beklagten zurücktrete und forderte Rückgewähr des Kaufpreises sowie die Vereinbarung eines Rückgabe- / Abholungstermins für das Kfz bis jeweils zum 20.07.2016 (Anlage K6).

 

Die Beklagte kam der begründeten Forderung des Klägers nicht nach; vergeblich versuchte der Kläger anschließend eine außergerichtliche Rückabwicklung und Lösung mit der Beklagten zu finden. Eine außergerichtliche Regulierung mit der Beklagten verlief aber letztlich erfolglos, da diese die Rechtsanwaltskanzlei Cornea Franz Rechtsanwälte einschaltete und mit anwaltlichem Schreiben vom 25.11.2016 den Kläger auf den Klageweg verwiesen liess.

Beweis:

Vorlage der Anlagen K0-K6

Vernehmung der Frau Tanja Mustermann, b.b. als Zeugin

Parteivernehmung des Klägers

 

B. Rechtliche Würdigung

 

Dem Klägers steht aus dem o.g. Sachverhalt gem. §§ 346 Abs. 1, 434, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 2. Alt. BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des gegenständlichen Tiguan sowie ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB auf Ersatz der ihm entstehenden Schäden und außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu.

 

I. Rückgewähranspruch

Dem Klägers steht seit dem 28.06.2016 ein Rückgewähranspruch gem. § 346 BGB zu. Ein solcher Anspruch entsteht grundsätzlich zu dem Zeitpunkt, zu dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erstmalig gegeben sind. Das war vorliegend am 28.06.2016 der Fall.

Voraussetzung für das Rücktrittsrecht aus § 437 Nr. 2, 323 BGB ist lediglich, dass -wie hier- eine  fällige Nacherfüllung seitens des Verkäufers nach § 439 BGB trotz Fristsetzung gem. § 323 Abs. 1 BGB ausbleibt. (Eine Unerheblichkeit des Mangels nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB - die hier nicht vorliegt - hat die Beklagte als Verkäufer darzulegen und zu beweisen.)

 

1.

Ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über den streitgegenständlichen Pkw liegt vor. 

 

2.

Der streitgegenständliche Pkw war bei Übergabe und damit bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr.2, S.3 BGB behaftet. Aufgrund der Verwendung einer (von der Volkswagen AG vorsätzlich) manipulierten Software zur Motorsteuerung war der Schadstoffausstoß des eingebauten Dieselmotors um ein Vielfaches höher als von der Beklagten als Verkäuferin zugesichert und angegeben, was einen schweren Sachmangel darstellt, vgl. hierzu die aktuellen Urteile zum sog. „VW-Skandal“:

LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 - Az. 10 O 146/16,

LG München I, Urt. v. 14.04.2016 - Az. 23 O 23033/15;

LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 - Az. 4 O 3/16;

LG München II, Urt. v. 15.11.2016 - Az. 12 O 1482/16;

LG Potsdam, Urt. v. 04.01.2017 - Az. 6 O 211/16;

LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 - Az. 16 O 790/16; 

LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 - Az. 2 O 83/16; 

LG Regensburg, Urt. v. 04.01.2017 - Az. 7 O 967/16;

LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017 - Az. 3 O 139/16.

 

Denn bei einem Neuwagenkauf darf der Durchschnittskäufer 

„davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten (…) werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und (…) in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der NOx-Ausstoß reduziert wird“,

vgl. LG Aachen, aaO. m.w.N..

 

Zudem wies das streitgegenständliche Fahrzeug auch deshalb bei Gefahrübergang nicht die zu erwartenden Beschaffenheit auf, weil es ohne Software-Update die für eine Zulassung erforderlichen Grenzwerte des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) nicht einhalten konnte und folglich kraft Gesetzes gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis erloschen ist bzw. eine Betriebsuntersagung gem. § 5 FZV zu befürchten steht,

vgl. LG Aachen, aaO.;

LG München II, aaO.

 

3. 

Weiter setzte der Kläger der Beklagten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung. Die Nacherfüllungsmöglichkeit ist nicht als erneute Erfüllungsmöglichkeit des Schuldners zu sehen ist, sondern vielmehr als allerletzte Möglichkeit, die ausnahmsweise gewährt wird,

vgl. Prütting/Wegen/Weinrich-Stürner, § 323 Rn. 19ff.

 

Dementsprechend wurde in einem gleich gelagerten Fall eine Nacherfüllungsfrist von zwei Wochen zwar als zu knapp befunden, jedoch gleichwohl angeführt, die durch die Unwirksamkeit in Gang gesetzte angemessene Frist dürfe dennoch nicht mehr als sechs Wochen betragen, da hier die gesetzgeberische Intention zu beachten sei, nach der „das Kaufrecht sei - gerade für Verbraucher - auf eine zeitnahe Regulierung von Gewährleistungsansprüchen ausgerichtet,“ sei,

vgl. LG München I, aaO.,

Palandt-Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 308 Rn. 13.

 

Mit Schreiben vom 26.05.2016 forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, den Mangel zu beheben oder ein mangelfreies Fahrzeug bis zum 27.06.2016 zu liefern, setzte ihr also eine angemessene vierwöchige Frist. 

 

Hier ist insbesondere anzumerken, dass die angebliche Problematik einer langwierigen Mangelbehebung nicht (!) zulasten des Käufers gewertet werden darf. Vielmehr fällt es in die Risikosphäre des Schuldners (Verkäufers), einen Mangel aufgrund dessen Eigenart nicht fristgerecht beheben zu können. Anderenfalls würde das Gewährleistungsrecht in ungebührlichem Maße und entgegen der Intention des Gesetzgebers zulasten des Käufers eingeschränkt. Dies gilt in besonderem Maße für den VW-Skandal, da es den Käufern nicht zugemutet werden darf, nach Entdeckung des Mangels eine unbestimmte Zeit (viele Monate?, bis ultimo?) und im Ungewissen auf eine angebliche Mängelbeseitigung (die ohne Nachteile dauerhaft technisch überhaupt möglich ist?) warten zu müssen. Dies gilt umso mehr, als die Volkswagen AG hier vorsätzlich die Software manipulierte und die der Volkswagen AG zugehörigen Vertragshändler (“Partner“) mit falschen Angaben und Zusicherungen die „geschönten“ KFZs umsatzorientiert „an den Mann brachten“.

 

4. 

Die vom Kläger gesetzte 4-Wochen-Frist verstrich auch fruchtlos. Die einzige Reaktion der Beklagten bestand darin, dem Kläger das wohl für solche Fälle vorhandene „Standardschreiben zum Abgas-Skandal“ vom 02.06.16 zuzusenden, ohne weiter auf das Vorbringen bzw. Verlangen des Klägers einzugehen. Mithin beging die Beklagten mit Fristablauf mangels Nacherfüllung zum 02.06.16 eine Pflichtverletzung, welche den Klägers schließlich ab dem 28.06.2016 zum Rücktritt berechtigte.

 

5. 

Darüber hinaus war der Mangel auch nicht unerheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Ohnehin trägt für eine Unerheblichkeit die Beklagten (d.h. der Verkäufer) die Beweislast,

vgl. LG Potsdam, aaO.;

OLG Saarbrücken, NJW-RR 2015, S.48;

OLG München, Urt. v. 26.10.2011 - Az. 3 U 1853/11.

 

Gleichwohl weisen wir vorsorglich darauf hin, dass die Beklagten einen derartigen Vortrag und Beweis hier nicht zu erbringen vermag, da der Mangel - auch nach umfassender Abwägung der beiderseitigen Interessen - nicht unerheblich ist.

 

a.

Denn hier bestand aufgrund der Eigenart des Mangels und der unklaren, aber möglicherweise gravierenden Auswirkungen des Software-Updates (, welches die Beklagtenpartei zunächst in Aussicht gestellt und erst mit Schreiben vom Dezember 2016, also ein Jahr nach Einräumung des Mangels, als verfügbar bezeichnete, Anlage K7) auf Kraftstoffverbrauch, Motorleistung etc. bereits der nicht auszuräumende Verdacht eines nicht ganz unerheblichen Mangels, 

vgl. LG Potsdam, aaO., was  einer Unerheblichkeit bereits entgegensteht, 

vgl. BGH NJW 2011, S. 1664.

 

Daneben war der Mangel auch deshalb erheblich, weil die vom Hersteller Volkswagen AG („VW“) in Aussicht gestellte (vermeintliche) Mängelbeseitigung in Gestalt eines Software-Updates zum einen eines erheblichen Zeit- und Entwicklungsaufwandes bedurfte, weshalb hier von einer großen Schwierigkeit der Fehlerbehebung und damit keinesfalls von einem unerheblichen Mangel auszugehen ist. Zum anderen wird dies auch dadurch gestützt, dass VW zur Mängelbeseitigung dem KBA zunächst einen Maßnahmenplan vorlegen und später jedes konkrete Software-Update für die jeweiligen Automodelle einzeln genehmigen lassen musste,

vgl. LG Aachen, aaO.;

LG Potsdam, aaO..

 

Zudem begründet bereits allein die Tatsache, dass der Käufer zur Nachrüstung des Software-Updates gezwungen ist, da ansonsten die Betriebserlaubnis des betroffenen PKW erlischt (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO, § 5 FZV), eine Erheblichkeit des Mangels,

vgl. LG Krefeld, aaO.;

LG München II, aaO..

 

Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei der Interessenabwägung nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen, hier also auf den 29.06.2016,

vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2011 - Az. VIII ZR 139/09.

 

Zu diesem Zeitpunkt war aber noch in keiner Weise absehbar, ob und wann die Korrektur mittels Software-Update beim konkreten PKW des Klägers überhaupt möglich ist, und ob dies negative Auswirkungen auf „übrige Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung“  hat,

vgl. LG Aachen, aaO..

 

Im Übrigen ist auch heute noch davon auszugehen, dass das von VW angebotene Software-Update erhebliche negative Auswirkungen auf die Nutzung der Kaufsache hat. 

 

In dieser Hinsicht sind in der jüngeren Vergangenheit eine Vielzahl von überaus deutlichen Stellungnahmen in der Fachpresse erfolgt.

So stellte beispielsweise Wolfgang Eifler, Inhaber des Lehrstuhls für Verbrennungsmotoren in der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum in der Wirtschaftswoche online, fest:

„Alle Abgasnachbehandlungsmaßnahmen haben Auswirkungen auf die Motorleistung und damit die Fahrbereitschaft des Autos“, 

Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. teilte in einem Interview im Deutschlandfunk mit, dass die Nachbesserung wahrscheinlich dazu führen wird, dass VW die Fahrzeuge mit einer Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit und der Beschleunigung ausstatten müsste.

Laut eines Berichts in der Hannover Zeitung, die sich dabei auf das Verbrauchermagazin „Consumer Magazin“ beruft, haben außerdem erste wissenschaftliche und technische Tests in den USA die Befürchtung namhafter Autoexperten wie Prof. Dr. Ing. Eitler bestätigt, wonach sich die nachträgliche Korrektur der Abgaswerte negativ auf die Leistung und auch auf den Verbrauch des Motors auswirke. Nachdem der Stickoxid-Ausstoß bspw. eines VW Jetta den gewünschten Wert erreicht hatte, verbrauchte der Wagen nunmehr 5,1 Liter Diesel statt wie zuvor 4,7 Liter je 100 Kilometer, was einem Mehrverbrauch von fast 10 Prozent entspricht. Daneben waren deutliche Einbußen bei der Beschleunigung zu verzeichnen.

 

b.

Bei einem Unerheblichkeitseinwand der Beklagten i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB träte bei der Bewertung noch erschwerend hinzu, dass dem Geschehen außerdem eine arglistige Täuschung zu Grunde liegt, da der PKW vorsätzlich zum Zwecke des besseren Verkaufs manipuliert wurde und der Kläger vorsätzlich zum Zwecke der Abgabe einer Kauferklärung getäuscht wurde. Dabei genügt bereits ein bedingter Vorsatz, Absicht oder Schädigungsvorsatz ist nicht vonnöten. 

Diesbezüglich ist der Beklagten hier das Wissen der Volkswagen AG zuzurechnen, da sie sich als „VW-Partner“ (insbesondere zum Zwecke der Bewerbung und des Verkaufs von Kraftfahrzeugen der Marke VW) das Logo, die Darstellung und Haltung der Volkswagen AG zu eigen macht. Dafür spricht beispielsweise auch der Internetauftritt der Beklagten als 

„Spundler. Ihr Volkswagen Partner. Als Volkswagen Partner bieten wir Ihnen eine große Auswahl an Neuwagen und jungen Gebrauchten. Erwarten Sie Fachkenntnis, freundliche und umfassende Beratung, erstklassige und zuverlässige Serviceleistungen sowie Qualitätsarbeit aus unserer Werkstatt. Unsere Mitarbeiter haben einen engen Bezug zur Marke und stehen für unsere Haltung: Willkommen beim besten Team.“ 

(vgl. die Internetwerbung und sonstige Werbung der Beklagten als Anlage K8); vgl. bspw. Screenshot der Beklagtenwebsite:

Die Beklagte steht mithin nicht nur im Lager der Volkswagen AG, sondern sie „zieht“ sich bewusst das Logo und die Partnerschaft mit der Volkswagen AG „über“, um in Zusammenarbeit mit der Volkswagen AG möglichst umsatzorientiert die Fahrzeuge der Volkswagen AG zu verkaufen. Die Beklagte kann daher  nicht einerseits dem Klägers damals beim Verkauf die besonders geringen Schadstoffemissionen des Fahrzeuges als herausstechendes Verkaufsargument anpreisen, und  andererseits ihm heute entgegenhalten, dass die gezielte Manipulation der gemessenen Schadstoffwerte angeblich unerheblich wäre (§ 242 BGB), vgl. dazu insbes. S. 6 des Urteils des Landgericht München I, Az. 23 O 23033/15.

 

Zusätzlich ist folgendes Argument beachtlich: Wie bereits erwähnt, ist der Mangel im konkreten Fall gerade für den Kläger aufgrund seines gesteigerten Umweltbewusstseins vielmehr besonders erheblich. Denn er entschied sich insbesondere aufgrund der umweltfreundlichen Abgaswerte zum Kauf eines VW Tiguan. Aufgrund dessen, dass sich der Kläger der schädlichen Wirkungen von Stickoxid auf Ökosysteme und hier in besonderem Maße der Schädigung von Pflanzen, Überdüngung, Verlagerung von Böden sowie Gesundheitsrisiken bewusst ist und es der Beklagten auch bekannt war, dass es ihm beim Kauf des Fahrzeuges gerade auf solche Aspekte ankam, ist die Manipulation der Abgaswerte der eingebauten Dieselmotoren bezüglich des Stickoxid-Ausstoßes mittels einer Software als Mangel für den Klägers persönlich besonders erheblich.

 

Auch ist die arglistige Täuschung der Volkswagen AG (die der Beklagten zugerechnet wird) als besonders grobe Pflichtverletzung zu werten; jedenfalls aus den vorangegangenen Überlegungen ist nach einer umfassenden Interessenabwägung der Mangel für den Klägers besonders erheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.

 

Die Darlegung und der Beweis des Unerheblichkeitseinwandes wird der Beklagten daher nicht gelingen.

 

6. 

Mithin ist der Rückzahlungsanspruch begründet. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, da die Beklagte hier vollen Regress bei der (sogar deliktisch) verantwortlichen Volkswagen AG nehmen kann.

 

II. Anrechnung der Gebrauchsvorteile

Wie bereits dargestellt, ergibt sich aus dem vorliegenden Sachverhalt ein Rücktrittsrecht des Klägers. Dementsprechend sind gem. § 346 Abs. 1 a.E. BGB lediglich die bis zum Zeitpunkt des Rücktritts gezogenen Nutzungen zu berücksichtigen und der streitgegenständliche PKW ist Zug-um-Zug gegen Zahlung herauszugeben. Mithin sind vorliegend nur diejenigen Gebrauchsvorteile des Klägers, die ihm durch die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs bisher entstanden sind, zu berücksichtigen und auf den Rückerstattungsanspruch anzurechnen. Diese Vorteile sind nach § 287 ZPO zu schätzen.

Dabei ist angesichts der erfolgten Laufleistung des VW Tiguan von bisher aufgerundet 100.000,00 km bei allgemein bekannter grundsätzlicher Langlebigkeit eines Dieselmotors und einer dementsprechend zu erwartenden Laufleistung von 300.000,00 km ein Gebrauchsvorteil in Höhe von maximal 1/3 des Kaufpreises (vgl. LG München I, Urt. v. 14.04.2016 - Az. 23 O 23033/15) zu berücksichtigen.

Dementsprechend ist der Rückerstattungsanspruch in Höhe von 33.350,59 Euro  zzgl. 760,01 Euro um 11.116,86 Euro zu mindern.

 

III. Zinsanspruch

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Kläger hatte der Beklagten mit Schreiben vom 29.06.2016 (Anlage K6) eine  erfolglos verstrichene Zahlungsfrist bis zum 20.07.2016 gesetzt.

 

IV. Annahmeverzug

Da die Beklagte die vom Kläger angebotene Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw nicht angenommen hat, befindet sie sich gem. § 295 S. 1 BGB mit der Rücknahme des Kfz in Verzug seit dem 21.07.2016 (vgl. das Schreiben des Klägers vom 29.06.2016, Anlage K6, mit Fristsetzung bis zum 20.07.2016). Das Angebot, den Pkw für die Rückabwicklung zur Verfügung zu stellen, reichte vorliegend für die Begründung des Annahmeverzugs aus, weil es sich bei der Pflicht des Käufers, die Sache gem. § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren, um eine Holschuld des Verkäufers handelt. Ein tatsächliches Angebot gem. § 293 BGB war daher nicht erforderlich.

 

V. Feststellungsklage

Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet.

Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs, der noch nicht abschließend mit einer Leistungsklage geltend gemacht werden kann, ist zu bejahen, wenn - wie hier - der Anspruchsgegner seine Schadensersatzpflicht für materielle und/oder immaterielle Schadenspositionen in Abrede stellt und durch die Klageerhebung einer drohenden Verjährung entgegen gewirkt werden soll. Geht es dabei um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer bereits eingetretenen Rechtsgutverletzung, so setzt das Feststellungsinteresse lediglich die Möglichkeit eines Schadenseintritts voraus. Diese ist nur dann zu verneinen, wenn aus der Sicht der klagenden Partei bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen, vgl.

VersR 2015, 199ff.: Anmerkung und Entscheidungsgründe 

OLG München, Urt. v. 23.01.2014, Az. 1 U 2254/13,

BGH NJW 2001, 1431 mit Hinweis auf BGHZ 116, 60, 75.

 

Ein in solcher Weise zulässig gestellter Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlichrechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff in ein geschütztes Rechtsgut des Geschädigten gegeben ist, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann. Die Begründetheit des Feststellungsantrages ist darüber hinaus jedenfalls dann zu bejahen, wenn -wie hier- eine gewisse Wahrscheinlichkeit bzw. Möglichkeit des Schadenseintritts gegeben ist vgl.

VersR 2015, 199ff.: Anmerkung und Entscheidungsgründe 

OLG München, Urt. v. 23.01.2014, Az. 1 U 2254/13,

BGH VersR 1979, 1508, 1509; BGH NJW 1991, 2707, 2708.

 

1. 

Ein feststellungsfähiges, gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt vor. Denn die Beklagte hat hier schuldhaft die Nacherfüllung verweigert bzw. schuldhaft nicht fristgerecht nacherfüllt, so dass diese dem Kläger aus § 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist. Unabhängig davon ist ihr das Verschulden ihres „Partners“, der Volkswagen AG, zuzurechnen. 

 

2. 

Der Kläger hat auch ein hinreichendes rechtliches Interesse an der Feststellung. Denn hierfür genügt es, wenn einem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht, wobei bei Schadensersatzansprüche die Möglichkeit eines künftigen Schadenseintrittes sowie eine drohende Verjährung genügt,

vgl. Musielak, ZPO, 12. Auflage, § 256 Rn. 8ff..

 

Vorliegend sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit weitere Schäden des Klägers zu erwarten. Denn dem Kläger können hier noch erhebliche Schäden entstehen, deren Verlauf noch nicht absehbar ist, d.h. die sich noch in Entwicklung befinden. Der Kläger nutzt derzeit als Ersatz für das streitgegenständliche Fahrzeug - dessen Betriebserlaubnis, wie oben dargestellt, erloschen ist -  das Grüne Flotte Carsharing, vgl. http://www.gruene-flotte-carsharing.de, auch die diesbzgl. Kosten befinden sich noch in der Entwicklung. Daneben steht zu befürchten, dass in der Zukunft der Betrieb des streitgegenständlichen PKWs vom KBA gem. § 5 FZV untersagt wird. Dementsprechend würden weitere Kosten für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges, ein etwaiger merkantiler Minderwert des streitgegenständlichen Fahrzeuges sowie weitere Mietwagenkosten ins Gewicht fallen.

Außerdem droht die Verjährung der diesbezüglichen Schadensersatzansprüche, da die Beklagte lediglich bis zum 31.12.2017 auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, der streitgegenständliche PKW aber bereits im Jahr 2010 erworben wurde.

 

3. 

Schließlich ist auch keine Leistungsklage vorrangig. Insbesondere kann der künftige Schaden noch nicht abschließend beziffert werden, sondern befindet sich insgesamt noch in der Entwicklung.

 

4.

Es ist der diesbzgl. weitere Feststellungsschadenswert hier entsprechend § 3 ZPO anhand der vorliegenden „worst-case“-Situation zu bewerten, mithin sind alle oben genannten Umstände zu berücksichtigen und wirtschaftlich zu bewerten, so dass vorliegend der Schadenswert mit mind. weiteren 5.000,00 EUR streitwertmäßig anzusetzen ist.

 

VI. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

Ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, da der Kläger die hier tätigen anwaltlichen Sachbearbeiter mit der anwaltlichen außergerichtlichen Geltendmachung beauftragte und dem Kläger folglich in Höhe der Anwaltskosten ein Schaden entstanden ist. Anzusetzen ist dabei aufgrund „des Umfanges, der Komplexität und der rechtlichen Ungeklärtheit wesentlicher Einzelpunkte“ (§ 14 RVG) eine 2,0 Geschäftsgebühr nebst Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer,

vgl. LG München II, aaO., S. 16.

Die Kanzlei des Unterzeichners wendete mindestens 15 Arbeitsstunden für die Bearbeitung des außergerichtlichen Komplexes auf, auch, weil die Sach- und Rechtsprobleme des VW-Skandals noch neu und nicht geläufig sind, mussten sich die anwaltlichen Sachbearbeiter vertieft in die komplexe Materie einarbeiten.

Beweis:

- Vernehmung des Unterzeichners als Zeugen

 

Der Verzug ist am 21.07.2016 eingetreten. Mit Schreiben vom 29.06.2016 (Anlage K6) hatte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug der gezogenen Nutzungen sowie zur Abholung des Pkw bis spätestens 20.07.2016 aufgefordert.

 

VII. Keine Verjährung

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 05.07.2016 einen Verzicht der Einrede der Verjährung bezüglich aller bereits verjährten oder künftig verjährenden Ansprüche des Klägers aus dem vorgetragenen Sachverhalt bis zum 31.12.2017 abgegeben.

 

C. Streitwert

Unter Zugrundelegung des Kaufpreises von 33.350,59 Euro zzgl. 760,01 Euro Überführungskosten ergibt sich unter Abzug der gezogenen Gebrauchsvorteile, welche nach § 287 ZPO zu schätzen sind, angesichts der erfolgten Laufleistung des VW Tiguan des Klägers von 100.000 km bei einer aufgrund der allgemein bekannten grundsätzlichen Langlebigkeit von Dieselmotoren zu erwartenden Laufleistung von 300.000 km, hier ein Gebrauchsvorteil von maximal 1/3 des Kaufpreises. Damit sind gem. § 3 ZPO 

Klageantrag 1 mit dem Rückzahlungsbetrag von 22.993,74 Euro, 

Klageantrag 2 und 3 sind mit jeweils weiteren 5.000,00 Euro anzusetzen. 

Folglich ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 32.993,74 Euro.

 

D. Hinweise

Sollten aus Sicht des Gerichts noch ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Anträgen, Tatsachen, den Beweismitteln oder sachdienliche Anträge fehlen, so bitten wir -rein vorsorglich- um einen richterlichen Hinweis, insbesondere auch, wenn das Gericht die von uns unerheblich eingestuften Einwendungen der Gegenseite wider Erwarten für erheblich hält. Denn auch ggü. der anwaltlich vertretenen Partei ist immer nötig ein zumindest "knapper Hinweis auf den konkreten Mangel ohne nähere Begründung“, vgl. Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 139 ZPO, Rn. 12a. Vergleiche hierzu auch Bundesgerichtshof: Urteil vom 18.04.2013 – I ZR 66/12. "Wie für § 139 Abs. 1 ZPO gilt (…), dass bei anwaltlicher Vertretung die richterliche Hinweispflicht nicht entfällt. Die Hinweispflicht wird auch ausgelöst, wenn (...) die Partei ihn (Anm. des Unterzeichners: den Gesichtspunkt) aber (…) für unerheblich hält“, vgl. Stadler in Musielak, ZPO, 12. Aufl., § 139, Rn. 22.

 

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Rechtsschutzdeckung für «Dieselgate»-Klage gegen Volkswagen

 

Die Rechtsschutzversicherung muss Kostenschutz für eine Klage gegen Volkswagen geben.

 

Das OLG Düsseldorf weist aktuell darauf hin, dass Rechtsschutzdeckung für «Dieselgate»-Klage zu gewähren ist.

 

Leitsatz:

Aufgrund des Umstands, dass mehrere Landgerichte erstinstanzlich Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware bejaht haben und eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Klärung aussteht, bestehen nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Hinblick auf die Verpflichtung von Rechtsschutzversicherern zur Gewährung von Rechtsschutzdeckung für beabsichtigte derartige Klagen hinreichende Erfolgsaussichten.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017 - 4 U 87/17 (LG Düsseldorf), BeckRS 2017, 125981

 

Sachverhalt

Der Kläger begehrt von der Beklagten aus einer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Volkswagen AG sowie einen VW-Vertragshändler wegen des Erwerbs eines vom sogenannten «VW-Abgasskandal» betroffenen Neuwagens im Jahr 2011. Das Landgericht gab der Klage statt.

Daraufhin erteilte die Beklagte eine Deckungszusage für eine Interessenwahrnehmung gegenüber dem Händler und legte hinsichtlich der Verurteilung zum Deckungsschutz bezüglich des Herstellers VW Berufung ein. Das OLG wies durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO darauf hin, dass es der Berufung der Beklagten keine Erfolgsaussichten beimesse.

Rechtliche Wertung

Die Feststellungsklage sei zulässig. Von der Beklagten als einem großen und renommierten Versicherungsunternehmen könne erwartet werden, dass sie auf ein entsprechendes rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren Deckungsverpflichtungen nachkomme, ohne dass es eines weiteren, auf Leistung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.

Auch die Frage, ob hinreichende Erfolgsaussichten insofern bestünden, als der Kläger aus dem erworbenen PKW gezogene Nutzungen nicht streitwertmindernd in Abzug bringe, könne dahinstehen, weil die Beklagte sich hierauf in ihren Deckungsablehnungen nicht berufen habe. Der Rechtsschutzversicherer müsse in seiner Deckungsablehnung sämtliche Gründe  anführen, warum er keinen Rechtsschutz gewähren will.

Räume der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt die vom Versicherer ins Feld geführten Ablehnungsgründe aus, ohne dass ein Stichentscheid von der Sach- und Rechtslage erheblich abweiche, sei dieser Stichentscheid bindend und könne der Versicherer keine weiteren Ablehnungsgründe mehr nachschieben (OLG Hamm, Urteil vom 14.10.2011 - 20 U 92/10, r+s 2012, 117, Leitsätze in FD-VersR 2012, 327310).

Nichts anderes gelte, wenn der Versicherungsnehmer von dem Verfahren nach § 128 VVG absieht, direkt Deckungsklage erhebt und ohne den entsprechenden Einwand des Versicherers in Erster Instanz obsiegt. Aus dem Umstand, dass der Versicherer das Recht verliere, die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit abzulehnen, wenn er dies dem Versicherungsnehmer entgegen entsprechender Vorgaben in den ARB nicht unverzüglich schriftlich mitteilt, und sich dieses Recht auch dann nicht wirksam vorbehalten könne, wenn er die Leistung aus anderen Gründen ablehnt (BGH, Urteil vom 19.03.2003 – IV ZR 139/01, a.a.O.), folge, dass ein Nachschieben von Gründen, die eine fehlende Erfolgsaussicht darlegen sollen, nicht zulässig sei.

Auf Mutwilligkeit habe sich die Beklagte in der Deckungsablehnung nicht berufen und sei daher mit diesem Einwand ebenfalls ausgeschlossen.

Für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestehe eine hinreichende Erfolgsaussicht. Diese sei anhand der zur Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen zu prüfen. Dies bedeute, dass der Standpunkt des Versicherungsnehmers nach den von ihm aufgestellten Behauptungen und den ihm bekannten Einwendungen des Gegners zumindest vertretbar sein müsse (BGH, Urteil vom 19.03.2003 – IV ZR 139/01, r+s 2003, 363) und dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Erfolges bestehe, wobei aber keine Beurteilung der Beweischancen durch eine antizipierte Beweiswürdigung stattfinden dürfe (BGH a.a.O.). Vorliegend ergebe sich eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits daraus, dass mehrere (wenn auch nicht alle) Landgerichte derartige Ansprüche gegen VW bejaht hätten (s. Nachweise im Urteil). Eine obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Klärung sei noch nicht erfolgt.

Der Kläger verstoße mit einer Rechtsverfolgung gegen den Hersteller auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht. Es sei ihm nicht zuzumuten, trotz hinreichender Erfolgsaussicht mit rechtlichen Schritten gegen den Hersteller zuzuwarten.

 


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