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Forderungsübergang auf den Rechtsschutzversicherer, Quotenvorrecht und Aufrechnung des Rechtsanwalts

Michael Graf Patientenanwälte. Experten im Recht der Rechtsschutzversicherung.
Michael Graf Patientenanwälte. Experten im Recht der Rechtsschutzversicherung.

A. Problemaufriss

Die Verfasser untersuchen vorliegend die in der anwaltlichen Praxis vermehrt diskutierte Rechtsfrage, ob und wie der rechtsschutzversicherte Mandant bzw. sein Rechtsanwalt mit einem vom Rechtsschutzversicherer geleisteten Gerichtskostenvorschuss nach Beendigung des Kostenfestsetzungsverfahrens und Auskehr der überschüssigen Gerichtskosten durch die Staatskasse verfahren darf. Strittig ist insbesondere, wie in dieser Konstellation mit einem etwaigen Quotenvorrecht vonseiten des Rechtsanwalts umzugehen ist; dies wird in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich gesehen.

Der Rechtsanwalt, dem nach Abschluss des Verfahrens noch berechtigte Vergütungsansprüche gegenüber seinem Mandanten zustehen, wird geneigt sein, seine offenen Honorarforderungen aus einer nach Kostenfestsetzung erfolgten Gerichtskostenrückerstattung der Staatskasse zu befriedigen, indem er den Rückerstattungsbetrag (ganz oder teilweise) mittels Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung einbehält.

Aus Sicht des Rechtsanwalts erscheint dies legitim und praktikabel, da dadurch erstens sein Mandant von dessen Vergütungsverbindlichkeit und zweitens auch der Rechtsschutzversicherer von seiner bedingungsgemäßen Erstattungspflicht nach § 125 VVG i.V.m. § 1 ARB befreit wird, so dass die anwaltliche Aufrechnung – jedenfalls aus Sicht von Rechtsanwalt und Mandant – zu einer „Win-win-Situation“ führt. Henssler stellt hierzu (berufsrechtlich) fest, dass es üblich und zulässig sei, wenn der Anwalt fremde Gelder zurückbehält, weil er mit eigenen Honoraransprüchen oder mit der Forderung auf Erstattung verauslagter Gerichtskosten aufrechnet.1 Auch laut der Rechtsprechung des BGH ist ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht gehindert, seine Gebührenansprüche durch Aufrechnung mit Forderungen des Mandanten aus Fremdgeldern zu befriedigen.2

Einige Stimmen in Rechtsprechung und Literatur betrachten dieses Vorgehen jedoch immer dann als unzulässig, wenn ein Rechtsschutzversicherer im Mandatsverhältnis involviert ist und sich ein Dreiecksverhältnis3 bildet. Die Gegenstimmen fordern in diesem Fall – unter Hinweis auf § 86 Abs. 1 S. 1 VVG – die vorbehaltlose Rückzahlung des vollständigen Gerichtskostenanteils direkt an den Rechtsschutzversicherer, eine Aufrechnung sei unzulässig. Denn der Rechtsschutzversicherer habe aufgrund der entgegengenommenen Erstattungsbeiträge einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Rechtsanwalt, gegen den dieser nicht mit Gegenansprüchen (bspw. aus offener Vergütung) aufrechnen könne, weil es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen fehle.4

In der anwaltlichen Praxis häufen sich in letzter Zeit Fälle, in denen sich der Rechtsanwalt (auch) aufgrund dieser Konstellation mit einer direkten Zahlungsklage des Rechtsschutzversicherers konfrontiert sieht. Es stellt sich hier dann die gewichtige Frage, ob dem Rechtsschutzversicherer solche Zahlungsansprüche aus § 812 BGB und/oder §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG gegen den Rechtsanwalt tatsächlich zustehen oder aber diesen Ansprüchen insbesondere das Quotenvorrecht des Mandanten aus § 86 Abs. 1 S. 2 VVG und/oder die vom Rechtsanwalt erklärten Gegenrechte (Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung) rechtsvernichtend entgegenstehen.

B. Sachverhalt

Ein typischer Praxisfall zu diesem Problemkreis könnte wie folgt aussehen (die Datumsangaben sind aus Gründen der Verständlichkeit bewusst vereinfacht gehalten und berücksichtigen daher Feiertage u.Ä. nicht, auch die Angabe von Geldbeträgen erfolgt daher vereinfacht und grob gerundet):

Der rechtsschutzversicherte Mandant beauftragt am 1.1.2017 den Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner arzthaftungsrechtlichen Ansprüche gegen ein Klinikum bis einschließlich zur ersten Instanz. Am 15.1.2017 teilt der Mandant dem Rechtsanwalt die Daten seines Rechtsschutzversicherers mit. Die Rechtsschutzversicherung gewährt nach anwaltlicher Deckungsanfrage am 15.3.2017 Kostenschutz für das außergerichtliche Geschäft. Nachdem außergerichtliche Regulierungsversuche scheitern, beauftragt der Mandant den Rechtsanwalt am 1.12.2017 mit der Fortsetzung der Angelegenheit in erster Instanz. Die Rechtsschutzversicherung sagt nach anwaltlicher Anfrage am 15.12.2017 Kostenschutz für das Klageverfahren zu.

Der Rechtsanwalt reicht für den Mandanten am 1.1.2018 auftragsgemäß die Arzthaftungsklage ein und rechnet im Vorschusswege seine Vorschussgebührennach RVG (vorläufig nach § 9 RVG: 1,5-fache RVG-Geschäftsgebühr und 1,3-fache RVG-Verfahrensgebühr abzüglich Anrechnung) gegenüber der Rechtsschutzversicherung des Mandanten ab, welche von dieser erstattet werden. Am 1.2.2018 fordert das Gericht einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 9.000 €, welcher sodann nach Weiterleitung der Kostenrechnung durch den Rechtsanwalt an die Rechtsschutzversicherung des Mandanten durch diese direkt an die Gerichtskasse geleistet wird. Im weiteren Verlauf werden für medizinische Sachverständige noch weitere Gerichtskostenvorschüsse über 5.000 € vom Gericht angefordert und von der Rechtsschutzversicherung des Mandanten direkt an die Gerichtskasse erbracht. Am 30.6.2019 einigen sich die Parteien im Arzthaftungsrechtsstreit – nach Vorliegen der medizinischen Sachverständigengutachten – mittels schriftlichen Prozessvergleichs.

Am 15.7.2019 erstellt der Rechtsanwalt seine Abschlussrechnung in Höhe von 7.500 €, wobei er eine finale Bemessung der Tätigkeiten nach § 14 RVG vornimmt und nach §§ 8, 10 abrechnet (2,2-fache RVG-Geschäftsgebühr, 1,3-fache RVG-Verfahrensgebühr abzüglich Anrechnung, 1,2-fache RVG-Terminsgebühr und 1,0-fache RVGEinigungsgebühr). Der Rechtsanwalt übermittelt seine Schlussrechnung (wie üblich) an den Mandanten sowie an dessen Rechtsschutzversicherer mit der Bitte um Zahlung. Zugleich erhebt er in der Rechnung sein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Mandant und Rechtsschutzversicherer dergestalt, dass er die weitere geschuldete Anwaltsleistung bis zur Erfüllung der ihm gebührenden Anwaltsvergütung verweigert. Der Mandant zahlt hierauf nicht, da er von seiner Rechtsschutzversicherung die Erstattung der RVG-Vergütung erwartet; der Rechtsschutzversicherer prüft indessen und verzögert dadurch die Zahlung.

Am 15.9.2019 erlangt der Rechtsanwalt im Rahmen der Kostenfestsetzung durch die Gerichtskasse Kenntnis davon, dass eine Gerichtskostenrückerstattung über 6.500 € auf sein Anderkonto ausbezahlt wurde, da sowohl ein Teil der damals vom Rechtsschutzversicherer einbezahlten Gerichtsgebühren als auch ein Teil der einbezahlten Sachverständigenkosten bei Gericht intern nicht verbraucht worden sind. Der Rechtsanwalt bucht am 20.9.2019 den Gerichtskostenrückerstattungsbetrag auf sein Kanzleikonto um, verrechnet diesen Betrag mit seiner offenen Restvergütungsforderung i.H.v. 7.500 € und erklärt gegenüber dem Mandanten sowie dessen Rechtsschutzversicherer die Aufrechnung. Der Mandant bittet nun seine Rechtsschutzversicherung, den noch offenen Anwaltsvergütungsbetrag über 1.000 € an den Rechtsanwalt zu bezahlen. Diese erhebt jedoch am 15.10.2019 Einwendungen gegen die Höhe der Geschäftsgebühr sowie den Anfall der Terminsgebühr und verweigert die Bezahlung der Schlussrechnung. Zudem fordert die Rechtsschutzversicherung vom Rechtsanwalt nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG die volle Erstattung der nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschüsse über 6.500 €. Der Rechtsanwalt verweist auf seine erklärten Gegenrechte (Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung) sowie auf das Quotenvorrecht aus § 86 Abs. 1 S. 2 VVG und verweigert die Erstattung, zugleich übermittelt er eine Mahnung an Rechtsschutzversicherer und Mandant. Die Rechtsschutzversicherung überzieht den Rechtsanwalt sodann am 1.1.2020 mit einer Zahlungsklage über 6.500 € aus §§ 812, 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG.

 

C. Passivlegitimation: Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) vs. cessio legis (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG)

Bei der Begründetheit der Zahlungsklage des Rechtsschutzversicherers ist zunächst zu untersuchen, ob der Rechtsanwalt in solchen Konstellationen überhaupt passivlegitimiert ist, da alleiniger Versicherungsvertragspartner des Rechtsschutzversicherers der Mandant ist.

I. Dreiecksverhältnis

Der „Anwaltsvertrag“ hat eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i.S.v. § 675 BGB – die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit – zum Inhalt. Der Geschäftsbesorgung liegt regelmäßig ein Dienstvertrag (§§ 611, 675 BGB) zugrunde.5

Zwischen dem Rechtsanwalt und der Rechtsschutzversicherung des Mandanten besteht hingegen kein Vertragsverhältnis. Die Rechtsbeziehungen zur Rechtsschutzversicherung sind nämlich durch ein Dreiecksverhältnis dergestalt gekennzeichnet, dass der VN sich in einem Rechtsverhältnis sowohl zu seinem Rechtsschutzversicherer als auch zu seinem Rechtsanwalt befindet, jedoch grundsätzlich keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem Rechtsschutzversicherer und dem Rechtsanwalt bestehen.6

Begleicht also der Rechtsschutzversicherer die Kostenrechnung eines Dritten (bspw. Staatskasse oder Rechtsanwalt), handelt es sich rechtlich nicht um eine unmittelbare Leistung des Rechtsschutzversicherers an den Dritten, sondern vielmehr um eine sog. Leistung über das Dreieck im Folgenden Sinne: Zum einen erfüllt der Rechtsschutzversicherer seine Freistellungsverpflichtung aus dem Versicherungsvertrag hinsichtlich der Prozesskosten gegenüber dem VN, so dass es sich rechtlich gesehen um eine Leistung des Rechtsschutzversicherers an den VN handelt (Freistellung von einer Verbindlichkeit). Zum anderen erfüllt der Rechtsschutzversicherer stellvertretend für seinen VN den aus dem Prozessverhältnis bzw. aus dem Anwaltsvertrag gegenüber dem VN als Kl. bzw. Mandanten bestehenden Kostenanspruch eines Dritten (bspw. Staatskasse oder Rechtsanwalt), so dass es sich bei der Zuwendung des Rechtsschutzversicherers an den Dritten mithin um eine Leistung des VN an den Dritten handelt.7

Schneider weist zutreffend darauf hin, dass diese auf den ersten Blick zu einer etwas unnatürlichen Aufspaltung eines einheitlichen Zahlungsvorgangs führende rechtliche Betrachtung, wonach gedanklich zunächst der Rechtsschutzversicherer an den VN und erst eine gedankliche Sekunde später der VN an den Dritten leistet, gerade bei einer eventuell erforderlich werdenden Rückabwicklung von entscheidender Bedeutung sei.8

Denn da aufgrund des oben dargestellten Dreiecksverhältnisses zwei voneinander unabhängige Rechtsbeziehungen (nämlich Rechtsschutzversicherungsvertrag und Anwaltsvertrag) bestehen, können auch etwaige Rückzahlungsansprüche grds. lediglich in dem betroffenen Rechtsverhältnis geltend gemacht werden.9

II. Die Wirkung des Dreiecksverhältnisses und die Bereicherungsrechtslösung

Es ist in der Rechtsprechung zivilrechtlich und berufsrechtlich umstritten, ob bzw. inwieweit vom Rechtsschutzversicherer des Mandanten überhaupt Abrechnungsansprüche10 geltend gemacht werden können.11

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH,12 dass bei einer Dreieckskonstellation der bereicherungsrechtliche Ausgleich infolge eines Mangels in einem Leistungsverhältnis immer nur zwischen den am jeweiligen Leistungsverhältnis beteiligten Personen erfolgt. So vertreten auch das OLG Düsseldorf, das OLG Brandenburg und das AG Bremen die Auffassung, dass aufgrund des Dreiecksverhältnisses (mangels Rechtsverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Rechtsschutzversicherer) im Ergebnis keinerlei Rückzahlungsansprüche des Rechtsschutzversicherers gegenüber dem Rechtsanwalt bestehen dürfen, der Rechtsanwalt (aber auch sonstige Dritte wie die Staatskasse) somit im Verhältnis zum Rechtsschutzversicherer niemals passivlegitimiert sein könne.13

In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH sei ein durchgreifender Bereicherungsanspruch des Rechtsschutzversicherers (§ 812 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Schuldner (= Rechtsanwalt) zu verneinen, da der Bereicherungsausgleich hiernach innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen zu vollziehen sei.14 Denn es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertige, (a) dem Schuldner Einwendungen und Gegenrechte aus dem Rechtsverhältnis zum Mandanten (oder dem Mandanten solche aus seiner Rechtsbeziehung zu dem Rechtsschutzversicherer) abzuschneiden, (b) dem Schuldner das Insolvenzrisiko zu überbürden oder (c) sonst das Vertrauen des (ausschließlich in Verbindung zum Mandanten als durch Vertragsschluss gewähltem VN stehenden) Rechtsschutzversicherers zu schützen.15

Laut OLG Brandenburg16 hindern diese strengen Wirkungen des bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisses auch einen Direktanspruch des Rechtsschutzversicherers nach §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG (§ 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.), so dass es auf die Frage, ob überhaupt ein Forderungsübergang nach § 67 S. 1 Abs. 1 VVG a.F. i.V.m. § 17 Abs. 8 S. 1 ARB stattgefunden habe und ob dieser bereits bei Zahlung oder erst mit endgültigem Wegfall der Vorschusspflicht entstanden ist, gar nicht ankomme (sog. Bereicherungsrechtslösung).

Auch dem AG Bremen17 zufolge scheidet ein Zahlungsanspruch des Rechtsschutzversicherers gegen den Rechtsanwalt stets aus. Der Rechtsanwalt sei zu keiner Zeit passivlegitimiert, da die Rückzahlung unverbrauchter Gerichtskosten an den Rechtsanwalt diesen nicht zum Leistungsempfänger für die Zahlung mache. Vielmehr sei der Rechtsanwalt als Empfangsbote des von ihm vertretenen Mandanten einzustufen, der selbst nichts erlangen könne.18 Da der Rechtsanwalt somit lediglich als Zahlstelle zu qualifizieren sei, komme es rechtlich auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Rechtsanwalt im Verhältnis zum Mandanten berechtigt oder unberechtigt Verrechnungen mit Honorarforderungen vorgenommen habe. Die Abwicklung müsse jedenfalls innerhalb der Leistungsbahnen erfolgen. Dies bedeute – so das AG Bremen19 –, dass der Rechtsschutzversicherer die unverbrauchten Vorschüsse nur vom Mandanten (= seinem VN) verlangen könne. Der Mandant könne seinerseits gegenüber dem Rechtsschutzversicherer aufrechnen, sofern ihm noch Leistungen nach § 125 VVG gegen den Rechtsschutzversicherer zustehen.

Das AG Bremen20 wendet (ebenso wie das OLG Brandenburg21) diese Grundsätze sodann streng auf §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG an. Der Rechtsschutzversicherer dürfe sich wegen der bereicherungsrechtlichen Lösung nicht im Wege des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf § 667 BGB berufen. Im Sinne der strengen Wirkungen des bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisses habe der Rechtsanwalt bereits nichts durch Geschäftsbesorgung „erlangt“, weil er lediglich als Zahlstelle zu qualifizieren sei. Eine andere Betrachtungsweise würde laut AG Bremen22 dazu führen, dass die Rechtsfigur der Zahlstelle ihre Bedeutung verlöre und geradezu obsolet würde; auch würde das Dogma des deutschen Schuldrechts, dass die Rückabwicklung grundsätzlich innerhalb der Leistungsbahnen zu erfolgen habe, durch den angeblich stets zu bejahenden Direktdurchgriff entwertet; zudem sei zu berücksichtigen, dass der Rechtsanwalt die Entgegennahme unverbrauchter Gerichtskosten ausschließlich in seiner Funktion als Organ der Rechtspflege und als Prozessbevollmächtigter vollzog, nicht jedoch in der Annahme, den streitgegenständlichen Zahlbetrag an den Rechtsschutzversicherer weiterleiten zu müssen.

Freilich finden sich hierzu starke versicherungsrechtliche Gegenstimmen.23 Laut Harbauer24 übersähen die Verfechter der strengen Wirkungen des bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisses den gesetzlich gewollten Übergang des Rückzahlungsanspruchs vom VN auf den Rechtsschutzversicherer gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG (damals: § 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.). Die Gegenstimmen, zuletzt das LG Bremen25, treten direkt der Rechtsprechung zur bereicherungsrechtlichen Lösung entgegen26 und gehen dabei – ohne nähere Begründung – davon aus, dass der Rechtsanwalt (und nicht der Mandant) die Gerichtskostenrückerstattung seitens der Staatskasse erlangt habe und damit „sofort“ über § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ein Schuldverhältnis zwischen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt entstehe. Offen bleibt hierbei, wie die versicherungsrechtlichen Gegenstimmen die zeitliche Rechtsfolge („sofort“) verstehen. Denn zunächst einmal müsste freilich ein Herausgabeanspruch des Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt entstehen, bevor dieser auf den Rechtsschutzversicherer übergehen könnte. So bestätigt auch Schimikowski27, dass zunächst der VN (Mandant) Inhaber des Ersatzanspruchs sein muss, und auch Langheid28 weist darauf hin, dass der Anspruch des Mandanten vor dem Übergang in der Person des VN konkret bestanden haben muss.

Es gebietet sich insofern an dieser Stelle über den bereicherungsrechtlichen Tellerrand zu blicken und vertieft den versicherungsrechtlichen Übergang gem. §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG zu betrachten, insbesondere weil die vorliegende Anwendung der strengen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsregeln im Dreiecksverhältnis implizieren kann, dass der Rechtsanwalt als bloße Zahlstelle29 des Mandanten insoweit gerade kein Dritter (sog. „Nicht-Dritter“) i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG sein könnte.

D. Anspruch des Rechtsschutzversicherers entstanden aus §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG?

Zu untersuchen ist also, ob (erstens) der Direktanspruch des Rechtsschutzversicherers aus §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG entsteht und dabei strenge bereicherungsrechtliche Grundsätze durchbricht, und ob (zweites) das Quotenvorrecht des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG die gesetzliche Zession unmittelbar verhindern kann.

I. Gesetzliche Zession (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG)

Sobald dem VN (Mandanten) ein „Ersatzanspruch“ gegen einen Dritten (Rechtsanwalt) zusteht, geht dieser nach dem Wortlaut des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt (hat); dadurch soll eine über § 86 Abs. 1 S. 2 VVG hinausgehende Bereicherung des VN (Mandanten) verhindert werden.30

Aktuell hat hierzu der BGH31 festgestellt:

„Die Rechtsschutzversicherung ist eine Schadensversicherung, für die § 86 Abs. 1 S. 1 VVG gilt. Nach dieser Regelung geht ein dem VN gegen einen Dritten zustehender Ersatzanspruch auf den Versicherer über, soweit dieser den Schaden ersetzt (vgl. BGH v. 23.7.2019 – VI ZR 307/18, VersR 2019, 1378 = ZInsO 2019, 1939 Rz. 8 m.w.N.). Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang i.S.d. §§ 412 ff. BGB.“

1. Übergangsfähiger Ersatzanspruch

Ausgangspunkt ist also der „Ersatzanspruch“ des Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis sowie die Stellung des Rechtsschutzversicherers hierzu. Der Rechtsschutzversicherer beruft sich darauf, dass der Rechtsanwalt gem. §§ 667, 675 BGB aus dem Mandatsverhältnis zunächst verpflichtet sei, dem Mandanten alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dieser Anspruch solle auf den Rechtsschutzversicherer übergehen.32

a) Das Erlangte

Im Beispielsfall erlangt der Rechtsanwalt am 15.9.2019 mit der Auszahlung der nicht verbrauchten Gerichtskosten auf seinem Anderkonto offensichtlich einen Geldbetrag i.H.v. 6.500 €.

Soweit die Verfechter der strengen Wirkungen des Dreiecksverhältnisses mit ihrer bereicherungsrechtlichen Lösung darauf abstellen, dass allein der Mandant (und nicht der Rechtsanwalt) diese Zahlung erlange, so wird aus Sicht der Verfasser verkannt, dass dieser Geldbetrag im Beispielsfall auf dem Konto des Rechtsanwalts eingeht. Der Mandant muss folglich einen (vertraglichen oder gesetzlichen) Herausgabeanspruch gegen den Rechtsanwalt haben,33 denn ansonsten bräuchte der Rechtsanwalt das erlangte Geld (mangels Anspruchs) nicht an den Mandanten auszukehren.

b) Zeitpunkt

Aus Sicht der Verfasser steht dem Mandanten daher – frühestens34 mit Eingang des Geldes auf dem Bankkonto des Rechtsanwalts – ein Anspruch auf Auszahlung der nicht verbrauchten Gerichtskosten gegen den Rechtsanwalt gem. §§ 667, 675 BGB und aus § 812 BGB zu.

c) Die Ausnahme der Regel

Die Rechtsschutzversicherung bietet Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des Mandanten mit Rechtskosten. Sie ist daher eine echte Schadenversicherung i.S.d. §§ 74 ff. VVG. Demgemäß gilt auch für sie die versicherungsrechtliche cessio legis des § 86 Abs. 1 VVG,35 welche vom Sinn und Zweck her verhindern will, – und dies ist im weiteren Verlauf im Blick zu behalten – dass der Mandant durch Erstattungsleistungen Dritter (bspw. der Gerichtskasse) und die Versicherungsleistungen zusammen womöglich mehr erhält als es seinem versicherten Vermögensschaden entspricht.36

Übergangsfähig nach § 86 Abs. 1 VVG sind danach alle Kostenerstattungsansprüche des Mandanten, unabhängig davon, auf welchem Rechtsgrund sie beruhen.37 Damit geht auch der Anspruch des Mandanten gegenüber dem Rechtsanwalt auf Rückzahlung überzahlter Gerichtsgebühren und nicht verbrauchter Gerichtskostenvorschüsse auf den Rechtsschutzversicherer über.38

Durch diesen in § 86 Abs. 1 S. 1 VVG geregelten gesetzlichen Forderungsübergang gründet sich mithin aus Sicht der Verfasser tatsächlich eine entscheidende Ausnahme der oben dargelegten bereicherungsrechtlichen Lösung, welche daher zu einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt führt.

d) Gegenstimmen

Freilich gibt es hiergegen auch gut begründete kritische Stimmen,39 die vor allem auf die (aus Sicht der Verfasser in der Tat) fehlende Schutzbedürftigkeit des Rechtsschutzversicherers abstellen. Im Fall des AG Bremen40 würde die Zession zu dem Ergebnis führen, dass der Rechtsschutzversicherer entgegen § 125 VVG dem Mandanten weiterhin die Erstattung der (vom Mandanten) bereits an den Rechtsanwalt bezahlten RVG-Vergütung schuldig bleiben könne, und zugleich der Rechtsanwalt die erlangte Gerichtskostenrückzahlung an den Rechtsschutzversicherer auskehren müsse. Im Ergebnis bliebe der Mandant also auf seinen Rechtsverfolgungskosten sitzen, der Rechtsanwalt mutiert zum Doppelschuldner, und allein der Rechtsschutzversicherer (als Risikoversicherer) hingegen trüge keinerlei Schadensrisiko mehr.

e) Fazit

Die Bereicherungsrechtslösung möchte solche unschönen Ergebnisse vermeiden. Gleichwohl folgen die Verfasser aus rechtsdogmatischen Gründen mit BGH41 und Harbauer42 der versicherungsrechtlichen Gegenansicht, so dass aus ihrer Sicht auch der Rückerstattungsanspruch nicht verbrauchter Gerichtskosten als grds. übergangsfähig gilt, mithin im Beispielsfall der Auszahlungsanspruch gem. §§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG, 17 Abs. 9 S. 1 ARB 10 grds. auf den Rechtsschutzversicherer übergehen kann, sobald der Gerichtskostenrückerstattungsbetrag auf dem Konto des Rechtsanwalts eingeht.

2. Rechtsanwalt als „Nicht-Dritter“

§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG greift zugunsten des Rechtsschutzversicherers jedoch nur, wenn der Rechtsanwalt auch Dritter im Verhältnis des Mandanten ist. Auch diese Rechtsfrage ist nicht geklärt.43 Dritter i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ist nach einer in der Rechtsprechung verbreiteten Formel jeder, der nicht VN oder Versicherter ist.44 Diese Formel ist – so zutreffend Armbrüster45 – jedoch ungenau. Dritte sind nämlich nur solche Personen, die nicht aus demselben Versicherungsverhältnis mitbegünstigt sind, aus welchem der Regressanspruch des Versicherers herrührt.46 Entscheidend ist daher, ob und inwieweit das Interesse des Schuldners (Rechtsanwalt) neben dem des VN (Mandant) durch die Versicherung (mit)geschützt ist. Dies kommt gerade dann in Betracht, wenn der Schuldner lediglich der Repräsentant des VN ist;47 insoweit hat eine Auslegung des konkreten Vertragsverhältnisses (insbesondere anhand der ARB) zu erfolgen.48

Hier ist zunächst zu prüfen, ob der Rechtsanwalt der Repräsentant des Mandanten sein kann, was Armbrüster49 mit Unterstützung weiter Teile der Rechtsprechung und Literatur50 bejaht, auch hierzu gibt es freilich Gegenstimmen.51 Denn der Repräsentant des VN wäre stets52 bzw. jedenfalls dann Nicht-Dritter, wenn sein Interesse durch die Versicherung mitgeschützt ist.53 Gerade in der Rechtsschutzversicherung dient der Kostenschutz (§ 125 VVG) auch der Abdeckung der anwaltlichen Vergütung. Der Rechtsanwalt steht im Rechtsschutzversicherungsverhältnis insoweit im Verbund mit dem VN und wird durch die Obliegensheitsklauseln der gängigen ARB sogar fest dem VN zugeordnet. So wird der Rechtsanwalt laut Nr. 4.1.6 ARB 12 sogar ausdrücklich (als Repräsentant) mit dem VN verknüpft.54 Die Auslegung des Rechtsschutzvertragsverhältnisses anhand der ARB-Klauseln legt also erkennbar die Folgerung nahe, den Rechtsanwalt als Repräsentanten und Nicht-Dritten i.S.d. § 86 Abs. 1 VVG im Verhältnis zum rechtsschutzversicherten Mandanten und gegenüber dessen Rechtsschutzversicherer einzustufen.

Aktuell entschied das OLG Düsseldorf,55 dass der Rechtsanwalt des VN durchaus als sein Repräsentant in Bezug auf den Rechtsschutzversicherungsvertrag anzusehen sei, weswegen dem VN das Agieren des Rechtsanwalts zuzurechnen sei. Nach der Rechtsprechung des BGH habe der VN – so das OLG Düsseldorf – für das Verhalten seines Repräsentanten wie für eigenes Verhalten einzustehen.56 Der Grund der Haftungszurechnung liege darin, dass es dem VN nämlich nicht freistehen dürfe, den Versicherer dadurch schlechter und sich besser zu stellen, dass er einen Rechtsanwalt an seine Stelle hat treten lassen. Zwar könne ein Rechtsanwalt nicht per se immer als Repräsentant des Rechtsschutz-VN gegenüber dem Versicherer anzusehen sein, jedoch sei der Rechtsanwalt immer dann als Repräsentant anzusehen, wenn er mit der umfassenden Betreuung des Vertragsverhältnisses im Verhältnis zum Versicherer betraut werde. Laut OLG Düsseldorf sei der Rechtsanwalt immer dann Repräsentant des VN, wenn ihm in Bezug auf das Mandat die Verwaltung des Versicherungsvertrags überlassen wird.57 In der anwaltlichen Praxis dürfte in den weit überwiegenden Mandatsbeziehungen die mandatsbezogene Abwicklung und Verwaltung des Versicherungsvertrags vollständig dem Rechtsanwalt überlassen werden, so dass der Rechtsanwalt – wenn man OLG Düsseldorf folgen will – grundsätzlich (jedenfalls in den meisten Fällen) durchaus als Repräsentant und Nicht-Dritter anzusehen ist.58

Auch Lorenz59 sieht den Repräsentanten grds. als Nicht-Dritten, der Rechtsanwalt sei insofern „alter ego“ des Mandanten. Hierfür streiten (im Ergebnis) auch die Verfechter der Bereicherungsrechtslösung, weil diese explizit darauf abstellen, dass der Rechtsanwalt vollständig im Lager des Mandanten stehe und nur Empfangsbote bzw. Zahlstelle sei (s. oben).60

Herdter stellt dagegen im Ergebnis fest, dass der Rechtsschutzversicherer aus Forderungsübergang immer vollumfänglich gegen den Rechtsanwalt vorgehen könne, was impliziert, dass dieser Dritter sein müsse.61

Aus Sicht der Verfasser sprechen für beide Lager gute Gründe. Angesichts der gewichtigen Argumente der Bereicherungsrechtslösung und unter Auslegung der einschlägigen ARB, sind die Verfasser im Ergebnis jedoch der Auffassung, dass der Rechtsanwalt (jedenfalls in dieser Rückabwicklungs-/Zessionskonstellation) als Nicht-Dritter zu bewerten sein dürfte.

Diese strittige Rechtsfrage – bei der beide Ansichten gut vertretbar sind – ist höchstrichterlich freilich noch nicht geklärt.62

3. Fazit

a) Lösung 1

Wäre der Rechtsanwalt hier Nicht-Dritter i.S.v. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, so scheidet schon tatbestandlich ein Übergang der Ansprüche des Mandanten auf den Rechtsschutzversicherer aus, so dass mangels cessio legis eine Zahlungsklage des Rechtsschutzversicherers gegen den Rechtsanwalt unbegründet wäre, der Rechtsanwalt wäre schlichtweg nicht passivlegitimiert.

b) Lösung 2

Wenn man allerdings mit Herdter63 den Rechtsanwalt als Dritten qualifiziert, könnte im Beispielsfall der Anspruch des Mandanten gegenüber seinem Rechtsanwalt auf Auszahlung der nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschüsse i.H.v. 6.500 € (§§ 675 Abs. 1, 667 BGB) auf den Rechtsschutzversicherer übergehen, da dieser zuvor seine Freistellungsverpflichtung durch Einzahlung der Gerichtskosten seit Verfahrensbeginn erfüllt hatte64 und der Rechtsanwalt den Erstattungsbetrag nach Verfahrensabschluss am 15.9.2019 von der Staatskasse erhalten hat.

c) Übergangszeitpunkt bei Lösung 2

Der Erstattungsanspruch nach § 86 Abs. 1 VVG ginge im Beispielsfall indes gerade nicht „sofort“, sondern erst nach seiner Entstehung auf den Rechtsschutzversicherer über.65 Der Anspruch auf Auszahlung der Gerichtskostenrückerstattung entsteht aber – zumindest für eine „juristische Sekunde“ – zunächst beim Mandanten und geht somit (erst) am 15.9.2019, d.h. erst an dem Tag, an dem der Rechtsanwalt nach Abschluss der Kostenfestsetzung die Gerichtskostenrückerstattung über 6.500 € auf sein Anderkonto ausbezahlt bekommt, im Wege der Legalzession nach § 86 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Rechtsschutzversicherung über. Erst von diesem Zeitpunkt an kann mithin aus Sicht der Verfasser ein Anspruch des Rechtsschutzversicherers aus §§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG gegenüber dem Rechtsanwalt entstehen. Auch Heinrichs stellt fest, dass der Forderungsübergang sich in solchen Rückzahlungsfällen erst dann vollzieht, wenn am Ende des Verfahrens die Kostenfestsetzung abgeschlossen und ausgekehrt ist.66 Auf diesen Zeitpunkt des Forderungsübergangs wird es im weiteren Verlauf noch ankommen.67

II. Quotenvorrecht des Mandanten (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG)

Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Jedenfalls scheitert aus Sicht der Verfasser die gesetzliche Zession an den Rechtsschutzversicherer spätestens am Quotenvorrecht des 86 Abs. 1 S. 2 VVG, denn die Zession bezüglich der Herausgabeforderung wegen nicht verbrauchter Gerichtskosten kann und darf laut Gesetz nicht zum Nachteil des VN geltend gemacht werden.68

1. Bedeutung und Zweck des Quotenvorrechts

Während § 86 Abs. 1 S. 1 VVG den hinsichtlich seiner Auswirkungen dargestellten Forderungsübergang auf den Versicherer vorsieht, regelt § 86 Abs. 1 S. 2 VVG die Grundlage des sog. Quotenvorrechts des VN. Vereinfacht bedeutet dieses Quotenvorrecht, dass im Fall von Erstattungsansprüchen gegenüber Dritten zunächst der VN hinsichtlich der ihm persönlich entstandenen Kosten zu befriedigen ist, bevor der Rechtsschutzversicherer den Forderungsübergang geltend machen kann. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich bei den (dem VN entstandenen) Kosten und den Leistungen des Rechtsschutzversicherers um sog. kongruente (deckungsgleiche) Kosten bzw. Schäden handelt.69

2. Differenztheorie: Vollständige Befriedigung des Mandanten

Nach der höchstrichterlichen Differenztheorie, aus welcher sich das Quotenvorrecht des VN ableitet, steht dem VN ein echtes Quotenvorrecht dergestalt zu, dass er bis zu seiner vollständigen Befriedigung Gläubiger des Ersatzanspruches bleibt.70 Erst nach Befriedigung dieser Differenz kann der Versicherer seinerseits Befriedigung suchen.71

3. Anwendbarkeit auf den Rechtsschutzversicherer

Dieses Quotenvorrecht des VN gilt auch gegenüber der Rechtsschutzversicherung, denn sie ist eine von § 86 Abs. 1 S. 2 VVG vorausgesetzte echte Schadensversicherung.72

4. Keine Schutzbedürftigkeit des Rechtsschutzversicherers

Das Quotenvorrecht mag zwar zu Lasten des Rechtsschutzversicherers gehen, es ist jedoch höchstrichterlich bestätigt73 und gemäß herrschender Meinung74 uneingeschränkt gültig,75 es verhindert im Ergebnis unmittelbar den Anspruchsübergang auf den Rechtsschutzversicherer und damit insoweit auch schon die Passivlegitimation. Im Zuge der VVG-Reform hat der Gesetzgeber die Bedenken der Gegenstimmen ausdrücklich zur Kenntnis genommen, und dennoch ganz bewusst das Quotenvorrecht in § 86 Abs. 1 S. 2 VVG normiert. Insofern wurde hier offensichtlich bewusst in Kauf genommen, dass dieses Recht zu einer gewissen Bereicherung des VN führen (und damit gleichzeitig zu Lasten des nicht schutzbedürftigen Schadensversicherers gehen) kann.76

5. Kongruenz und Rechtsfolge: Nicht verbrauchte Gerichtskosten vs. Anwaltshonorar

Aus dem Quotenvorrecht des VN gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG folgt damit, dass zuerst der VN sich an kongruenten Kostenerstattungen wegen bei ihm verbliebener Schadenspositionen, welche der Rechtsschutzversicherer nicht erstattet (wie Selbstbeteiligung, Fahrtkosten, Abwesenheitsgeld, Kosten aufgrund Verzugs des Rechtsschutzversicherers, Rechtsverfolgungskosten etc.), bedienen darf, und erst danach (nur) der verbleibende Rest an den Rechtsschutzversicherer übergeht.77

Da die Rechtsschutzversicherung grundsätzlich gem. §§ 125 VVG, 1 ARB die Kosten der Rechtsverfolgung durch den VN abdeckt, ist davon auszugehen, dass sämtliche entstehenden Rechtsverfolgungskosten grds. kongruent sind. Hierunter fallen nicht nur bedingungsgemäß von der Rechtsschutzversicherung nicht erstattete Kostenposten (bspw. Selbstbeteiligung oder Kosten für weitere Anwälte), sondern auch alle entstandenen RVG-Gebühren, die schlichtweg aufgrund einer Zahlungsverweigerung seitens der Rechtsschutzversicherung beim Mandanten „hängen bleiben“. Denn ein Fall fehlender Kongruenz ist im Rahmen der Rechtsschutzversicherung noch nicht bekannt geworden; dementsprechend ist davon auszugehen, dass grundsätzlich sämtliche – vom VN im Rahmen des konkreten Versicherungsfalls zum Zwecke der Rechtsverfolgung aufgewendeten – Kosten zu den versicherten Leistungen des Rechtsschutzversicherers kongruent sind.78 Auch Dallwig79 bestätigt, dass die Kongruenz weit zu verstehen ist und hier auch Rechtsverfolgungskosten umfasst werden müssen, die (warum auch immer) nicht vom Rechtsschutzversicherer getragen wurden bzw. werden.

Daher können alle beim Mandanten offen gebliebenen Rechtsverfolgungskosten80 gerade auch mit (von der Staatskasse ausgekehrten) nicht verbrauchten Gerichtskosten81 verrechnet werden, bevor der Rest an den Rechtsschutzversicherer weitergeleitet wird.82

6. Gegenstimme: LG Bremen v. 6.3.2020

Das LG Bremen83 entschied in einem Sonderfall, dass – wenn ein Rechtsschutzversicherer nur eine eingeschränkte Deckungszusage84 erteilt – es dem VN nicht zustehe, die aus seiner Sicht zu Unrecht begrenzt erteilte Deckung durch eine Quotenvorrechtsentnahme zu unterlaufen, und zwar weil der VN bei einer (zu Unrecht) begrenzt erteilten Deckungszusage eine Klärung des Deckungsschutzes notfalls durch einen Deckungsprozess herbeiführen könne und müsse.

Zwar kennen die Verfasser die genauen Einzelheiten der Umstände der erfolgten Kostenschutzbegrenzung im Fall des LG Bremen nicht, denn aus dem Urteil ist lediglich ersichtlich, dass der Rechtsschutzversicherer einerseits Deckungsschutz für die Führung eines Klageverfahrens in erster Instanz erteilte, andererseits jedoch nicht für das vorherige außergerichtliche Geschäft. Im Verfahren des LG Bremen berief sich die Rechtsschutzversicherung nämlich insbesondere darauf, dass aus ihrer Sicht zu erkennen gewesen sei, dass eine außergerichtliche Geltendmachung im Darlehenswiderrufsstreit keinen Erfolg versprechen könne und das außergerichtliche Geschäft lediglich unnötige Mehrkosten für die Rechtsschutzversicherung verursachen würde, was als Einwand der Schadensminderungsobliegenheit i.S.d. § 82 VVG zu verstehen ist. Der Argumentation des LG Bremen kann nicht gefolgt werden. Freilich setzt das Quotenvorrecht aus § 86 Abs. 1 S. 1 VVG prinzipiell voraus, dass zwischen Mandant und Rechtsschutzversicherer ein Kostenschutzverhältnis besteht.

Das LG Bremen verkennt jedoch den (im Hinblick auf den durch die Norm bezweckten Schutz des VN) bestehenden weiten Anwendungsbereich des Quotenvorrechts nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG. Im Fall des LG Bremen ist unstreitig, dass der Rechtsschutzfall an sich unter Kostenschutz stand, da jedenfalls für die erste Instanz eine vollständige Deckungszusage erfolgte.

Mithin darf der Mandant (bzw. durch Aufrechnung sein Rechtsanwalt) sich auch in diesem Fall über das Quotenvorrecht an allen kongruenten Kostenerstattungen, welche der Rechtsschutzversicherer zuvor nicht erstattete, bedienen.85 Es ist für das Quotenvorrecht nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG unschädlich, wenn der Rechtsschutzversicherer (wohl aus Kostengründen) nur Teile des anwaltlichen Geschäfts erstatten will, wenn jedenfalls – wie hier – der Rechtsschutzfall an sich bedingungsgemäß vollständig unter Kostenschutz steht.

Zudem verkennen Rechtsschutzversicherer nicht selten, dass sie mit ihrem Erklärungsverhalten den Rechtsschutzfall meist ohnehin vollständig anerkennen, selbst wenn einzelne Abschnitte des Verfahrens in der Deckungszusage ausgeklammert werden sollen. Denn bittet der Mandant um Kostenschutz für „den Rechtsschutzfall“ insgesamt, so ist hierunter eine darauf folgende Kostenschutzzusage grundsätzlich als Kostendeckung bis einschließlich der ersten Instanz zu verstehen.86

Ferner ist die Weigerung des Rechtsschutzversicherers zur Erteilung des Kostenschutzes für das außergerichtliche Geschäft bei gleichzeitiger Deckung des gerichtlichen Geschäfts in der Regel versicherungsvertragswidrig, denn weder das Gesetz noch die ARB kennen eine Aufspaltung des Rechtsschutzfalls in einen „außergerichtlichen Rechtsschutzfall“ und einen „gerichtlichen Rechtsschutzfall“. Sowohl nach §§ 125 ff. VVG als auch nach den gängigen ARB ist ein Rechtsschutzfall insofern gänzlich versichert (oder eben nicht).87

Die Aufspaltung des Rechtsschutzfalls – wie im Fall des LG Bremen88 – in einen isolierten außergerichtlichen Rechtsschutzfall einerseits und einen isolierten gerichtlichen Rechtsschutzfall andererseits bspw. aufgrund der Schadensminderungsobliegenheit ist daher unzulässig. Mittlerweile geklärt sein dürfte, dass der VN keine Obliegenheitsverletzung begeht, wenn er dem Rechtsanwalt zunächst nur eine außergerichtliche Vollmacht erteilt und erst später, nach erfolgloser außergerichtlicher Tätigkeit des Rechtsanwalts, die Vollmacht zur Erhebung der Klage.89 Weder die älteren ARB noch die neueren ARB stehen einem solchen anwaltlichen Vorgehen wirksam entgegen. So verstieß bereits die ältere Schadensminderungsobliegenheit des § 17 Abs. 5 c cc ARB 08 gegen das Transparenzgebot,90 und auch ähnliche (spätere) ARB-Klauseln müssen kritisch gesehen werden, sofern sie vom gesetzlichen Leitbild des § 82 VVG abweichen.91 Denn die gesetzliche Grenze zur Schadensminderungspflicht (vgl. § 82 VVG) ist im Rechtsschutzversicherungsrecht erst dort zu ziehen, wo sich das Verhalten des VN mit dem einer vernünftigen unversicherten Partei, bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen, nicht mehr in Einklang bringen lässt.92 Das Führen des anwaltlichen außergerichtlichen Geschäfts gehört mithin typischerweise in den Kostenschutzpflichtenkatalog des Rechtsschutzversicherers, weil auch eine unversicherte Partei, „bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen“, grds. zunächst eine schnelle Lösung über den außergerichtlichen Weg anstreben wird, um ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren zu vermeiden;93 das LG Bremen94 hat diese entscheidende Erwägung offenbar nicht angestellt.

Gegen die Entscheidung des LG Bremen95 spricht zudem das Argument, dass auch die Selbstbeteiligung des Mandanten, die typischerweise gerade nicht dem gewährten Kostenschutz des Rechtsschutzversicherers unterfällt, als kongruenter Schaden vom Quotenvorrecht umfasst angesehen wird. Hieraus folgt, dass gerade auch solche Vermögensschäden des Mandanten, welche aus versicherungsvertraglichen Gründen nicht vom Kostenschutz des Rechtsschutzversicherers erfasst sind und daher beim VN „hängen bleiben“, dem Quotenvorrecht aus § 86 Abs. 1 S. 2 VVG unterliegen.96

Die Argumentation des LG Bremen, es läge doch am Mandanten, bei einer begrenzt erteilten Deckungszusage zunächst eine Klärung des Deckungsschutzes, notfalls durch einen Deckungsprozess herbeizuführen, um sein Quotenvorrecht bezüglich der streitigen Kostenpositionen zu erhalten bzw. zu schützen, geht fehl. Würde man dieser Argumentation folgen, so erhielte der Rechtsschutzversicherer einen „Freibrief“, mit dem er das Quotenvorrecht bzw. die Kongruenz bestimmter Kostenposten ganz einfach dadurch umgehen könne, indem er bedingungsgemäß vorgesehene Mandatsteile (bspw. das außergerichtliche Geschäft) oder bestimmte RVG-Gebühren bzw. Kosten schlichtweg (berechtigt oder unberechtigt) aus seiner Deckungszusage ausklammert und somit die Kongruenz der beim Mandanten verbliebenen Schäden und mithin das Quotenvorrecht selbst steuern und torpedieren könnte. Zudem kann und darf dem Mandanten hier nicht zugemutet werden, zunächst einen aufwendigen und teuren (vorschussbelastet ist der Mandant) Deckungsprozess gegen den Rechtsschutzversicherer zu führen, nur um sein Quotenvorrecht zu wahren. Das LG Bremen verkennt, dass das Quotenvorrecht gerade dem Schutz des Mandanten (VN) dient.97

7. Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrung des Quotenvorrechts

Das OLG Düsseldorf98 und das LG Bremen99 verkennen, dass gerade der Rechtsanwalt das Quotenvorrecht seines Mandanten zu beachten hat, er also keine für den Mandanten nachteiligen Zahlungen an den Rechtsschutzversicherer ausführen darf. Der Erstattungsanspruch des VN geht nämlich nur insoweit auf den Rechtsschutzversicherer über, als er zusammen mit der Leistung des Rechtsschutzversicherers den Kostenbetrag, der den VN insgesamt trifft, übersteigt, denn es kann und darf der Forderungsübergang keinesfalls zum Nachteil des VN geltend gemacht werden (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG; so auch § 67 Abs. 1 S. 2 VVG a.F.).

Nach Harbauer sowie dem AG Wetzlar zufolge, kann sich der VN auf das Quotenvorrecht gerade auch gegenüber einem Rückerstattungsanspruch nicht verbrauchter Gerichtskosten, der ihm gegen die Staatskasse zusteht, berufen.100

Wenn der Rechtsschutzversicherer den VN hinsichtlich bestimmter Gerichtskostenvorschüsse freigestellt hat, sind entsprechende Rückzahlungen nicht verbrauchter Gerichtskosten durch die Staatskasse per se als kongruente Leistungen anzusehen, welche grundsätzlich auf den Rechtsschutzversicherer übergehen. Aus der Kongruenz – welche bereits Voraussetzung des Forderungsübergangs nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ist – resultiert wiederum zwangsläufig auch die Anwendbarkeit des Quotenvorrechts des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG.101

K. Schneider 102 stellt zutreffend und mit guter Begründung fest, dass das Quotenvorrecht in der Rechtsschutzversicherung wirklich alle vom Mandanten aufgewendete Rechtsverfolgungskosten erfassen müsse, seien diese vom Kostenschutz des Rechtsschutzversicherers erfasst oder eben nicht. Insbesondere seien Rückzahlungen von Gerichtskostenvorschüssen stets vom Quotenvorrecht erfasst, weil diese Kosten ja gerade grds. nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergehen können und somit zwingend auch kongruent i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG sein müssen.

K. Schneider 103 postuliert zudem, dass

„der Forderungsübergang hinsichtlich der Erstattungszahlung der Gerichtskosten erst greift, wenn der VN die ihm persönlich entstandenen Kosten (...) aus dieser Zahlung vollständig ersetzt erhalten hat.“

Wegen des Quotenvorrechts – so empfiehlt K. Schneider dem Rechtsanwalt ausdrücklich – sollte beim rechtsschutzversicherten Mandat der Rechtsanwalt vor einer Weiterleitung eingegangener Erstattungen an den Rechtsschutzversicherer stets genauestens prüfen, ob dem Mandanten eigene gebührenrechtliche Kosten entstanden sind bzw. bei ihm noch offene Anwaltshonorarverbindlichkeitem bestehen. Ist dies der Fall, können (bzw. müssen) diese anwaltlich abgerechnet und mit der Erstattungszahlung verrechnet werden, so dass der VN als Mandant diese Kosten im Ergebnis persönlich nicht tragen muss.104

Auch Heinrichs verpflichtet den Rechtsanwalt dazu, zunächst alle quotenbevorrechtigten Positionen an seinen Mandanten zu erfüllen (wobei die Aufrechnung des Rechtsanwalts Erfüllungswirkung hat), bevor der Rechtsanwalt erhaltene Beträge an den Rechtsschutzversicherer auskehrt.105

Mithin ist der Rechtsanwalt nicht nur berechtigt, sondern aus dem Mandatsverhältnis sogar verpflichtet, zunächst das Quotenvorrecht des Mandanten zu wahren106 und damit dessen Vergütungsverbindlichkeiten mit dem Geld aus der Gerichtskostenrückzahlung zu tilgen. Unterlässt der Rechtsanwalt dagegen eine Geltendmachung des Quotenvorrechts bzw. eine Aufrechnung, so könnte er sich insofern sogar schadensersatzpflichtig machen.

8. Fazit

Durch das Quotenvorrecht wird die Zession nach § 86 Abs. 1 VVG und mithin die Aktivlegitimation des Rechtsschutzversicherers verhindert (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG). Spätestens hier scheitert mithin die Zahlungsklage des Rechtsschutzversicherers.

E. Anspruch des Rechtsschutzversicherers erloschen bzw. nicht durchsetzbar?

Es bleibt gleichwohl die Rechtsfrage offen, wie der Fall – unabhängig vom Quotenvorrecht – juristisch weiter zu bewerten wäre.

Würde man die Aktivlegitimation des Rechtsschutzversicherers bejahen und mithin den Übergang des Ersatzanspruchs auf den Rechtsschutzversicherer bestätigen, so bleibt zu prüfen, ob der Anspruch des Rechtsschutzversicherers gegen den Rechtsanwalt (§§ 667, 675 BGB i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG) durch die Gegenrechte des Rechtsanwalts (§§ 320, 273, 387 BGB) erloschen ist bzw. gehemmt wird.

Denn der Rechtsanwalt übermittelt im Beispielsfall am 15.7.2019 seine Schlussrechnung und erhebt in der Rechnung zugleich sein Zurückbehaltungsrecht gegenüber Mandant und Rechtsschutzversicherer. Später bucht der Rechtsanwalt am 20.9.2019 den von der Staatskasse erhaltenen Gerichtskostenrückzahlungsbetrag auf sein Kanzleikonto und verrechnet diesen im Wege der Aufrechnung mit seiner offenen Restvergütung.

I. Aufrechnung (§§ 387, 406, 412 BGB)

Wie oben bereits dargelegt, kann der Rechtsanwalt in Mandatsverhältnissen grds. zivil- und berufsrechtlich unproblematisch mit Vergütungsansprüchen (= Gegenforderung) gegen Gerichtskostenrückzahlungsansprüche des Mandanten (= Hauptforderung) über § 387 BGB aufrechnen.107 Üblicherweise behält der Anwalt immer dann fremde Gelder zurück, wenn er mit eigenen Honoraransprüchen oder mit der Forderung auf Erstattung verauslagter Gerichtskosten aufrechnet. Dies ist – die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nach § 8 RVG (zum Ende des Mandats) oder nach § 9 RVG (im Laufe des Mandats) vorausgesetzt – grundsätzlich zulässig.108

II. Zurückbehaltungsrecht (§§ 320, 273, 404, 412 BGB)

Zudem hat der Rechtsanwalt immer dann ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 320, 273 BGB), wenn – wie im Beispielsfall – der von ihm geforderte Vergütungsbetrag nicht bezahlt wird. Der Rechtsanwalt kann in diesem Fall grds. jegliche anwaltliche Tätigkeit (auch solche nach §§ 666 f. BGB) einstellen.109 Laut Schneider muss der Rechtsanwalt das Zurückbehaltungsrecht (bspw. in der Übermittlung seiner Rechnung) zwar zumindest ankündigen,110 nach Schulze und Grüneberg ist für die Wirkung des § 320 BGB jedoch nicht einmal eine Ankündigung oder Geltendmachung nötig.111 Insoweit ist das Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts eine starke Einrede, die auch im Prozess gegen den Rechtsanwalt über §§ 322, 274 BGB beachtliche Wirkungen entfalten kann und über § 404 BGB auch nach einer Zession dem Neugläubiger entgegengehalten werden kann, sobald sie jedenfalls im Prozess explizit vom Rechtsanwalt geltend gemacht wird.112

III. Schicksal der Gegenrechte nach der Zession

Da hier indes nunmehr über § 86 Abs. 1 S. 1 VVG der Rechtsschutzversicherer als Neugläubiger „auf den Plan tritt“ und ein Dreiecksverhältnis besteht, kann eine direkte Geltendmachung der anwaltlichen Gegenrechte (Aufrechnung und Zurückbehaltung), die ursprünglich nur gegen den Mandanten geltend zu machen gewesen wären, nicht ohne weiteres erfolgen.

In Fällen wie hier, in denen die Hauptforderung mittels cessio legis (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG) auf den Rechtsschutzversicherer übergeht, kann der Rechtsanwalt jedoch über §§ 412, 406, 404 BGB113 seine Gegenrechte auch dem Rechtsschutzversicherer entgegenhalten.114

IV. Die Aufrechnung und Zurückbehaltung des Rechtsanwalts über § 412 BGB

Wie bereits dargelegt, steht dem Rechtsanwalt über § 412 BGB zunächst eine allgemeine Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsbefugnis gegen den Neugläubiger zur Seite.115

1. Schutz des § 406 BGB

Nach § 406 BGB kann der Schuldner mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehenden Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen.

a) Grundsatz (Aufrechnungsrecht)

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 406 BGB ist der Rechtsanwalt nach der Zession gegenüber dem Rechtsschutzversicherer des Mandanten zur Aufrechnung berechtigt. Die auf den Rechtsschutzversicherer übergegangene Gerichtskostenrückzahlungsforderung erlischt gemeinsam mit der Vergütungsforderung gegenüber dem Mandanten, so dass insoweit der Mandant hierdurch von seiner Kostenschuld befreit wird.116

Im Beispielsfall erklärt der Rechtsanwalt die Aufrechnung im eigenen Namen dem Mandanten und der Rechtsschutzversicherung gegenüber.

Sollte der Rechtsanwalt wegen seiner noch offenen Vergütungsansprüche unter Anwendung der Bereicherungsrechtslösung lediglich eine fehlgeleitete Aufrechnung im Namen des Mandanten gegen den Rechtsschutzversicherer erklärt haben, so müsste eine Auslegung bzw. Umdeutung117 in eine eigene Aufrechnung des Rechtsanwalts erfolgen.118

 

Falls der Rechtsanwalt jedoch allein deswegen keine eigene Aufrechnung erklärt hat, weil bereits der Mandant ihm zuvor – wie im Fall des LG Bremen119 geschehen – alle offenen Vergütungsansprüche schon bezahlt hatte, so bleibt dem Rechtsanwalt – mangels Gegenforderung – freilich kein eigenes Aufrechnungsrecht mehr, welches er dem Rechtsschutzversicherer entgegenhalten könnte. In dieser Fallkonstellation bleiben dem Rechtsanwalt dann lediglich vier Einwände, und zwar (1) der bereicherungsrechtliche Einwand gegen die Anwendung der cessio legis, (2) der Einwand der fehlenden Dritteigenschaft i.S.d.§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG und zudem (3) der dann besonders starke Einwand des Quotenvorrechts, weil der Mandant dann bereits die offene Vergütung an den Rechtsanwalt vollständig bezahlt hat und der Mandant mithin nicht nur mit einer Kostenverbindlichkeit, sondern mit einem echten Kostenschaden i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG belastet ist; (4) schlussendlich verbleibt die Aufrechnung (im Namen des Mandanten) mit dessen Erstattungsansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis.

Im Beispielsfall jedoch stehen dem Rechtsanwalt noch offene RVG-Gebühren zu und es sind auch die sonstigen Voraussetzungen einer Aufrechnungslage eindeutig gegeben, denn als Geldschulden sind die geschuldeten Leistungen gleichartig.120 Hiernach würde mithin die Forderung der Rechtsschutzversicherung eigentlich erloschen sein.

b) Ausnahme (Aufrechnungssperre)

Früher galt für den Rechtsanwalt eine Aufrechnungssperre nur in besonderen oder krassen Fällen, bspw. bei einer durch schwerwiegende anwaltliche Vertragsverstöße erlangten Aufrechnungslage121 oder bei offensichtlicher Zweckgebundenheit der Gelder.122 Der Rechtsanwalt sei zudem gegenüber einem Kostenerstattungsanspruch des Rechtsschutzversicherers ausnahmsweise nicht berechtigt mit solchen Kostenerstattungsansprüchen aufzurechnen, die aus anderen Verfahren stammen.123

Folgt man der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf124 und des LG Bremen125 dürfte sich aber auch der redliche Rechtsanwalt auf den Schutz des § 406 BGB nicht mehr berufen, denn mit seiner generellen Kenntnis vom Bestehen einer Rechtsschutzversicherung habe der Rechtsanwalt auch per se Kenntnis vom Anspruchsübergang, so dass § 406 BGB zu keiner Zeit Anwendung finden könne.

Das OLG Düsseldorf126 und das LG Bremen127 verkennen hier jedoch den weiten Anwendungsbereich des § 406 BGB zum Schutze des Schuldners (Rechtsanwalts). Die Begründung des OLG Düsseldorf, dass (a) Voraussetzung nämlich eine fehlende Kenntnis des Rechtsanwalts von der Abtretung sei und (b) eine solche indes nie angenommen werden könne, da der Rechtsanwalt, der auch rechtsschutzversicherte Mandanten vertrete, stets anfängliche generelle Kenntnis vom gesetzlichen Forderungsübergang auf den Rechtsschutzversicherer habe und er demgemäß generell nicht schutzbedürftig sei, verfängt nicht.

Schulze stellt in solchen Konstellationen klar, dass § 406 BGB – unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Rechtsanwalt – ohnehin immer greife, wenn – wie vorliegend – die Gegenforderung (Anwaltsvergütung) vor der Hauptforderung (Gerichtskostenrückzahlung) entstanden ist.128 Ebenso stellt auch Grüneberg klar, dass die Aufrechnung immer dann möglich sei, wenn die Gegenforderung spätestens mit der Hauptforderung fällig wird.129 Laut Grüneberg ist ferner für die Wirksamkeit der anwaltlichen Aufrechnung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer allein die Betrachtung maßgeblich, ob sich aus der Rechtslage ohne die Zession bis zur Fälligkeit der Gerichtskostenrückzahlungsaufforderung eine „Aufrechnungslage“ für den Rechtsanwalt „entwickelt hätte“.130

Dies ist in solchen – wie den vorliegenden – Konstellationen stets zu bejahen, denn die jeweils zugehörigen anwaltlichen Gebühren entstehen grds. bereits anfänglich mit dem jeweiligen Mandatsauftrag, d.h. grundsätzlich weit vor der Zession durch die später erfolgte Rückzahlung der Gerichtskosten durch die Staatskasse an den Rechtsanwalt, welche in der Regel erst viele Wochen und Monate nach Beendigung des Kostenfestsetzungsverfahrens stattfindet. Für die Entstehung von Gebühren nach dem RVG ist nämlich allein das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant entscheidend; bspw. entsteht die Verfahrensgebühr bereits, wenn der Anwalt im Innenverhältnis vertraglich zur Vertretung verpflichtet und bevollmächtigt ist. Somit kommt es allein auf den Zeitpunkt des Mandatsauftrags und nicht darauf an, wann der Rechtsanwalt sich bei Gericht bestellt hat, bereits der Auftrag des Mandanten lässt die RVG-Gebühren entstehen.131

Selbst wenn man für das Entstehen der anwaltlichen Gegenforderung „streng“ erst auf den Zeitpunkt der Erstellung einer Rechnung nach § 9 RVG (Vorschussabrechnung) bzw. § 10 RVG (Schlussabrechnung) abstellen will, so erfolgt auch die Rechnungsstellung in der Regel zeitlich vor der späteren Gerichtskostenrückzahlung durch die Staatskasse; laut § 8 RVG wird die entstandene Vergütung bereits fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.

Im Beispielsfall ist eine Kenntnisaufrechnungssperre mithin nicht ersichtlich.132

Unabhängig von der Frage des konkreten Zeitpunkts der Fälligkeit der Gegenforderung ist hier mithin zu erkennen, dass das OLG Düsseldorf133 und das LG Bremen134 insoweit das Merkmal der Kenntnis „bei dem Erwerb“ der Forderung unvertretbar „streng“ auslegen und die Besonderheit der vorliegenden vertraglichen Verbindungen nicht berücksichtigen. Eine derart „enge“ Auslegung der Vorschrift des § 406 BGB ist daher mit deren Sinn und Zweck, nämlich dem Schutz des Schuldners (Rechtsanwalt) im Fall einer Abtretung bzw. eines Gläubigerwechsels, nicht vereinbar.

Denn auf der Hand liegt, dass sich hier der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts (§ 675 BGB i.V.m. §§ 1, 8, 10 RVG) sowie der Auszahlungsanspruch des Mandanten (bzw. des Rechtsschutzversicherers) bezüglich der Gerichtskostenrückerstattung (§§ 675, 667 BGB) aufrechenbar gegenüberstehen. Nach § 406 BGB kann der Rechtsanwalt eine ihm gegenüber dem Mandanten zustehende Forderung der Rechtsschutzversicherung gegenüber nur ausnahmsweise (sic) dann nicht aufrechnen, wenn er „bei dem Erwerb“ der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte. Fraglich und maßgeblich ist somit allein, wann hier der „Erwerb“ der anwaltlichen Vergütungsansprüche i.S.d. § 406 BGB anzusiedeln ist.135 Nach h.M. ist dies bei Honorarforderungen aus einem Anwaltsvertrag – wie bereits dargelegt – schon der Zeitpunkt des Vertragsschlusses136 bzw. der Zeitpunkt des Auftrags.137 Es genügt für § 406 BGB zudem, dass lediglich die rechtliche Grundlage des Vergütungsanspruchs vorliegt, nicht einmal Unbedingtheit und Gleichartigkeit müssen vorliegen.138

Im Beispielsfall erlangte der Rechtsanwalt i.S.d. § 406 BGB daher bereits am 1.1.2017 (jedenfalls am 1.12.2017) seine Vergütungsansprüche, da der Mandant ihm bereits hier den Auftrag zur Durchsetzung der Arzthaftungsansprüche bis einschließlich der ersten Instanz erteilte. Die Kenntnis von der Zession bezüglich der nicht verbrauchten Gerichtskosten erhielt der Rechtsanwalt hingegen erst am 15.9.2019, da er erst hier erfuhr, dass überhaupt unverbrauchte Gerichtskosten auf sein Anderkonto eingehen würden, womit er zuvor gerade nicht per se rechnen muss. Auf eine andere frühere willkürlich unterstellte „fiktive“ Kenntnis des Rechtsanwalts kann und darf hier nicht abgestellt werden, da nach § 406 ZPO die Kenntnis der konkreten Zession entscheidend ist. Es weiß der Rechtsanwalt erst nach Zahlungseingang der konkreten Gerichtskostenrückzahlung, ob (und wieviel) Gerichtskostenvorschüsse nach Beendigung des Rechtsstreits von der Staatskasse zurückerstattet werden, denn er kann vorher nicht wissen, in welcher Höhe bspw. Beweiskosten bei Gericht angefallen gewesen sind und ob und inwieweit die einbezahlten Gerichtskostenvorschüsse hierfür ausreichend gewesen sind. Nicht selten kommt es in der gerichtlichen Praxis vor, dass sich die Gerichtskostenvorschüsse verbrauchen, dann erhält der Rechtsanwalt nach Verfahrensende freilich keine unverbrauchten Gerichtskosten auf sein Konto einbezahlt, dies wird ihm denklogisch erst am Ende des Verfahrens bekannt.

Der Mandant erhielt (nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG) erst am 15.9.2019 mit dem Eingang der nicht verbrauchten Gerichtskosten auf das Anwaltsanderkonto seinen Zahlungsanspruch nach §§ 667, 675 BGB, der erst dann kraft Gesetzes auf die Rechtsschutzversicherung überging. Frühestens jetzt fand mithin eine Zession statt, von der der Rechtsanwalt Kenntnis erlangen konnte.

Da durch die erfolgte und berechtigte Aufrechnung mit Vergütungsansprüchen des Rechtsanwalts zugleich die Vergütungsverbindlichkeiten des Mandanten getilgt werden und auch der Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Gerichtskosten getilgt wird, ist somit für den Kenntniseinwand des § 406 BGB ohnehin kein Raum.139 Selbst wenn man die Kenntnis des Rechtsanwalts von der Zession – so wohl das OLG Düsseldorf140 und das LG Bremen141 – zeitlich vorverlagern will, so ist zu sehen, dass der Rechtsanwalt erst am 15.12.2017 Kenntnis davon hatte, dass der Rechtsschutzversicherer hier für die erste Instanz eintrittspflichtig ist und insoweit Kostenschutz erklärt. Vor dem 15.12.2017 war bereits bedingungsgemäß für die Zession nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG und § 17 Abs. 9 S. 1 ARB 10 kein Raum. Damit greift vorliegend schon tatbestandlich keine Aufrechnungssperre nach § 406 Halbs. 2 BGB.

c) Besonderheiten des Mandatsverhältnisses und § 406 BGB

Zudem müssen für § 406 BGB die Besonderheiten des Mandatsverhältnisses sowie des Dreiecksverhältnisses zwischen Rechtsanwalt, Mandant und Rechtsschutzversicherer gesehen werden. Der Rechtsanwalt hat gerade keine Treuepflichten gegenüber der Rechtsschutzversicherung inne; mithin steht dem Rechtsschutzversicherer der „strenge“ Schutz über (die grds. den Rechtsanwalt als Schuldner schützende Vorschrift des) § 406 Halbs. 2 BGB nicht zu, vor allem wenn – wie im Beispielsfall – der Rechtsschutzversicherer selbst hier nach § 125 VVG die bedingungsgemäße Zahlung bzw. Erstattung der Gegenforderung (anwaltliche Vergütung) schuldet. Schneider142 stellt zutreffend fest, dass, soweit im anwaltlichen Mandatsverhältnis ein vertraglicher (§ 17 Abs. 9 ARB 10) und/oder ein gesetzlicher (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG) Forderungsübergang auf den Rechtsschutzversicherer stattfindet, zugunsten des Rechtsanwalts grds. die Bestimmung des § 406 BGB (i.V.m. § 412 BGB) wirke, die dem Rechtsanwalt die generelle Befugnis einräumt, mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger (Mandant) zustehenden Forderung gegenüber dem neuen Gläubiger (Rechtsschutzversicherer) aufzurechnen. Diese Aufrechnungsmöglichkeit setze laut Schneider lediglich voraus, dass die Möglichkeit der Aufrechnung schon mit dem Übergang der Forderung (hier: Herausgabeforderung wegen der später erfolgten Zahlung der Gerichtskasse von unverbrauchten Gerichtskosten) gegeben war. Liege diese Voraussetzung (Aufrechnungslage) vor und sind die in § 406 Halbs. 2 BGB genannten Aufrechnungsausschlüsse nicht gegeben, so könne laut Schneider stets143 aufgerechnet werden.

Es muss bei § 406 BGB also das besondere Mandatsverhältnis gesehen werden, welches Grundlage des „Dreiecksverhältnisses zwischen Rechtsanwalt – Mandant – Rechtsschutzversicherer“ ist. Laut herrschender Meinung steht hier dann nicht einmal die Kenntnis von der Zession im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einer Aufrechnung entgegen, wenn die übergegangene Forderung und die Gegenforderung auf demselben Vertragsverhältnis beruhen.144 Sowohl der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts (§ 675 BGB i.V.m. §§ 1, 8, 10 RVG) als auch der Zahlungsanspruch des Mandanten auf Rückgewähr der Gerichtskostenrückerstattung (§§ 675, 667 BGB) beruhen nämlich auf demselben Schuldverhältnis, dem Mandatsvertrag. Auch der BGH betont, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Zessionar (Rechtsschutzversicherer) mit einer Gegenforderung aus dem Mandatsverhältnis, auf welchem die übergegangene Gerichtskostenauszahlungsforderung beruht, immer aufrechnen könne, selbst wenn er den späteren und etwaigen Übergang der Auszahlungsforderung aus dem Mandatsvertrag bereits bei dessen Abschluss erkennen bzw. vermuten konnte.145 Auch insoweit ist daher die „Aufrechnungssperre-Rechtsprechung“ des OLG Düsseldorf146 und des LG Bremen147 aus Sicht der Verfasser nicht haltbar.

2. Schutzgedanke des § 404 BGB

§ 406 BGB betrifft – in Abgrenzung zu § 404 BGB – die Aufrechnung des Rechtsanwalts, die nach der Zession gegenüber der Rechtsschutzversicherung erklärt wird.

Gemäß § 404 BGB (i.V.m. § 412 BGB) kann der Rechtsanwalt (nach der Zession) dem Rechtsschutzversicherer auch alle Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Forderungszession gegen den Mandanten begründet waren.148 Von § 404 BGB wird nicht nur das dem Rechtsanwalt zustehende Zurückbehaltungsrecht (§§ 320, 273 BGB) erfasst, sondern er kann hierüber ebenso eine dem Mandanten erklärte Aufrechnung dem Rechtsschutzversicherer entgegenhalten.149

Solche Einwendungen und Einreden des Rechtsanwalts müssen zwar bereits im Zeitpunkt der Zession begründet sein. Es genügt jedoch auch bei § 404 BGB, dass im Zeitpunkt der Zession lediglich ihr Rechtsgrund bereits in dem Schuldverhältnis (Mandatsverhältnis) angelegt war; nicht erforderlich ist, dass bereits alle Tatbestandsvoraussetzungen vorlagen.150

Hiernach ist im Beispielsfall das mit der anwaltlichen Abrechnung entstandene Zurückbehaltungsrecht unproblematisch dem Rechtsschutzversicherer entgegenzuhalten. Es wäre nach § 404 BGB sogar unschädlich, wenn der Rechtsanwalt erst nach Erhalt der Gerichtskostenrückerstattung seine Aufrechnung gegenüber dem Mandanten erklärte, da seine Vergütungsgegenforderung hier bereits existierte und im Zeitpunkt der Zession der Rechtsgrund der Aufrechnungslage im Mandatsverhältnis bereits angelegt gewesen ist.151 Daher ist festzustellen, dass sowohl das gegen den Mandanten erklärte Zurückbehaltungsrecht als auch die gegen den Mandanten erfolgte Aufrechnung des Rechtsanwalts vom 20.9.2019 über § 404 BGB (neben § 406 BGB) gegenüber der Rechtsschutzversicherung durchschlagen.

3. Wirkung des § 242 BGB

Eine strenge Handhabung der §§ 404, 406 BGB zu Lasten des Rechtsanwalts ist im Beispielsfall daher nicht geboten. Der Kenntniseinwand des OLG Düsseldorf152 und des LG Bremen153 nach § 406 BGB dürfte hier jedenfalls (spätestens) an § 242 BGB scheitern.

a) Schutz des Rechtsanwalts

Es ist zu konstatieren, dass die Schuldnerrechte in §§ 404, 406 BGB gerade den Schutz des Schuldners (Rechtsanwalt) bezwecken, der durch die Zession, auf welche er keinen Einfluss hat, nicht schlechter gestellt und nicht benachteiligt werden soll.154 Ohne die Zession an die Rechtsschutzversicherung könnte der Rechtsanwalt ungehindert seine Vergütungsansprüche gegen den Anspruch des Mandanten auf Auszahlung der Gerichtskostenrückerstattung aufrechnen.155 Denn wie bereits ausgeführt, behält der Rechtsanwalt zulässig fremde Gelder dann zurück, wenn er mit eigenen Honoraransprüchen oder mit der Forderung auf Erstattung verauslagter Gerichtskosten aufrechnet. Es ist gerade die Intention der den Schuldnerschutz bezweckenden Vorschriften der §§ 404, 406, 242 BGB, dass der kraft Gesetzes eintretende Rechtsübergang an die Rechtsschutzversicherung nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG an diesem Ergebnis nichts ändern darf. Allein das Vorhandensein eines Rechtsschutzversicherers (der überdies sog. Schadens- und Risikoversicherer und nicht einmal Teil des Mandatsverhältnisses ist) darf nicht dazu führen, dass dem Rechtsanwalt über §§ 86 Abs. 1 VVG, 406 BGB ein erhöhtes Vergütungsrealisierungsrisiko aufgebürdet wird. Denn wie bereits dargestellt, könnte der Rechtsanwalt ohne die Zession ungehindert seine Vergütungsansprüche gegen die Gerichtskostenrückerstattung aufrechnen, er wäre insoweit sicher. Eine Aufrechnungssperre würde den Rechtsanwalt folglich unbillig schlechter stellen, etwa wenn der rechtsschutzversicherte Mandant nicht solvent genug ist, um die noch offenen Gebührenansprüche aus der Schlussrechnung zu befriedigen.156

b) Pflichten des Rechtsanwalts

Insoweit ist zu ersehen, dass der Rechtsanwalt nicht nur berechtigt ist, seine Vergütungsansprüche mit den Gerichtskostenrückzahlungsansprüchen des Rechtsschutzversicherers zu verrechnen, sondern er aus dem Mandatsvertrag sogar dazu verpflichtet ist, insbesondere um zunächst das Quotenvorrecht seines Mandanten zu wahren und damit dessen Kostenschaden in Form der Vergütungsverbindlichkeit zu tilgen. Der allgemeine Grundsatz, dass der Rechtsanwalt bei Erfüllung seiner Pflichten den sichersten Weg zu gehen habe, findet sich in unzähligen Haftpflichturteilen und wird praktisch auf alle Pflichten angewendet.157 Mit der Pflicht zur Wahl des sichersten Weges eng zusammen hängt die Pflicht zur Schadensverhütung, aus der folgt, dass der Rechtsanwalt den Mandanten vor jeglichem (finanziellen) Schaden zu bewahren158 und mithin zwingend das Quotenvorrecht zu beachten hat. Es dürfte in diesem Zusammenhang klar sein, dass der Rechtsanwalt primär den Interessen seines Mandanten (und nicht den des Rechtsschutzversicherers) verpflichtet ist.

4. Berufsrechtliches Aufrechnungsverbot (§ 242 BGB i.V.m. §§ 43a BRAO, 4 Abs. 3 BORA)

Zu untersuchen ist nunmehr, ob die grds. nach §§ 404, 406 BGB zulässige Aufrechnung womöglich an einem berufsrechtlichen Aufrechnungsverbot scheitern könnte. Hier kommt das Aufrechnungsverbot aus § 4 Abs. 3 BORA in Betracht. Die in § 43a BRAO verankerten berufsrechtlichen Grundpflichten sind von elementarer Bedeutung für den Anwaltsberuf. § 4 BORA konkretisiert die gesetzliche Pflicht aus § 43a Abs. 5 BRAO, die dem Rechtsanwalt besondere Sorgfaltspflichten bei der Behandlung nur der „anvertrauten“ Gelder auferlegt.159

a) Zivilrechtliches Durchschlagen eines berufsrechtlichen Aufrechnungsverbots

Zunächst ist festzustellen, dass das berufsrechtliche Aufrechnungsverbot aus § 4 Abs. 3 BORA auch zivilrechtlich Wirkung entfaltet, also das Vorliegen eines berufsrechtlichen Aufrechnungsverbots zugleich eine zivilrechtliche Aufrechnungssperre zur Folge hat.160 Wobei die aktuellen Einschränkungen des BGH161 zu sehen sind, mithin anwaltliches Berufsrecht kein Schutzrecht zugunsten des Rechtsschutzversicherers ist.

b) Berufsrechtliche Schranken der Aufrechnungsbefugnis des Rechtsanwalts

Dem Rechtsanwalt steht – wie bereits dargelegt – grundsätzlich eine allgemeine (auch berufsrechtliche) Aufrechnungsbefugnis zur Seite.162 Dass der Anwalt nicht gehindert ist, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus nicht zweckgebundenen Fremdgeldern – auch solchen aus einem anderen Mandat – zu befriedigen, stützt der BGH gerade auch auf § 4 Abs. 3 der BORA.163 Es ist daher zu prüfen, ob es sich bei den von der Staatskasse nach Beendigung des Rechtsstreits erstatteten Gerichtskostenvorschüssen gem. § 4 Abs. 3 BORA um sog. „zweckgebundenes Fremdgeld“ handelt, welches dem Rechtsanwalt „treuhänderisch anvertraut“ wurde.164

aa) Treuhänderisches Fremdgeld

Insoweit ist bislang ungeklärt, ob solche späteren (d.h. nach Abschluss des Verfahrens durch die Staatskasse erfolgten) Gerichtskostenrückzahlungen, die dem Rechtsschutzversicherer über § 86 Abs. 1 S. 1 VVG zustehen, überhaupt echte mandantenbezogene und schützenswerte Fremdgelder i.S.d. § 4 BORA sein können. Die aktuelle Rechtsprechung des BGH zum fehlenden Schutzrecht des Rechtsschutzversicherers spricht eher gegen die Fremdgeldeigenschaft; so stellen laut BGH die Vorschriften der §§ 43a Abs. 5 S. 2 BRAO, 4 Abs. 2 BRAO gerade keine Schutzgesetze zugunsten des Rechtsschutzversicherers dar.165 Allein der Umstand, dass Rechtsschutzversicherer als „Empfangsberechtigte“ i.S.v. § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO auf die Integrität des Rechtsanwalts in finanziellen Fragen vertrauen, begründet noch keinen Individualschutz der Norm zugunsten der Rechtsschutzversicherer, denn der dem Rechtsanwalt erteilte Einziehungsauftrag166 begründet nicht ohne weiteres ein der Aufrechnung entgegenstehendes Treuhandverhältnis.167

Fremdgelder sind lediglich Geldbeträge oder andere Vermögenswerte, die einem Rechtsanwalt oder Notar für Fremde (Mandanten oder Dritte) übergeben werden, und zwar zur Verwahrung und Weiterleitung an die berechtigte Person oder das berechtigte Unternehmen.168 Bezweifelt werden darf daher, ob die Gerichtskostenrückzahlung der Staatskasse zu einem Fremdgeldverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Rechtsschutzversicherer führen kann. Als „Berechtigter“ gilt hier der wirtschaftliche Inhaber des Vermögenswertes. Berechtigt im Mandatsverhältnis ist indes grds. zunächst ausschließlich der Mandant.169 Demnach tritt der Rechtsschutzversicherer trotz des gesetzlichen Anspruchsübergangs gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG nicht in die Rechtsstellung des Mandanten (seines VN) ein; zudem ist zu berücksichtigen, dass die Person des Empfangsberechtigten, an die der Rechtsanwalt gem. § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO die Fremdgelder weiterzuleiten hat, ausschließlich vom Mandanten bestimmt wird, mithin hat berufsrechtlich nur der Mandant über die Auskehrung der dem Rechtsanwalt von der Staatskasse zurückbezahlten Vorschüsse zu entscheiden.170 Berechtigte i.S.v. § 4 Abs. 2 BORA können zwar auch „Dritte“ sein. An diese können Fremdgelder aber nur weiterzuleiten sein, wenn sich dies – wie bereits betont – aus dem Inhalt des Mandats ergibt.171 Die häufigsten Fälle sind Weiterleitungen von Gerichtskosten- oder Zeugenauslagenvorschüssen an die Gerichtskasse, und zwar am Anfang oder im Laufe des Verfahrens.172

Der Inhalt des Mandats kann es gerade gebieten (bspw. zur Wahrung der Quotenvorrechte bzw. aufgrund des Tilgungsinteresses des Mandanten bezüglich seiner Vergütungsverbindlichkeit), dass sich der Rechtsanwalt am Ende des Verfahrens zugunsten des Mandanten vorrangig an den Gerichtskostenrückzahlungen von der Gerichtskasse zur Tilgung von Vergütungsansprüchen bedient, der Rechtsanwalt diese Vergütungsansprüche also nicht gegenüber seinem Mandanten (oder dessen Rechtsschutzversicherer) (gesondert gerichtlich) durchsetzen muss.

Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass Gerichtskostenrückzahlungen der Staatskasse mithin keine Fremdgeldqualität aufweisen.

bb) Anvertrauen

Es muss sich zudem um anvertrautes Fremdgeld173 handeln. Anvertraute Vermögenswerte sind nur solche, die der Mandant der Verfügungsgewalt des Anwalts unterstellt hat.174 Anvertraut i.S.d. § 43a Abs. 5 BRAO sind dem Rechtsanwalt Vermögenswerte daher nur dann, wenn ihm in seiner Funktion als Organ der Rechtspflege die tatsächliche oder rechtliche Verfügungsmacht im Interesse des Mandanten eingeräumt wurde; hierunter fallen zwar auch die Werte, die dem Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten von Dritten zugewendet werden, jedoch nur sofern diese dem Mandanten zustehen.175 Bloß weil die Staatskasse solche nicht verbrauchten Gerichtskosten- und Auslagenvorschüsse (welche von der Rechtsschutzversicherung dorthin zuvor einbezahlt wurden) von sich aus auf das Kanzleikonto des Rechtsanwalts auszahlt, kann keine gesteigerte Pflicht des Rechtsanwalts nach § 4 BORA entstehen. Denn weder Mandant (noch Rechtsschutzversicherer) haben dem Rechtsanwalt diese Rückzahlung „anvertraut“, das Geld wurde vielmehr lediglich im Sinne einer „betrieblichen Übung“ von der Staatskasse an den Rechtsanwalt (der lediglich als Empfangsstelle des Mandanten, der alleiniger Kostenschuldner ist,176 fungiert) ausgekehrt. Aus Sicht der Verfasser kann daher der Umstand, dass anfänglich die Vorschüsse von der Rechtsschutzversicherung direkt bei der Staatskasse einbezahlt wurden, keinesfalls dazu führen, dass die spätere zufällige Auszahlung der Staatskasse auf das Kanzleikonto ein anvertrautes Treuhandverhältnis entstehen lässt. Zufällig deshalb, weil Kostenschuldner der Staatskasse bei Verfahrensbeginn allein der Mandant gewesen ist und auch bleibt, die Einzahlung der Gerichtskostenvorschüsse jedoch – für die Staatskasse erkennbar – direkt von der Rechtsschutzversicherung durch Banküberweisung erfolgte, die spätere Rückzahlung der nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschüsse jedoch an den Rechtsanwalt erfolgte, der mithin plötzlich (gewollt oder ungewollt) Empfangsbote für den Kostenschuldner wird.

Bei der generellen Rückzahlungspflicht des Rechtsanwalts gegenüber der Rechtsschutzversicherung handelt es sich folglich um eine bloße Schuldnerpflicht. Solche Verpflichtungen scheiden als Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht aus.177 Demnach handelt es sich aus Sicht der Verfasser bei den von der Staatskasse auf das anwaltliche Anderkonto zurückerstatteten Gerichtskostenvorschüssen (Gerichtsgebühren, Beweiskosten usw.), die anfänglich über den Rechtsschutzversicherer des Mandanten an die Staatskasse einbezahlt wurden, gerade nicht um treuhänderisch anvertrautes Fremdgeld.

cc) Zweckgebundenheit

Selbst wenn es sich bei den von der Staatskasse auf das Anderkonto des Rechtsanwalts erstatteten Gerichtskostenvorschüsse um „anvertraute Fremdgelder“ handeln würde, so wären diese jedenfalls nicht „zweckgebunden“.178 Eine in § 4 Abs. 3 BORA vorausgesetzte Zweckbindung folgt nicht bereits aus beliebigen privaten Verwendungsinteressen des Mandanten. Die Grundlage der Zweckbindung muss vielmehr der Inhalt des Mandats sein.179 Dem Schutz des § 4 Abs. 3 BORA unterfallen somit lediglich Fremdgelder, deren zweckgebundene Verwendung Mandatsbezug haben, etwa weil mit ihnen Unterhaltsleistungen bewirkt, eine Kaution gestellt oder Schadensersatzansprüche Dritter befriedigt werden sollen. Eine Zweckbindung wird von der Rechtsprechung auch bei einer Einzahlung von Geldern angenommen, die als Gerichtskosten- und Auslagenvorschüsse an (sic) ein Gericht weitergeleitet werden sollen.180 Freilich darf der Rechtsanwalt nicht Gelder, die er bei Beginn des Verfahrens für die Einzahlung der Gerichtskosten erhalten hat, zur Tilgung eigener Honorarforderungen verwenden.181 Vorliegend geht es jedoch um Gelder, die von (sic) der Staatskasse nach Abschluss des Verfahrens an den Rechtsanwalt zurückbezahlt werden.

Aus Sicht der Verfasser handelt sich bei den nach dem Rechtsstreit erfolgten späteren Rückzahlungen der Staatskasse schon nicht um zweckgebundene Leistungen. Allenfalls die zu Beginn und während des Rechtsstreits vom Mandanten bzw. von der Rechtsschutzversicherung auf ein Anderkonto des Rechtsanwalts einbezahlten Gerichtskostenvorschüsse waren anfänglich zweckgebunden; sobald diese jedoch vom Rechtsanwalt ordnungsgemäß an die Gerichtskasse fließen, ist deren Zweck erfüllt.182 Aus den am Ende des Rechtsstreits durch die Staatskasse ausgekehrten „neutralen“183 Gerichtskostenrückzahlungen darf sich der Rechtsanwalt wegen deren Nichtzweckgebundenheit mithin durchaus befriedigen, zumal es sich hierbei nicht einmal um echte Mandantengelder (wie bspw. Abfindungs- oder Vergleichszahlungen) handelt.184

c) Fazit

Treuhänderisches und zwecksgebundenes Fremdgeld liegt mithin nicht vor. Ein berufsrechtliches Aufrechnungsverbot (§§ 43a BRAO, 4 Abs. 3 BORA) greift nicht. Der Rechtsanwalt hat somit prinzipiell das Recht, seine eigenen Forderungen mit dem Fremdgeld des Mandanten gem. §§ 387 ff. BGB aufzurechnen. Diese Aufrechnung darf auch dann erfolgen, wenn der Mandant (bzw. Rechtsschutzversicherer) es nicht erwartet oder es ihm lästig ist.185 Hier muss auch gesehen werden, dass die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung von Fremdgeld nach § 4 Abs. 2 BORA jedenfalls auch dadurch erfüllt werden kann, dass der Anwalt wirksam mit einer eigenen Forderung aufrechnet186 – insoweit muss der Auffassung des OLG Düsseldorf187 zum angeblichen Verstoß gegen berufsrechtliche Pflichten (der Rechtsanwalt sei hier gehalten, über Fremdgelder unverzüglich gegenüber dem Mandanten abzurechnen und diese an ihn auszuzahlen) widersprochen werden. Es können Zahlungen vielmehr solange nicht an den Mandanten weitergeleitet werden, bis sie die Höhe der Vergütungsforderung des Rechtsanwalts erreichen, mit der dieser aufrechnet.188 Ein Rechtsanwalt ist im Ergebnis also auch aus §§ 4 Abs. 3 BORA, 43a BRAO nicht gehindert, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus Fremdgeldern (sofern man solche Gerichtskostenrückzahlungen überhaupt als „Fremdgeld“ subsumieren kann) zu befriedigen.189 Mithin kann der Rechtsanwalt stets mit seinen Honoraransprüchen aufrechnen, und zwar selbst dann, wenn diese nicht den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat. Die Aufrechnungsbefugnis ist demnach nicht einmal auf konnexe Gegenansprüche beschränkt.190

5. Schutz des Rechtsschutzversicherers (§ 242 BGB)

Laut BGH191 verdient der Rechtsschutzversicherer in der vorliegenden Konstellation192 keinen Schutz.

Allein der Umstand, dass die Auskehrung nunmehr statt vom Mandanten vom Versicherer gefordert werden kann, intendiert daher keine besondere Schutzbedürftigkeit der Vermögensinteressen des Versicherers.193 Der Rechtsschutzversicherer kann daher aufgrund der Besonderheit des Mandatsverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant sowie aufgrund seiner versicherungsrechtlichen Treuepflicht gegenüber dem Mandanten (seinem VN) eine solche Aufrechnung nicht „blockieren“.

Zur Begründung kann auch die gesetzliche Herleitung des Quotenvorrechts aus § 86 Abs. 1 S. 2 VVG dienen, welches in solchen Rückzahlungskonstellationen den Schutz des VN über den des Schadensversicherers stellt.194

Eine Aufrechnungssperre widerspricht hier somit vor allem dem Sinn und Zweck der Rechtsschutzversicherung, das Risiko der Interessenwahrnehmung des VN solange kostenmäßig abzudecken, wie dies zur Interessenwahrnehmung notwendig ist. Diese Notwendigkeit endet jedoch erst mit der endgültigen Befriedigung des streitigen Anspruchs des VN einschließlich hierfür angefallener Zinsen und etwaiger von dem Rechtsschutzversicherer nicht bezahlter Rechtskosten. Erst von diesem Zeitpunkt an ist der Rechtsschutzversicherer berechtigt, seinerseits die im Wege der Legalzession auf ihn gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übergegangenen Erstattungsforderungen beim Dritten durchzusetzen.195

Laut BGH196 stellt die Weiterleitung von (im Hinblick auf § 86 Abs. 1 S. 1 VVG der Rechtsschutzversicherung zustehenden) Zahlungen Dritter durch den Rechtsanwalt an den Mandanten gerade keine Eigenverwendung des Rechtsanwalts i.S.d. § 668 BGB dar. Nichts anderes kann für die Tilgung von Vergütungsverbindlichkeiten des Mandanten durch direkte Aufrechnung gelten, denn der Mandant darf das erhaltene Geld aufgrund des Quotenvorrechts zur Tilgung von noch offenen Rechtsanwaltskosten verwenden.

Eine Aufrechnungssperre ist demnach weder mit dem Sinn und Zweck der Regelung des gesetzlichen Forderungsübergangs gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG noch mit dem Quotenvorrecht des VN aus § 86 Abs. 1 S. 2 VVG, welches gerade gebietet, dass sich der Rechtsanwalt zugunsten des Mandanten (sic) vorrangig aus den Gerichtskostenrückzahlungen zur Tilgung von Vergütungsansprüchen bedient, zu rechtfertigen.

Im Ergebnis ist es – entgegen der Wertung des LG Bremen und des LG München I197 – durchaus hinnehmbar, dass über die Aufrechnungsbefugnis des § 406 BGB anwaltliche Rechtsverfolgungskosten bei der Rechtsschutzversicherung „hängen bleiben“ können, auch wenn für diese Kosten kein (vollständiger) Deckungsschutz erteilt wurde bzw. besteht. Zu sehen ist, dass der Gesetzgeber mit § 86 Abs. 1 S. 2 VVG genau dieses Ergebnis einkalkuliert hat, es soll hiernach im Ergebnis der VN privilegiert werden, der regelmäßig Prämien an seine Rechtsschutzversicherung genau dafür zahlt, dass sein Risiko- und Schadensversicherer ihn vor Nachteilen bewahrt.198

V. Zwischenergebnis

Die Aufrechnung und das Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts greifen mithin durch.

In jedem Fall steht dem Rechtsanwalt im Fall offener Honorarforderungen das Gestaltungsrecht der Aufrechnung zu. Die Annahme eines Aufrechnungsverbots nach § 406 BGB ist abzulehnen. Denn als schuldnerschützende Vorschrift verbietet sich eine „enge“ Auslegung des § 406 BGB zu Lasten des Schuldners (hier des Rechtsanwalts). Die Aufrechnung des Rechtsanwalts mit Honoraransprüchen gegen Herausgabe-/Auszahlungsansprüchen des Mandanten ist nach den allgemeinen Regelungen (§§ 387 ff. BGB) zulässig. Eine Schranke kann freilich § 242 BGB und § 4 Abs. 3 BORA bilden, sofern das Geld, welches mit dem Auszahlungsanspruch des Mandanten transferiert wurde, zweckgebunden einem Dritten zustünde,199 was jedoch auf die Rückerstattung von nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschüssen durch die Staatskasse an den Rechtsanwalt mit Beendigung des Rechtsstreits nicht zutrifft.

Man betrachte abschließend das folgende unschöne anwaltliche „Aufrechnungsdilemma“:

Verweigert der Rechtsanwalt unter Berufung auf seine (wegen offenem Resthonorar) erklärte Aufrechnung einerseits die Auszahlung der von der Staatskasse rückerstatteten Gerichtskostenvorschüsse an den Rechtsschutzversicherer, läuft er Gefahr, dass er von der Rechtsschutzversicherung seines Mandanten über § 86 Abs. 1 S. 1 VVG mit einer Zahlungsklage konfrontiert wird.

Kehrt der Rechtsanwalt andererseits die von der Staatskasse rückerstatteten Gerichtskostenvorschüsse jedoch wunschgemäß an den Rechtsschutzversicherer aus, ist der Rechtsanwalt nicht nur einem Regress des Mandanten wegen Missachtung des Quotenvorrechts (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG) ausgesetzt, er wäre zudem gezwungen, seinen Mandanten hinsichtlich des offenen Resthonorars mit einer Zahlungsklage zu überziehen.

Dies gilt umso mehr in den Fällen, in denen die offene Restforderung (wie im Beispielsfall) gem. § 125 VVG eigentlich vom Rechtsschutzversicherer200 zu begleichen gewesen wäre. Die Versagung des Quotenvorrechts des VN sowie das Postulieren einer Aufrechnungssperre käme daher bei näherer Betrachtung primär dem unredlichen Rechtsschutzversicherer zugute, d.h. demjenigen Versicherer, der sich seiner versicherungsvertraglichen Leistungspflicht gem. § 125 VVG i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag (ggf. vertragswidrig) zu entziehen beabsichtigt.201 Die in § 86 Abs. 1 S. 1 VVG geregelte Legalzession intendiert die Verhinderung einer Bereicherung des VN. Zu einer solchen kommt es in der beschriebenen Konstellation jedoch gerade nicht.

Eine insoweit differenzierte Sichtweise hinsichtlich der Zulässigkeit einer Aufrechnung des Rechtsanwalts im Fall eines rechtsschutzversicherten Mandates ist als rechtlich nicht haltbare Benachteiligung und Schlechterstellung des Rechtsanwalts und seines Mandanten zu bewerten. Dies widerspricht eindeutig der Intention des Quotenvorrechts des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG, das sogar ausdrücklich eine gewisse Bereicherung des Mandanten zulässt. Zu sehen ist auch, dass der Rechtsschutzversicherer ein sog. Risikoversicherer ist, also das Schwergewicht seiner Versicherungsleistung in der Übernahme des Kostenrisikos liegt, das die Erledigung der Rechtsangelegenheit des VN in sich birgt. Er hat also nicht nur Versicherungsbeiträge von den Kunden zu vereinnahmen, sondern auch das Kostenrisiko von solchen Rechtsstreitigkeiten zu tragen.202 Unabhängig davon hat der Gesetzgeber eine etwaige Schlechterstellung des Schadensversicherers aufgrund des Quotenvorrechts in § 86 Abs. 1 S. 2 VVG bewusst einkalkuliert, so dass der Rechtsschutzversicherer im Ergebnis auch auf nicht versicherten Kosten (bspw. Selbstbeteiligung usw.) „sitzen bleiben“ kann und muss.

Daher kann und darf es für die Zulässigkeit einer Aufrechnung des Rechtsanwalts mit offenem Resthonorar schlichtweg keinen Unterschied machen, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht, ob die von der Staatskasse an den Rechtsanwalt rückerstatteten Gerichtskostenvorschüsse ursprünglich vom Mandanten oder dessen Rechtsschutzversicherer einbezahlt wurden, bzw. ob die Auskehr der überzahlten Gerichtskostenvorschüsse vom Mandanten oder dessen Rechtsschutzversicherer gefordert wird. K. Schneider 203 stellt hierzu im Ergebnis deutlich fest, dass der Rechtsanwalt trotz des Anspruchsübergangs auf den Rechtsschutzversicherer sogar mit berechtigten Honoraransprüchen, die ihm gegen den VN zustehen und für die kein Rechtsschutz besteht, aufrechnen kann. Er bejaht insofern die Aufrechnungsmöglichkeit, denn es

„(...) ergibt sich diese zwingend aus der Vorschrift des § 406 Alt. 2 BGB und damit aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung, die nicht infrage zu stellen ist.“

Auch Armbrüster204 bestätigt per se die Zulässigkeit der Aufrechnung des Rechtsanwalts mit offenem Resthonorar gegen spätere Gerichtskostenrückzahlungsansprüche des Mandanten und dessen Rechtsschutzversicherer unter Hinweis auf § 406 BGB.

F. Ergebnis

Die Zahlungsklage der Rechtsschutzversicherung scheitert bereits am Forderungsübergang aufgrund fehlender Dritteigenschaft des Rechtsanwalts (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG), jedenfalls aber am Quotenvorrecht des Mandanten (§ 86 Abs. 1 S. 2 VVG), welches vom Rechtsanwalt zwingend zu beachten und zu realisieren ist. Spätestens scheitert die Zahlungsklage am Zurückbehaltungsrecht und der Aufrechnung des Rechtsanwalts gegenüber dem Rechtsschutzversicherer (§ 406 BGB i.V.m. § 412 BGB) bzw. gegenüber dem Mandanten (§ 404 BGB i.V.m. § 412 BGB).

G. Ausblick

Freilich wird es immer auch die Fälle geben, in denen Rechtsanwaltskanzleien unbegründet (in ganz seltenen Konstellationen sogar unredlich) nicht verbrauchte Gerichtskostenvorschüsse einbehalten, was jedoch aus Sicht und Erfahrung der Verfasser die absolute Ausnahme der Regel sein dürfte; leider findet gerade ein solcher oder ähnlicher aus dem Rahmen fallende Kasus dann oft den Weg in die Rechtsprechung, prägt jene und wirft sodann ein tendenziell schlechtes Licht auf die Anwaltschaft. In den allermeisten Sachverhalten erfolgt seitens des Rechtsanwalts jedoch eine redliche Abrechnung und Abwicklung des Mandats unter begründeter Zurückbehaltung von erlangten nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschussteilbeträgen.

In der hier behandelten und üblichen Fallvariante steht der (redliche) Rechtsanwalt der Zahlungsdurchsetzung des Rechtsschutzversicherers jedoch nicht schutzlos gegenüber. Nach Erhalt von Rückzahlungen der Staatskasse kann der Rechtsanwalt nach erfolgter Mahnung mit offenen Vergütungsansprüchen (§ 286 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Mandanten und dem Rechtsschutzversicherer unverzüglich aufrechnen (§ 387 BGB), zuvor kann er schon bei seiner Rechnungsstellung auf sein Zurückbehaltungsrecht hinweisen und dieses geltend machen (§§ 320, 273 BGB).

Sollte der Rechtsanwalt dennoch mit einer Zahlungsklage des Rechtsschutzversicherers überzogen werden, so kann er über §§ 412, 404 ff. BGB vorsorglich im Rechtsstreit nochmals das Zurückbehaltungsrecht und die Aufrechnung einwenden bzw. erklären (§§ 387, 320, 273 BGB) und in der Klageerwiderung zudem die vorgenannten Erwägungen der Verfasser zur fehlenden Aktivlegitimation des Rechtsschutzversicherers und zum Quotenvorrecht vortragen (§ 86 Abs. 1 S. 1 und S.2 VVG) und zunächst auf einen rechtzeitigen (§ 139 Abs. 4 ZPO) schriftlichen richterlichen Hinweis des Gerichts hinwirken. Aus Verjährungsgründen kann es zudem geboten sein, dem Mandanten zunächst i.S.d. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB den Streit zu verkünden (was vertretbar erscheint, weil im Falle des Unterliegens der Rechtsanwalt sich wegen seiner offenen anwaltlichen Vergütung dann beim Mandanten schadlos halten kann205). Sollte das Gericht in seinem richterlichen Hinweis zu erkennen geben, dass es die Aktivlegitimation des Rechtsschutzversicherers und die Wirksamkeit der Zession bestätigen wird und überdies ein Quotenvorrecht und auch etwaige Gegenrechte des Rechtsanwalts für unbegründet erachtet, so kann der Rechtsanwalt eine Drittwiderklage206 gegen seinen Mandanten auf Zahlung (Leistungsantrag auf Honorarzahlung)207 der zur Aufrechnung gestellten (Rest-)Vergütungsforderung und ggf. weiterer Honorarforderungen erheben (§ 33 ZPO). Dadurch kann der Rechtsanwalt alle Beteiligten des im Streit stehenden Dreiecksverhältnisses in den gegen ihn initiierten Rechtsstreit bringen, eine einheitliche richterliche Klärung der streitigen Verhältnisse herbeiführen, zudem seine Ansprüche auf Vergütung in dem anhängigen Verfahren durchsetzen, und überdies sein Risiko auf quotale Kostenlast (§§ 91, 92 ZPO) verringern.

Eines ist gewiss: Die in diesem Beitrag aufgeworfenen Rechtsprobleme haben die letzten Jahre enorm an Brisanz gewonnen. Gerade die Rechtsfragen, ob und inwieweit der rechtsschutzversicherte Mandant bzw. sein Rechtsanwalt mit einem von der Staatskasse zurückbezahlten (weil nicht verbrauchten) Gerichtskostenvorschussbetrag nach Beendigung des Mandates verfahren darf, bzw. wie in dieser Konstellation mit einem etwaigen Quotenvorrecht umzugehen ist, werden in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich beantwortet und gehandhabt.

Jedenfalls hat das LG Bremen208 zu diesen Rechtsfragen jüngst die Revision zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der BGH209 sich hierzu positionieren wird; aus Sicht der Verfasser wäre hier eine Leitentscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sehr zu begrüßen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache aus Sicht der Verfasser, weil sie entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Rückforderungsfällen gegen Rechtsanwälte stellen können und die Rechtssache zudem Auswirkungen auf die Anwaltschaft hat, deren Interessen hier in besonderem Maße berührt werden und ein Tätigwerden des BGH erforderlich machen. Klärungsbedürftig sind hier mehrere strittige Rechtsfragen, v.a. die Bereicherungsrechtslösung im Verhältnis zu § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, das Quotenvorrecht, aber auch (jedenfalls mittels obiter dictum klärungsfähig) die Gegen- und Aufrechnungsrechte des Rechtsanwalts. Diese Rechtsfragen sind nur teilweise vom BGH geklärt, die Instanzgerichte folgen ihm in dieser Konstellation jedoch nicht immer, auch im Schrifttum werden ernst zu nehmende Bedenken geäußert. Daher könnte die Revision zum BGH hier zu einer vollumfassenden Klärung mittels Leitentscheidung führen, was aus Sicht der Anwaltschaft, vermutlich auch aus Sicht der Rechtsschutzversicherer, und auch aus Sicht der Verfasser sehr wünschenswert wäre.

Abschließend sei gesagt, dass Aktivprozesse210 von Rechtsschutzversicherern gegen Rechtsanwälte sich die letzten Jahre deutlich häufen. Solche Gerichtsverfahren haben sich für die Versicherungswirtschaft mittlerweile zu einem durchaus lukrativen Weg etabliert, um die Höhe der aus dem Versicherungsvertrag geschuldeten Rechtsverfolgungskosten nachträglich zu minimieren, jedenfalls um den von der Anwaltschaft abgerechneten gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren mindernd zu begegnen.211 Nicht selten generieren Rechtsschutzversicherer über Urteile oder Vergleiche in solchen Aktivprozessen erhebliche Gelder und verzeichnen diesen prozessualen Weg mittlerweile als wirtschaftlich sinnvoll.

Aus Sicht der Verfasser liegt es in der Verantwortung der Rechtsprechung, solche Regress- bzw. Rückzahlungsverfahren der Versicherungswirtschaft gegen Rechtsanwälte nicht ausufern zu lassen und die gebotenen versicherungsrechtlichen Schranken212 deutlich aufzuzeigen. Denn vergessen werden darf nicht, dass der Rechtsschutzversicherer ein echter Risikoversicherer ist (und bleibt), es liegt in seiner Natur213, die gesetzlichen Rechtsverfolgungskosten von Rechtsstreitigkeiten zu übernehmen214 und das Quotenvorrecht seines VN zu beachten, zumal seine Deckungszusage volles „grünes Licht“215 für die Rechtsverfolgung seines VN und für dessen Rechtsanwalts bedeutet, folglich der Rechtsschutzversicherer echtes Vertrauen schafft216, mithin eine spätere mittelbare Loslösung vom geschuldeten Kostenschutz über einen nachfolgenden Anwaltsregress daher nur absoluten Ausnahmefällen vorbehalten sein darf.


Fußnoten:

1 Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 228.

2 BGH v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425 und LG Hof v. 26.4.2016 – 15 O 5/12, BeckRS 2016, 132806.

3 Zum Dreiecksverhältnis: Wandt in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., Kap. 1, Rz. 929.

4 So auch m.w.N. das OLG Düsseldorf in seinem Beschl. v. 15.5.2019 – I-24 U 171/18, VersR 2019, 1218 sowie m.w.N. das LG Bremen in seinem Urt. v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris. Laut Grams stehe dies durchaus im Einklang mit anderen Entscheidungen, z.B. OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris; Anmerkung Grams in FD-VersR 2014, 355051 m.w.N.; OLG Düsseldorf v. 11.2.2008 – 24 U 104/07, VersR 2008, 1347; vgl. Grams in FD-VersR 2020, 428243.

5 Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2018, Rz. 423.

6 Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 456 f.

7 Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, A. Einleitung, Rz. 97 ff.

8 Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 463 f.

9 Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 470; so auch grds. Sprau in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 812 Rz. 57; BGH v. 5.11.2002 – XI ZR 381/01, NJW 2003, 582; BGH v. 3.2.2004 – XI ZR 125/03, NJW 2004, 1315; BGH, VersR 2008, 1224 Tz. 9.

10 Wegen sog. „Auskunftsansprüche“ hat der BGH aktuell entschieden, dass dem Rechtsschutzversicherer, der einen Prozess vorfinanziert hat, zur Ermittlung eines möglichen Herausgabeanspruchs ein Auskunftsanspruch gegen den durch seinen VN beauftragten Rechtsanwalt grds. zusteht (BGH, VersR 2020, 476). Einschränkend hierzu Günther (FD-VersR 2020, 427883, beck-online): „Begehrt die Rechtsschutzversicherung Auskunft darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ihrem VN Kostenerstattungsansprüche gegenüber Dritten erwachsen sind, so verlangt sie eine Rechtsauskunft, die sie von dem Rechtsanwalt (ebenso wie von ihrem VN) nicht beanspruchen kann. Sie kann auch nicht Auskunft darüber verlangen, in welcher Weise die angeführten Mandate sachlich beendet worden sind. Ansprüche auf Auskunft hat sie nur dahin, in welcher Weise die Mandate kostenmäßig beendet worden sind (OLG Düsseldorf, VersR 1980, 31).“. Auch Mayer schränkt dies ein, denn Voraussetzung sei, dass der Mandant es explizit dem beauftragten Rechtsanwalt überlässt, den Verkehr mit dem Rechtsschutzversicherer zu führen (FD-RVG 2020, 427816, beck-online).

11 Heinz/Ritter, Beck’sches Formularbuch für die Anwaltskanzlei, 1. Aufl. 2014, I. II. 2. Rz. 1 m.w.N.

12 BGH v. 5.11.2002 – XI ZR 381/01, NJW 2003, 582; BGH v. 3.2.2004 – XI ZR 125/03, NJW 2004, 1315; BGH, VersR 2008, 1224 Tz. 9.

13 OLG Düsseldorf, VersR 1983, 250; OLG Brandenburg, VersR 2013, 714; AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

14 OLG Düsseldorf, VersR 1983, 250; OLG Brandenburg, VersR 2013, 714.

15 OLG Düsseldorf, VersR 1983, 250.

16 OLG Brandenburg,VersR 2013, 714.

17 AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.); AG Bremen v. 20.6.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

18 Nach AG Bremen (v. 12.9.2018 – 23 C 33/18) sei die an die Prozessbevollmächtigten des Kostenschuldners gerichtete Zahlung auf das dortige Anwaltskonto nicht als hoheitlich veranlasste Zahlung an einen Nichtberechtigten einzustufen, sondern als Zahlung an den Anwalt als bloße Zahlstelle seines Mandanten. Nur bei fehlender oder fehlerhafter Anweisung oder bei erloschener Vollmacht seien Zahlungen (unter Hinweis auf AG Berlin-Charlottenburg v. 28.9.2012 – 216 C 63/12, BeckRS 2013, 02775; MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 812 Rz. 179) als Zahlungen an einen selbstständigen Leistungsempfänger anzusehen, während Zahlungen der Staatskasse an den bevollmächtigten Anwalt im Rechtssinne als Zahlungen an den Mandanten selbst anzusehen sind, so dass nur dieser und nicht sein Anwalt die Zahlung im Sinne des Bereicherungsrechts „erlangt“ habe. Der Rechtsschutzversicherer könne daher die unverbrauchten Vorschüsse nur von der Prozesspartei herausverlangen (MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2017, § 812 Rz. 189).

19 AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

20 AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

21 OLG Brandenburg, VersR 2013, 714.

22 AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

23 OLG Celle, VersR 2011, 1578; OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218; LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 186; Staudinger, Fachanwaltskommentar Versicherungsrecht, 2013, § 86 VVG, Rz. 23 (Rückzahlung über GoA).

24 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 186.

25 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris und LG Bremen v. 20.3.2020 – 4 O 2184/18, juris.

26 Nach LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris seien alle Ansprüche auf Rückerstattung, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, von § 86 Abs. 1 VVG erfasst. Der Anspruchsübergang erfolge dabei bereits mit Entstehung dieser Kosten. Hierbei handele es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang i.S.v. § 412 BGB. Deshalb entstehe ein etwaiger Ausgleichsanspruch nicht direkt bei dem VN, vielmehr gehe er kraft cessio legis sofort auf den Versicherer über. § 86 VVG (§ 67 VVG a.F.) gelte auch für eine Rechtsschutzversicherung, da es sich bei dieser um eine Schadensversicherung handele; vgl. hierzu auch Grams, FD-VersR 2020, 428243, beck-online.

27 Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. 2017, Rz. 352; so auch Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 86 Rz. 10.

28 Langheid in Rixecker/Langheid, VVG, 6. Aufl. 2019, § 86 Rz. 13; so auch Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 86 Rz. 21.

29 Lensing (in Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl.) stellt zutreffend fest, dass immer wieder in Rechtsprechung und Schrifttum Vorschläge auftauchen, vertragliche Beziehungen zwischen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwalt anzunehmen, insbesondere um die Rückabwicklung von Überzahlungen oder die Abrechnung von Vorschüssen rechtlich in den Griff zu bekommen. So würde teilweise angenommen, bei dem Versicherungsvertrag handele es sich um einen Vertrag zugunsten des Rechtsanwalts als Dritten i.S.d. § 328 BGB. Der Versicherungsvertrag solle dem Rechtsanwalt indes gerade nicht dazu dienen, eigene Erstattungsansprüche gegenüber dem Versicherer zu erwerben. Die Pflicht zur Kostenübernahme träfe den Versicherer allein im Vertragsverhältnis zu seinem VN. Nichts anderes gelte, wenn der Rechtsanwalt Kostenerstattungsansprüche abwickele, die bereits nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Versicherer übergegangen seien. Die tatsächliche Entgegennahme von „Fremdgeld“ (wenn Gerichtskostenrückzahlungen überhaupt hierunter fallen) begründe kein Treuhandverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Versicherer. Der Rechtsanwalt nähme die Zahlung als dem VN zuzuordnende Leistung aus dem Hauptauftrag entgegen. Raum für die Annahme eines stillschweigend abgeschlossenen Treuhandvertrags verbleibe daher nicht (Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl. 2017, § 27 Rechtsschutzversicherer Rz. 99 ff.).

30 Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 6. Aufl. 2017, 6. Teil. Leistungspflicht des Versicherers VI. Übergang der Ersatzansprüche auf den Versicherer Rz. 353; Wandt in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., Rz. 935.

31 BGH, VersR 2020, 476.

32 Laut LG Bremen (4. Zivilkammer) v. 20.3.2020 – 4 O 2184/18, juris ginge auch ein Anspruch aus deliktischer Handlung des Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt nach Nicht-Auskehr des Fremdgeldes (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 43a BRAO) nach § 86 VVG (§ 17 ARB) auf den Rechtsschutzversicherer über.

33 So auch BGH, VersR 2020, 476: „Der Kl. [RSV] steht gegen die Bekl. (RA-Kanzlei) ein Anspruch auf Auskehrung der von dem Prozessgegner geleisteten Zahlungen zu. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob der Kl. ein eigener Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 681 S. 2, 667 BGB) zusteht (vgl. BGH v. 23.7.2019 – VI ZR 307/18, VersR 2019, 1378 = ZInsO 2019, 1939 Rz. 8 m.w.N.). Leistet der Prozessgegner an den von dem VN beauftragten Rechtsanwalt Zahlungen, so geht der vertragliche Anspruch des VN auf Herausgabe des Erlangten aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB gegen seinen Rechtsanwalt gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über.“

34 Denn § 86 Abs. 1 S. 1 VVG stellt auf einen entstandenen Ersatzanspruch ab. Noch deutlicher ist § 17 Abs. 9 ARB 2010 (Harbauer): Ansprüche des VN gegen andere auf Erstattung von Kosten, die der Versicherer getragen hat, gehen mit ihrer Entstehung (sic) auf diesen über. Es bleibt hier dann schon jetzt die Frage zu stellen, wie sich der Umstand auswirkt, dass – wie im Fall des LG Bremen v. 6.3.2020 (4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris) – der Mandant und sein Rechtsanwalt bereits vor dem Entstehen der Geldherausgabeschuld nach Abschluss der Kostenfestsetzung (§ 667 BGB) vereinbart hatten, dass der Rechtsanwalt sich aus dem späteren Gerichtskostenrückerstattungsbetrag mit zuvor entstandenen und fällig gewordenen Honoraransprüchen befriedigen dürfe: Könnte dann insoweit aufgrund dieser vertraglichen Abrede überhaupt eine Geldherausgabeschuld beim Mandanten entstehen? Und: wäre diese Schuld dann nicht von Anfang an einwendungsbelastet, daher dann jedenfalls ein Fall der §§ 404, 412 BGB?

35 Ausführlich hierzu m.w.N.: Dallwig, r+s 2020, 181.

36 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 159; Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, 2. Aufl. 2016, § 86 Rz. 31.

37 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, ARB 2010 § 17 Rz. 59.

38 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 173; so auch OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, VersR 2019, 1218 und LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; Wandt in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., 1. Kap., Rz. 929 nennt solche Auszahlungsansprüche i.S.d. § 667 BGB jedoch nicht.

39 OLG Düsseldorf, VersR 1983, 250; OLG Brandenburg, VersR 2013, 714; AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18. N. Schneider weist in einer ablehnenden Anmerkung zu dem Urteil des AG Wetzlar v. 27.6.2006 – 30 C 588/06, AGS 2007, 115 darauf hin, dass es sich jedenfalls bei einem Rückzahlungsanspruch nicht verbrauchter Gerichtskosten gerade nicht um einen Ersatzanspruch (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG) bzw. um einen Erstattungsanspruch (§ 17 Abs. 9 S. 1 ARB 10) handele, da er nicht dem Ausgleich einer Vermögenseinbuße des VN diene; ebenso LG Heilbronn, AGS 2016, 104; AG Kempten, AGS 2011, 363; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, ARB 2010 § 17 Rz. 59. Laut AG Würzburg v. 13.6.1994 – 16 C 398/94, r+s 1995, 264) könne der Rechtsschutzversicherer, der an den Rechtsanwalt des VN Gerichtskostenvorschüsse geleistet hat, einen Gerichtskostenbetrag, der dem Rechtsanwalt von der Gerichtskasse erstattet worden ist, (nur) direkt von seinem VN zurückverlangen.

40 AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 8 (n.v.).

41 So BGH, VersR 2019, 1378: Indem die Kl. (Rechtsschutzversicherer) auf die am Ende vom Prozessgegner zu tragenden Kosten des Rechtsstreits Zahlungen erbracht hat, hat sie R. (Mandant) i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG einen „Schaden ersetzt.“ In diesem Umfang ist der Kostenerstattungsanspruch des R. gegen den unterlegenen Prozessgegner auf sie übergegangen. Damit stand der Kl. ein Anspruch gegen die Bekl. (Rechtsanwaltskanzlei) auf Auskehrung der vom Prozessgegner auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse geleisteten Zahlungen zu. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei um einen eigenen Anspruch der Kl. aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 681 S. 2, 667 BGB) handelte, weil die Geltendmachung und Entgegennahme der Zahlungen auf die Prozesskosten durch die Bekl. im Hinblick auf den Forderungsübergang gem. § 86 VVG ein objektiv fremdes Geschäft war (so OLG Saarbrücken, VersR 2007, 1554 = juris Rz. 43 ff.; Lensing in Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl., § 27 Rechtsschutzversicherung, Rz. 111), oder ob zu den gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Versicherer übergegangenen Ansprüchen auch der vertragliche Anspruch des R. gegen die Bekl. auf Herausgabe der Prozesskostenzahlungen aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB gehörte (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2008, 1347; OLG München/LG München I, r+s 1999, 158 m. Anm. Kurtzka; Schulz, NJW 2010, 1729 [1730]). Die nach beiden Begründungen bestehende Verpflichtung der Bekl., die Zahlungen des Prozessgegners an die Kl. weiterzuleiten, scheiterte, anders als das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang meint, nicht daran, dass R. die Kl. nicht als Empfangsberechtigte bestimmt hatte; denn deren Empfangsberechtigung ergibt sich aus dem Gesetz und stand nicht zur Disposition ihres VN.

42 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 182.

43 Auch der BGH (VersR 2020, 47) beleuchtet bislang diese Rechtsfrage nicht.

44 BGHZ 30, 40 = VersR 1959, 500; BGH, VersR 2008, 634 Rz. 8; OLG Hamm, VersR 2013, 55; OGH, VersR 1982, 786.

45 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, VVG § 86 Rz. 22 f.

46 Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung: AKB, 19. Aufl. 2017, VVG § 86 Rz. 16.

47 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 86 Rz. 22 f.

48 Die Abgrenzung „Dritter oder Nichtdritter“ muss im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden (st. Rspr.; s. BGH VersR 2008, 634 Rz. 18 f.; Hamm, VersR 2013, 55), vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 86 Rz. 22.

49 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 28 Rz. 119; Armbrüster bejaht die Repräsentanteneigenschaft des Rechtsanwalts.

50 Die Repräsentanteneigenschaft des Rechtsanwalts ist gerade für die Rechtsschutzversicherung höchst umstritten, vgl. Lehmann, r+s 2019, 361: Die Repräsentanteneigenschaft des Rechtsanwalts wird von Teilen der Rspr. (OLG Köln, VersR 2002, 704) und der Lit. (vgl. Looschelders, ARB, 2014, Teil. A., Rz. 83 (dort Fn. 146) bejaht, weil der Rechtsanwalt bei der Prozessführung vollständig an die Stelle des VN trete (vgl. auch Looschelders in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, Teil 1: Das Privatversicherungsrecht Abschn. 4 Rechtsstellung des VN § 17 Haftung des VN für Dritte Rz. 82 m.w.N.).

51 Gegen die Repräsentantenstellung des Anwalts insoweit spricht aber, dass er in der Regel nur in einem Einzelfall die Interessenvertretung des VN übernommen hat und nicht umfassend an dessen Stelle getreten ist, vgl. hierzu Wendt, r+s 2010, 221 (230) und r+s 2012, 209 (212 f.); s. auch OLG München, VersR 2017, 1516 (1517) und Graf/Schoenaich, VersR 2017, 1505; Cornelius-Winkler in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 134 ff.

52 E. Lorenz, VersR 2000, 2.

53 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 86 Rz. 22 f.; Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl. 2017, Teil B. Sachversicherungen § 10 Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung Rz. 377.

54 Der VN hat zur Minderung des Schadens Weisungen des Versicherers einzuholen und zu befolgen. Er hat den Rechtsanwalt entsprechend der Weisung zu beauftragen (Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17). Nach der neuen Klausel in Nr. 4.1.6 ARB 12 (die womöglich unwirksam ist, vgl. Bauer, VersR 2013, 661) wird das Verhalten des Rechtsanwalts dem VN zugerechnet (Harbauer, Rechtsschutzversicherung ARB, Teil E. ARB 2012, Rz. 18), so dass hiernach der Rechtsanwalt als Repräsentant des VN anzusehen ist.

55 OLG Düsseldorf v. 10.12.2019 – 4 W 38/19, BeckRS 2019, 41372.

56 OLG Düsseldorf v. 10.12.2019 – 4 W 38/19, BeckRS 2019, 41372 mit Hinweis auf BGH, VersR 1996, 1229 unter 2 b m.w.N.

57 OLG Düsseldorf v. 10.12.2019 – 4 W 38/19, BeckRS 2019, 41372 mit Hinweis auf BGH, r+s 2007, 273 = VersR 2007,673.

58 So auch OLG Stuttgart, BeckRS 2016, 15422; weitere Nachweise bei Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 17 ARB Rn. 45; auch in der Literatur hat die Repräsentantenhaftung für Anwaltsverschulden Befürworter (vgl. etwa Obarowski in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, Bd. 3, 2. Aufl. 2017, 600. Rechtsschutzversicherung Rn. 400; Armbrüster in Prölss/Martin, § 17 ARB Rn. 45 m.w.N.); zur Gegenauffassung aktuell: Felsch, r+s 2020, 301 (313 ff.); Schimikowski, r+s 2020, 337.

59 E. Lorenz, VersR 2000, 2.

60 OLG Düsseldorf, VersR 1983, 250; OLG Brandenburg, VersR 2013, 714; AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18 (n.v.).

61 Looschelders, ARB, 2014, § 17 Rz. 154 ff. m.w.N.; so bestätigt auch OLG Jena v. 31.1.2020 – 9 U 845/18 (LG Gera), juris die Aktivlegitimation des Rechtsschutzversicherers.

62 Auch BGH, VersR 2020, 47 beleuchtet diese Rechtsfrage nicht, der BGH stellt lediglich im Ergebnis fest, dass § 86 Abs. 1 VVG anwendbar sei. Es ist mithin zu vermuten, dass der BGH – jedenfalls unter Anwendung von älteren, d.h. vor dem Jahr 2012 gültigen, ARB – den Rechtsanwalt als „Dritten“ einstuft, ob und wie die Sicht des VN und die Regelung in Nr. 4.1.6 ARB 12 hier eine andere Beurteilung gebietet, bleibt gänzlich offen.

63 Looschelders, ARB, 2014, § 17 Rz. 154 ff.

64 AG Erfurt v. 23.8.2002 – 9 C 2163/02, zfs 2003, 93; LG München I, VersR 1997, 1099; LG München I v. 16.4.1997 – 31 S 10918/96, r+s 1998, 334.

65 van Bühren/Plote, Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherer, 3. Aufl. 2013, ARB 2010 § 17 Rz. 51.

66 Heinrichs in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., 34. Kap., Rz. 524.

67 Wandt stellt klar, dass § 86 VVG in Abgrenzung zu § 116 Abs. 1 SGB X gerade nicht bereits anfänglich ausgelöst wird, sondern ein Anspruch erst entstehen muss, bevor dieser mit Erbringung der kongruenten Leistung des Versicherers übergehen kann, vgl. Wandt in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., Kap. 1, Rz. 994 f.

68 AG Wetzlar v. 27.6.2006 – 30 C 588/06, juris; Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 174; a.A.: N. Schneider, NJW-Spezial 2019, 219 (N. Schneider übersieht jedoch, dass das Quotenvorrecht mittels ARB nicht umgangen oder abbedungen werden kann [§ 87 VVG]).

69 Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 467.

70 So bereits OLG Köln v. 14.11.1972 – 3 U 44/72, NJW 1973, 905 = VersR 1973, 662 Ls.

71 Langheid in Rixecker/Langheid, VVG, 6. Aufl. 2019, § 86 Rz. 40.

72 van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 1 Rz. 303; BGH, VersR 1967, 774; OLG Köln v. 14.11.1972 – 3 U 44/72, NJW 1973, 905 = VersR 1973, 662 Ls; OLG Köln v. 25.3.1994 – 19 U 136/93, NJW-RR 1994, 955 = VersR 1994, 813 Ls; OLG Hamm v. 14.6.1999 – 13 U 259/98, VersR 2000, 1101; Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 170.

73 Zu den unterschiedlichen Auffassungen: Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 86 Rz. 38 f.

74 Wandt in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., 1. Kap., Rz. 952 ff.; Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 86 Rz. 40.

75 BGHZ 13, 28 = VersR 1954, 211; BGHZ 25, 340 = VersR 1958, 13; BGH, VersR 1967, 505; BGH, VersR 1968, 997; OLG Hamm, VersR 1990, 997; OLG Köln v. 21.7.1992 – 3 U 33/92, r+s 1992, 326; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 86 Rz. 46.

76 Staudinger, Fachanwaltskommentar Versicherungsrecht, 2013, § 86 VVG, Rz. 23.

77 Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 89 ff.; OLG Köln v. 14.11.1972 – 3 U 44/72, NJW 1973, 905 = VersR 1973, 662 Ls; AG Köln v. 5.7.2006 – 137 C 157/06, juris.

78 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 173; Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 89 ff.

79 Dallwig, r+s 2020, 181.

80 Das Quotenvorrecht gilt für sämtliche Rechtsverfolgungskosten, zur Vertiefung: OLG Köln v. 14.11.1972 – 3 U 44/72, NJW 1973, 905 = VersR 1973, 662 Ls; AG Wetzlar v. 27.6.2006 – 30 C 588/06, juris; Enders, Quotenvorrecht auch in der Rechtsschutzversicherung, JurBüro 2003, 281; Heither/Heither, Als Mandant obsiegen, als Versicherungsnehmer unterliegen?, NJW 2008, 2743; Lucas, Das Quotenvorrecht – wer es nicht kennt, verschenkt Geld!, VRR 2010, 127; Schneider, Verschenktes Geld – das unbekannte Quotenvorrecht in der Rechtsschutzversicherung, ProzRB 2002, 20.

81 Insoweit fand in der neuen 9. Aufl. von Harbauer eine Kehrtwende statt: Wenn der Rechtsschutzversicherer den VN hinsichtlich bestimmter Gerichtskostenvorschüsse freigestellt hat, sind entsprechende Rückzahlungen nicht verbrauchter Gerichtskosten durch die Staatskasse selbstverständlich als kongruente Leistungen anzusehen, welche grundsätzlich auf den Rechtsschutzversicherer übergehen. Dann ergibt sich aus der Kongruenz – welche bereits Voraussetzung des Forderungsübergangs nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG ist – entgegen der Vorauflage jedoch zwangsläufig auch die Anwendbarkeit des Quotenvorrechts des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG (vgl. Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 7. Aufl. 2017, § 13 Rechtsschutzversicherung, Rz. 89–95), vgl. Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 174.

82 AG Wetzlar Urt. v. 27.6.2006 – 30 C 588/06, juris; a.A. N. Schneider, NJW-Spezial 2019, 219, wobei N. Schneider hier verkennt, dass laut § 87 VVG in den ARB nicht zum Nachteil des VN von der Regelung des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG abgewichen werden darf, so dass die Klausel § 17 Abs. 8 ARB 10 (auch soweit sie ein Quotenvorrecht ausschließen will) mit § 87 VVG unvereinbar wäre (vgl. Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 159). Laut K. Schneider sei die Ansicht von N. Schneider unzutreffend und der Entscheidung des AG Wetzlar zuzustimmen (Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 174), der Ansicht von K. Schneider ist zu folgen.

83 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; unter Hinweis auf OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris und auf OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, juris Rz. 6.

84 Vorliegend war zwar nicht das außergerichtliche Geschäft, wohl aber das gerichtliche Geschäft vom Rechtsschutzversicherer gedeckt worden.

85 Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 89 ff.; AG Köln v. 5.7.2006 – 137 C 157/06, juris.

86 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 12; LG München I v. 12.5.2011 – 12 O 22440/10, r+s 2014, 497 m. Anm. Graf: Es gibt keine Regel, dass die erste in einem Rechtsschutzfall erteilte Deckungzusage sich stets nur auf die außergerichtliche Tätigkeit bezieht. Auch führt der Hinweis des Rechtsschutzversicherers, dass kostenauslösende Maßnahmen vorher mit ihm abzustimmen seien, nicht zu einer Beschränkung des Deckungsschutzes nur für das außergerichtliche Geschäft.

87 Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 a ARB 2010 (Deckungsanfrage) und des § 17 Abs. 2 ARB 2010 (Deckungszusage) in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ist aus Sicht des VN allein auf den angefragten Rechtsschutzfall als solchen abzustellen, einen „außergerichtlichen Rechtsschutzfall“ und einen „gerichtlichen Rechtsschutzfall“ gibt es im VVG und in den ARB gerade nicht, vgl. ausführlich hierzu Graf, r+s 2014, 497 (500 f.) zu LG München I v. 12.5.2011 – 12 O 22440/10. Nach gefestigter Rechtsprechung im Versicherungsrecht sind solche Klauseln und Erklärungen des Rechtsschutzversicherers immer so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher VN verstehen muss, wobei es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auf auch seine Interessen ankommt; die Auslegung hat sich grds. am Sprachgebrauch des täglichen Lebens auszurichten, vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Aufl. 2020, Kap. 1. Basiswissen Rn. 67; Schaltke, VersR 2020, 73 (74 und 76).

88 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; unter Hinweis auf OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris und auf OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, juris Rz. 6.

89 Cornelius-Winkler in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 79.

90 § 17 Abs. 5 c cc ARB 08 ist durch mehrere obergerichtliche Entscheidungen wegen Intransparenz und Unangemessenheit als unwirksam bewertet worden, soweit dem VN auferlegt wird, „alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte“, vgl. m.w.N. Graf/Schoenaich, VersR 2017, 1505.

91 Neu gefasst wurde die Obliegenheit zur Schadens- bzw. Kostenminderung in Nr. 4.1.1.4 ARB 12. Nach der Aufzählung von Regelbeispielen in § 17 Abs. 1 c bb ARB 10 ist man in den ARB 12 wieder zu einer generellen Regelung zurückgekehrt, die sich eng an § 82 VVG orientiert. Gegenüber dieser allgemeinen Regelung bestehen aber dieselben Bedenken in Bezug auf die Transparenz, wie sie der BGH gegenüber § 17 Abs. 5 c cc ARB 08 geäußert hat (vgl. Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. 2020, ARB 2012 Nr. 4.1 Rz. 6); vgl. auch Graf/Schoenaich, VersR 2017, 1505; aktuell hierzu ausführlich Felsch, r+s 2020, 301 (313 f.).

92 OLG Stuttgart, VersR 2016, 1439; OLG Karlsruhe, VersR 2003, 58 = juris Tz. 12; Graf/Schoenaich, VersR 2017, 1505.

93 Das OLG Hamm sieht in der anwaltlichen Rechtsverfolgung mittels außergerichtlichem Geschäft keinen Verstoß gegen § 82 VVG: „Zweck einer Rechtsschutzversicherung ist es, dass ein VN, der sich die Abwälzung von Kostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne die Kostenüberlegungen wahrnehmen kann, die ein Nichtrechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. (...) Die Grenze ist dort zu ziehen, wo sich das Verhalten des VN mit dem einer vernünftigen unversicherten Partei, bei der finanzielle Überlegungen keine Rolle spielen, nicht mehr in Einklang bringen lässt“, vgl. OLG Hamm v. 31.10.2018 – 20 U 35/18, VersR 2019, 677.

94 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; unter Hinweis auf OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris und auf OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, juris Rz. 6.

95 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; unter Hinweis auf OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris und auf OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, juris Rz. 6.

96 Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. 2020, § 86 Rz. 26, § 86 Rz. 26.

97 Staudinger, Fachanwaltskommentar Versicherungsrecht, 2013, § 86 VVG, Rz. 23.

98 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

99 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

100 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 174; AG Wetzlar Urt. v. 27.6.2006 – 30 C 588/06, juris.

101 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 174.

102  Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 89 ff.

103  Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 480.

104 Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 480.

105 Heinrichs in Halm, Handbuch des Fachanwalts Versicherungsrecht, 5. Aufl., 34. Kap., Rz. 524.

106 Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 89 ff.

107 BGH v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425; LG Hof v. 26.4.2016 – 15 O 5/12, BeckRS 2016, 132806; Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 228.

108 Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 228.

109 Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 320 Rz. 12 f.

110 Hartung, RVK, 2. Aufl., § 9 RVG, Rz. 33. Schneider, Anwaltskommentar RVG, 7. Aufl., § 9 Rz. 82 ff.

111 Schulze, BGB, 8. Aufl., § 320 Rz. 10; Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 320 Rz. 12.

112 Schulze, BGB, 8. Aufl., § 404 Rz. 2; Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 404 Rz. 2.

113 Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 86 Rz. 32.

114 Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 3.

115 Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 86; Weyland/Träger/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl. 2020, BORA § 4 Rz. 11.

116 Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 5.

117 Die Aufrechnungserklärung ist auslegungs- und umdeutungsfähig, sie kann sogar auch stillschweigend erklärt werden (BGH v. 12.10.1983 – VIII ZR 19/82, NJW 1984, 357), muss lediglich dem Erklärungsgehalt nach hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGH v. 16.1.1958 – VII ZR 66/57, BGHZ 26, 241; OLG München v. 28.4.2004 – 7 U 5482/03, NZG 2005, 311). Die zur Aufrechnung gestellten Forderungen müssen lediglich bestimmbar und die Aufrechnung als gewollt erkennbar sein. Hierfür kann sogar die (verfehlte) Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (und damit auch eine andere verfehlte Aufrechnungserklärung) ausreichen, wenn die Verbindlichkeiten gleichartig und fällig sind (BGH, 1974, 386); vgl. Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 10. Aufl. 2015, § 388 Rz. 4.

118 Soweit der Rechtsanwalt wegen seiner offenen Vergütung unter Hinweis auf die ausschließliche Bereicherungsrechtslösung nur namens und nur für den Mandanten (mit Erstattungsansprüchen aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag) die Aufrechnung gegenüber dem geltend gemachten Gerichtskostenrückzahlungsanspruch erklärte, so ist hierin eine wirkungslose und leere Aufrechnung zu sehen, da nach der Zession offensichtlich nicht mehr der Mandant, sondern nur noch der Rechtsanwalt dem Anspruch des Rechtsschutzversicherers nach § 667 BGB (Auszahlung des Erlangten) mit gleichartiger Geldschuld (Vergütung) gegenübersteht, so dass die vom Rechtsanwalt erfolgte Aufrechnungserklärung als eine des Rechtsanwalts auszulegen (§ 133 BGB) bzw. umzudeuten (§ 140 BGB) ist, da gleichwohl der Aufrechnungswille und die Aufrechnungslage klar erkennbar sind. Dann greift auch die Argumentation des LG Bremen (v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris) zur angeblich fehlenden Aufrechnungslage und fehlenden Gleichartigkeit der einander zur Aufrechnung gestellten Forderungen nicht, weil es sich bei den hier über §§ 404, 406 BGB aufrechenbar gegenüberstehenden Zahlungsansprüchen von Rechtsanwalt und Rechtsschutzversicherer (es haben beide Ansprüche eine Geldzahlung zum Inhalt) freilich um gleichartig geschuldete Leistungen handelt.

119 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris; unter Hinweis auf OLG Frankfurt/M. v. 13.3.2013 – 2 U 250/12, juris und auf OLG Düsseldorf v. 15.5.2019 – 24 U 171/18, juris Rz. 6.

120 Hersch, VersR 2020, 331 (336).

121 OLG Düsseldorf, VersR 2010, 1031: Hier ging es um ein Aufrechnungsverbot eines Rechtsanwalts bei schwerwiegendem Vertragsverstoß, denn das vom Rechtsanwalt schon anfänglich vereinnahmte Geld sei zweckgebunden, wenn es nämlich der Tilgung des erforderlichen Gerichtskostenvorschusses in dem noch zu führenden Regressprozess dient.

122 BGH v. 20.12.1988 – IX ZR 88/88: Der Rechtsanwalt darf Geld, das er schon anfänglich von seinem Auftraggeber zum Zweck der Einzahlung der Gerichtsgebühr für das Verfahren im allgemeinen erhalten hat, ohne dessen Einwilligung auch dann nicht zur Tilgung eigener Gebührenforderungen verwenden, wenn er gleichzeitig beauftragt wird, einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen.

123 van Bühren/Plote, Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherer, 3. Aufl. 2013, ARB 2010 § 17 Rz. 51.

124 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

125 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

126 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

127 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

128 Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 3.

129 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 5 und 8.

130 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 5.

131 Schneider, RVG, 7. Aufl., § 2 Rz. 27 und VV Vorbem. 3 Rz. 22; Rehberg, RVG, 6. Aufl., „Auftrag“.

132 Hierbei muss berücksichtigt werden, dass allein der Rechtsschutzversicherer die Darlegungs- und Beweislast für den Tatbestand der Aufrechnungssperre trägt (Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 5).

133 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

134 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

135 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 6.

136 Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, S. 390 Rz. 395 m.w.N.; Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 3.

137 Schneider, RVG, 7. Aufl. 2013, § 2 Rz. 27 und VV Vorbem. 3 Rz. 22.

138 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 6.

139 BGH v. 21.4.1971 – VIII ZR 190/69, BGHZ 56, 111 (114); Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 3.

140 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

141 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

142 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 180 m.w.N.

143 Das LG München I verneint zwar in seinem Urteil v. 24.11.2004 (5 S 10035/04, VersR 2006, 257) die Anwendbarkeit des § 406 BGB, dies jedoch nur deshalb, da die Regelung nach Ansicht des Gerichts in diesem Sonderfall (der hier nicht vorliegt) zu unbilligen Ergebnissen führte; es würden nämlich etwa anwaltliche Gebührenansprüche, für die kein Rechtsschutz bestehe, auf den Rechtsschutzversicherer abgewälzt werden; laut Schneider würde dieses Ergebnis aber sogar vom Gesetzgeber gerade durch die Regelung des § 406 BGB akzeptiert (Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 180).

144 BGHZ 56, 114 #bitte Verkündungsdatum und Az. angeben#; Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 3.

145 BGH v. 22.12.1995 – V ZR 52/95, NJW 1996, 1056; Prütting/Wegen/Weinreich/Müller, BGB, 10. Aufl. 2015, § 406 Rz. 4; Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 406 Rz. 6.

146 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

147 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

148 Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 404 Rz. 2 und 4.

149 Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 404 Rz. 2.

150 BGH v. 26.6.1957 – V ZR 148/55, BGHZ 25, 27 (29); BGH v. 29.11.1984 – IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71 (79); BGH v. 23.3.2004 – XI ZR 14/03, NJW-RR 2004, 1347 (1348); Prütting/Wegen/Weinreich/Müller, BGB, 10. Aufl. 2015, § 404 Rz. 3.

151 Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 404 Rz. 3.

152 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

153 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

154 Schulze, BGB, 8. Aufl. 2014, § 406 Rz. 1; Grüneberg in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 404 Rz. 1.

155 BGH v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425.

156 Auch über eine vorherige Vorschussrechnung an den Rechtsschutzversicherer (§ 9 RVG) lässt sich dieses unbillige Ergebnis im Beispielsfall nicht abwenden, da beim schriftlichen Prozessvergleich die Terminsgebühr sowie die Einigungsgebühr erst „unvorhersehbar“ am Ende des Rechtsstreits abgerechnet werden können, zudem Rechtsschutzversicherer sich in der Regel weigern, gerade diese beiden Gebühren bereits über § 9 RVG am Anfang des gerichtlichen Geschäfts zu erstatten. Das zweifache Leistungsverhältnis im Dreieck hat dann zur Folge, dass der Rechtsanwalt im Fall der Insolvenz des VN hinsichtlich seines Honorars lediglich über einen Anspruch aus der Insolvenzmasse verfügt. Das bedeutet im günstigsten Fall die Zahlung entsprechend einer minimalen Quote, häufig jedoch keine Verteilung mangels Masse. Demgegenüber fällt der Freistellungsanspruch des VN aus dem Versicherungsvertrag in die Insolvenzmasse und dient damit der Befriedigung aller Gläubiger. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (wie gem. § 110 VVG in der Haftpflichtversicherung) oder ein vergleichbares Privileg des Rechtsanwalts besteht im Bereich der Rechtsschutzversicherung nicht (Schneider, Rechtsschutzversicherer für Anfänger, 2. Aufl. 2017, M. Die Rechtsverhältnisse beim rechtsschutzversicherten Mandat Rz. 465).

157 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 6. Aufl., Kap. IV. Die Pflichten aus dem Anwaltsvertrag Rz. 131.

158 Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2018 Rz. 719.

159 Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 4 Rz. 1.

160 Denn unabhängig vom Vorliegen eines Treuhandverhältnisses können Sinn und Zweck eines Auftrags dem Beauftragten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verbieten, gegen den Anspruch auf Herausgabe des Erlangten mit Gegenforderungen aufzurechnen, die ihren Grund nicht in dem Auftrag und den damit verbundenen Aufwendungen haben. Das ist der Fall, wenn der besondere Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses, die Natur der Rechtsbeziehungen oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 231 a m.w.N.).

161 Da es sich bei der BORA (Berufsordnung) anders als bei der BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) nicht um ein Gesetz, sondern um autonomes Satzungsrecht eines Berufsstandes handelt, das im Allgemeinen die (privat)rechtlichen Beziehungen der Rechtsanwälte zu Außenstehenden schon aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht regeln will und darf, scheidet § 4 BORA als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB aus (vgl. BGH, VersR 1981, 658 [659], zu einer Berufsordnung für Ärzte). Aber auch § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO ist kein Schutzgesetz zugunsten des Rechtsschutzversicherers (BGH, VersR 2019, 1378).

162 Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 86; Weyland/Träger/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl. 2020, BORA § 4 Rz. 11.

163 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 6. Aufl. 2020, Kap. I. Stellung des Rechtsanwalts Rz. 43.

164 Eine Ausnahme vom Grundsatz der stets zulässigen Aufrechnung mit offenem Anwaltshonorar gilt mithin nur dann, wenn der Rechtsanwalt Fremdgelder als fremdnütziger Treuhänder entgegengenommen hat (Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2018, Rz. 942). Eine Aufrechnung mit eigenen Honrorarforderungen ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn es sich um zweckgebundene Fremdgelder handelt (Weyland/Träger/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl. 2020, BORA § 4 Rz. 12; Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2014, § 15 Rz. 11).

165 BGH, VersR 2019, 1378; so auch LG Berlin v. 3.7.2018 – 88 S 196/17.

166 Die Gerichtskasse zahlt die nicht verbrauchten Vorschüsse zwar an den Rechtsanwalt, jedoch zur Weiterleitung an den Mandant als Kostenschuldner (§ 22 Abs. 1 GKG), es handelt sich daher um eine Leistung der Gerichtskasse an den Kostenschuldner über den Rechtsanwalt als bloße Zahlstelle (so AG Bremen v. 12.9.2018 – 23 C 33/18, n.v.). Ein Treuhandauftrag kann hierin nicht gesehen werden, ein solcher bedarf auch einer Annahmeerklärung zur Treuhandabrede, welche hier fehlt, denn der Rechtsanwalt hat regelmäßig lediglich nur eine Vollmacht mit Inkassobefugnis vorliegen und wird daher insoweit kein Treuhandverhältnis eingehen wollen.

167 Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 228; Weyland/Träger, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rz. 95; BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380 (383); BGH, VersR 2019, 1378.

168 Heinz/Ritter, Beck’sches Formularbuch für die Anwaltskanzlei, 2014, N. III.

169 Römermann/Praß in BeckOK/BORA, 27. Ed., 1.3.2019, § 4 Rz. 14.

170 BGH, VersR 2019, 1378; so auch LG Berlin v. 3.7.2018 – 88 S 196/17.

171 Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 48.

172 Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 48.

173 Nur wenn dem Rechtsanwalt solche Gelder „treuhänderisch anvertraut“ worden sind, schließen Sinn und Zweck des Auftrags eine Aufrechnung gegen den Auszahlungsanspruch mit Gegenforderungen in der Regel aus (Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 231 a.

174 Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 43a Rz. 223.

175 Weyland/Träger, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rz. 89.

176 § 22 Abs. 1 GKG: In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat (also der Mandant); die Rückzahlung kann je nach Hinweis der Partei an die Partei selbst oder an deren Prozessbevollmächtigten erfolgen (vgl. § 29 Kostenverfügung [KostVfg]).

177 Schmidt, NStZ 2013, 498.

178 Ein Aufrechnungsverbot kann sich für den Rechtsanwalt daher lediglich aus der Zweckbindung der Zahlung ergeben (Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 92). Die insoweit verlangte „Zweckbindung“ ist nicht immer leicht zu ermitteln; im Zweifel ist die Zweckbindung aufgrund der objektiven Umstände zu ermitteln, die eine Geldzahlung begleiten (Römermann/Praß in BeckOK/BORA, 27. Ed., 1.3.2019, § 4 Rz. 28 f.).

179 Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 94.

180 Kilian/Koch, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2018 Rz. 943.

181 Weyland/Träger, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rz. 95.

182 Die missverständliche Kommentierung von Scharmer betrifft im Ergebnis auch nur diesen „anfänglichen“ Fall, d.h. Zahlungen von Gerichtskostenvorschüssen eines Rechtsschutzversicherers auf das Kanzleikonto zur Weiterleitung an das Gericht, d.h. am Anfang oder während des Rechtsstreits; soweit Scharmer hier (pauschal) das Erfordernis der Gegenseitigkeit gem. § 387 BGB anführt, verkennt er im Einzelfall die Besonderheit der §§ 86 Abs. 1 VVG, 406 BGB (Hartung/Scharmer, Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl. 2016, BORA § 4 Rz. 96).

183 Eine nachträgliche Einfärbung der „neutralen“ Rückzahlung der Staatskasse als „zweckgebunden“ verbietet sich, insoweit ist die „zielorientierte“ Begründung des LG Bremen (v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris) hierzu abzulehnen. Die Leistungen des Rechtsschutzversicherers seien für den Mandanten sowie den beklagten Rechtsanwalt – so das LG Bremen – erkennbar nicht „endgültig“, sondern nur soweit erbracht, als sie zur Führung des Prozesses erforderlich sein würden. Das LG Bremen möchte in die spätere Abrechnung der Gerichtskosten nach Beendigung des Rechtsstreits eine ursprüngliche Zweckgebundenheit der von dem Rechtsschutzversicherer damals geleisteten Vorschüsse hineinbringen, um dadurch eine Aufrechnung des Rechtsanwalts als unzulässig bzw. gegen Treu und Glauben verstoßend postulieren zu können.

184 Borgmann/Jungk/Schwaiger, Anwaltshaftung, 6. Aufl., Kap. I., Stellung des Rechtsanwalts Rz. 43.

185 Weyland/Träger/Brüggemann, BRAO, 10. Aufl. 2020, BORA § 4 Rz. 11.

186 Römermann/Praß in BeckOK/BORA, 27. Ed., 1.3.2019, § 4 Rz. 15. Die Pflicht des Rechtsanwalts zur unverzüglichen Weiterleitung fremder Gelder oder zur Einzahlung auf ein Anderkonto kann nämlich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt in zulässiger Weise mit seiner Gegenforderung gegen den Mandanten aufrechnet (Weyland/Träger, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rz. 95).

187 OLG Düsseldorf, VersR 2019, 1218.

188 Weyland/Träger, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rz. 95.

189 OLG Frankfurt/M. v. 29.8.2018 – 4 U 183/17, juris; dies gilt selbst dann, wenn die Honoraransprüche nicht gerade den Auftrag betreffen, der zu dem Geldeingang geführt hat (BGH v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425 [1426]; BGH, VersR 2003, 509).

190 Schmidt, NStZ 2013, 498.

191 Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass § 43a BRAO einschließlich dessen Abs. 5 auch dem individuellen Schutz des Rechtsschutzversicherers dienen soll. Mit diesem verbindet den Rechtsanwalt weder ein Vertrag noch sonst ein besonderes Vertrauensverhältnis. (...) § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO gewährt nach alledem dem Rechtsschutzversicherer weder in persönlicher noch in sachlicher Hinsicht deliktsrechtlichen Schutz. Wie bereits dargelegt, betont der BGH, dass § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO gerade kein Schutzgesetz zugunsten des klagenden Rechtsschutzversicherers darstellt (BGH, VersR 2019, 1378).

192 Im Beispielsfall bittet der Mandant seinen Rechtsschutzversicherer, den nach Aufrechnung noch offenen Restvergütungsbetrag über 1.000 € an den Rechtsanwalt zu bezahlen. Der Rechtsschutzversicherer erhebt am 15.10.2019 gebührenrechtliche Einwendungen gegen die Höhe der Geschäftsgebühr sowie den Anfall der Terminsgebühr und zahlt die Schlussrechnung nicht. Zudem fordert er – trotz Aufrechnung – vom Rechtsanwalt über § 86 Abs. 1 S. 1 VVG die Auszahlung der Gerichtskostenrückerstattung über 6.500 €.

193 BGH, VersR 2019, 1378; so auch LG Berlin v. 3.7.2018 – 88 S 196/17.

194 Der Mandant hat aufgrund der Leistung seiner Versicherungsprämien einen Anspruch darauf, seinen Schaden in jedem Fall bis zur Höhe der Versicherungssumme erstattet zu bekommen, ohne sich auf andere Ersatzmöglichkeiten verweisen lassen zu müssen. Der Rechtsschutzversicherer auf der anderen Seite hat bereits durch die Prämien des VN seine Gegenleistung für die Regulierung erhalten, so dass es ihm zuzumuten ist, dass Ersatzforderungen erst dann gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf ihn übergehen, soweit dies zur Vermeidung einer Bereicherung des Mandanten notwendig ist. Eine Bereicherung ist aber erst dann zu konstatieren, wenn die Versicherungsleistung und die Ersatzforderung zusammen den Schaden übersteigen (Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. 2020, § 86 Rz. 24), was im vorliegenden Beispielsfall ausscheidet.

195 Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 184.

196 In seiner aktuellen Entscheidung vom 23.7.2019 stellt der BGH klar, dass ein Zinsanspruch des Rechtsschutzversicherers gegenüber dem Rechtsanwalt aus § 668 BGB nicht besteht, wenn der Rechtsanwalt die vom Prozessgegner auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse geleisteten Zahlungen versehentlich an den Mandanten weitergeleitet hat und die Zahlungen sodann verzögert bzw. erst nach Mahnung des Rechtsschutzversicherers vom Mandanten an den Rechtsschutzversicherer weitergeleitet wurden. Denn nach § 668 BGB, der gem. § 681 S. 1 BGB auch auf den hier in Betracht kommenden Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar sei, habe der Beauftragte (bzw. Geschäftsführer) das Geld, das er an den Auftraggeber (bzw. Geschäftsherrn) herauszugeben hat, aber stattdessen „für sich“ verwendet, von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. Mit der versehentlichen Weiterleitung der auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse geleisteten Zahlungen an den Mandanten statt an den im Hinblick auf § 86 Abs. 1 S. 1 VVG berechtigt klagenden Rechtsschutzversicherer habe der beklagte Rechtsanwalt das Geld indes nicht „für sich“ verwendet. Denn es habe sich der beklagte Rechtsanwalt zu keinem Zeitpunkt die Stellung eines Berechtigten über das Geld angemaßt. Er habe vielmehr die Zahlungen des Prozessgegners, die nach den Kostenfestsetzungsbeschlüssen dem Mandanten zustanden, an diesen als seinen Auftraggeber und vermeintlichen Empfangsberechtigten überwiesen. Der Umstand, dass der Rechtsanwalt dabei das Bestehen der Rechtsschutzversicherung und den Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG übersehen habe, mache aus der Weiterleitung an den Mandanten keine Eigenverwendung i.S.v. § 668 BGB (BGH, VersR 2019, 1378).

197 Das LG Bremen v. 23.9.2019 und v. 7.12.2018 – 4 S 81/16 (n.v.) wollen unter Hinweis auf LG München I (VersR 2006, 257) das (zugunsten des VN ausfallende) Ergebnis nicht hinnehmen – Zitat: „Das vom Rechtsanwalt gegenüber dem Rechtsschutzversicherer geltend gemachte Gegenrecht ist zwar als Aufrechnung auszulegen, es führt aber nicht zum Untergang der Forderung des Rechtsschutzversicherers. Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Aufrechnungsbefugnis nach § 406 Alt. 2 BGB gegeben (...) – die Aktivforderung (Vergütungsforderung) ist mit Rechnungsstellung fällig geworden und die Passivforderung (Auskehrforderung) erst danach – aber die Anwendung des § 406 Alt. 2 BGB würde in Fällen der vorliegenden Art zu unbilligen Ergebnissen führen. (...) Auch die Kammer hält es für nicht hinnehmbar, dass über die Aufrechnungsbefugnis des § 406 BGB anwaltliche Vergütungsansprüche auf Rechtsschutzversicherungen abgewälzt werden können, für die kein Deckungsschutz besteht“, dem kann aufgrund des Grundgedankens des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG nicht gefolgt werden.

198 Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 83; diese Intention postuliert aktuell auch das OLG Hamm v. 31.10.2018 (20 U 35/18, VersR 2019, 677) zur Frage der Anwendung des § 82 Abs. 1 VVG im Rechtsschutzversicherungsrecht.

199 Römermann/Praß in BeckOK/BORA, 27. Ed., 1.3.2019, BORA § 4 Rz. 27.

200 Der Profiteur einer Aufrechnungssperre wäre dann einzig der Rechtsschutzversicherer. Dessen Vermögensinteressen sind jedoch aus den bereits dargelegten Gründen nicht schutzbedürftig, zumal der Rechtsanwalt im Beispielsfall gegenüber dem Rechtsschutzversicherer (im Wege der Aufrechnung) lediglich einen Betrag in Abzug bringt, welcher in selbiger Höhe im Verhältnis Mandant/Rechtsschutzversicherer ohnehin vom Rechtsschutzversicherer nach § 125 VVG geschuldet ist. Es erleidet der Rechtsschutzversicherer somit keinen Vermögensnachteil und ist auch daher nicht schutzwürdig. Er bekommt vom Rechtsanwalt (aufgrund der erklärten Aufrechnung) lediglich das nicht, was er im Verhältnis zu seinem VN ohnehin schuldet. Mithin wird jedenfalls der redliche Rechtsschutzversicherer (d.h. derjenige Versicherer, der sich seiner versicherungsvertraglichen Leistungspflicht nicht zu entziehen beabsichtigt) im Fall einer Aufrechnung des Rechtsanwalts mit einer offenen RVG-Vergütungsforderung keinerlei Vermögensnachteile erleiden. Denn der Rechtsschutzversicherer selbst schuldet ohnehin (jedenfalls dem Mandanten) nach § 125 VVG die bedingungsgemäße Zahlung bzw. Erstattung der Gegenforderung (anwaltliche Vergütung).

201 Insoweit lässt sich auch eine Parallele zum Bereicherungsrecht ziehen. Der BGH entnimmt der Vorschrift des § 821 BGB in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung über den in ihrem Wortlaut angelegten Regelungsgehalt hinaus den allgemeinen Bereicherungseinwand, dass der Bereicherungsgläubiger unabhängig vom Verjährungseintritt jede Leistung verweigern darf, die er nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen sogleich wieder zurückverlangen könnte (BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 252/93, NJW 1995, 1484; BGH v. 16.4.1991 – XI ZR 68/90, NJW 1991, 2140), wobei sich ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht in aller Regel bereits aus § 242 BGB nach dem Grundsatz „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“ ergibt (Prütting in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 10. Aufl. 2015, § 821 Rz. 2 m.w.N.).

202 Vgl. BGH, VersR 1999, 706 = MDR 1999, 866; OLG Hamm v. 31.10.2018 – 20 U 35/18, VersR 2019, 677.

203  Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 13 Rz. 83.

204 Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rz. 71.

205 Eine Streitverkündung ist zulässig, sofern der Streitverkünder Ansprüche auf „Gewährleistung“ oder „Schadloshaltung“ gegen einen Dritten zu haben glaubt. Der Tatbestand ist nach einhelliger Auffassung nur beispielhaft gefasst und die Vorschrift unabhängig von der Art des Anspruchs großzügig anzuwenden (BGHZ 116, 95 (101) = VersR 1992, 850). Ausschlaggebend ist darum, ob der die Streitverkündung motivierende Drittanspruch mit dem im Erstprozess geltend gemachten Anspruch in einem wechselseitigen Verhältnis der Ausschließlichkeit (Alternativverhältnis) des Inhalts steht, Prütting/Gehrlein, ZPO, 8. Aufl. 2016, § 72 Rz. 7.

206 Eine solche Drittwiderklage ist – zur Vermeidung einer Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen – bei Vorliegen einer qualifizierten Konnexität (d.h. einer wie hier tatsächlich und rechtlich engen Verknüpfung der Gegenstände von Klage und Drittwiderklage) und Fehlen schutzwürdiger Interessen des Drittwiderbeklagten (Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 33 Rz. 26) zulässig; gerade in den Zessionsfällen ist eine solche Drittwiderklage des Schuldners gegen den Zedenten mithin grds. zulässig (Musielak, ZPO, 12. Aufl., § 33 Rz. 26).

207 Möglich erscheint bei Zahlungsverzug des Mandanten auch die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs nach § 257 S. 1 BGB (Freistellung des Rechtsanwalts bzgl. der vom Rechtsschutzversicherer eingeklagten Forderung) über eine isolierte Drittwiderklage (Schweer/Todorow, NJW 2013, 3004).

208 LG Bremen v. 6.3.2020 – 4 S 227/18, VersR 2020, 902 = juris.

209 BGH zum Aktenzeichen IX ZR 76/20.

210 Ein anschauliches Beispiel liefert das OLG Köln v. 3.3.2020 – 9 U 77/19, NJW-RR 2020, 673; in Abgrenzung hierzu OLG Jena v. 31.01.2020 – 9 U 845/18 (LG Gera), juris.

211 Vgl. hierzu ausführlich Weinbeer, AnwBl 2020, 26, der deutlich feststellt: „Es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht eine Entscheidung zur Haftung von Anwälten gegenüber Rechtsschutzversicherern wegen angeblich aussichtsloser Prozessführung veröffentlicht wird. Grund dafür ist, dass einige Rechtschutzversicherer nach einem Prozessverlust inzwischen systematisch den Versuch unternehmen, sich durch eine Haftbarmachung von Anwälten schadlos zu halten. (...) Einige Obergerichte haben in der jüngeren Vergangenheit die Sorgfaltspflichten der Anwälte gegenüber rechtsschutzversicherten Mandanten überspannt und dabei bisweilen Maßstäbe zur Bejahung einer Haftung angelegt, die nicht der einschlägigen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH entsprechen. Letztlich konstruieren diese Gerichte allein im Interesse der Rechtsschutzversicherer liegende Anwaltspflichten (...) Diese Gerichte verlagern die originär über die Rechtsschutzversicherung gedeckten Risiken auf die Rechtsanwälte.“; vgl. auch Dallwig, r+s 2020, 181.

212 Vgl. hierzu OLG Jena v. 31.1.2020 – 9 U 845/18 (LG Gera), juris: Ein Rechtsanwalt muss nicht von einer Klage oder einem Rechtsmittel abraten, solange die Rechtsverfolgung nicht als völlig oder offensichtlich aussichtslos erscheint (i.A. an BGH v. 4.6.1996 – IX ZR 51/95, VersR 1996, 1499). Darüber hinaus ist es einem Anwalt zuzubilligen, dass er bei einer nicht ganz eindeutigen Sach- und/oder Rechtslage zugunsten seines Mandanten versucht, mit einer für diesen günstigen Rechtsauffassung durchzudringen, sofern diese zumindest als vertretbar erscheint.

213 Vgl. hierzu OLG Hamm v. 31.10.2018 – 20 U 35/18, VersR 2019, 677: „Zweck einer Rechtsschutzversicherung ist es, dass ein VN, der sich die Abwälzung von Kostenrisiken durch freiwillige Beitragszahlung zu einer Rechtsschutzversicherung erkauft, seine Rechte ohne die Kostenüberlegungen wahrnehmen kann, die ein Nichtrechtsschutzversicherter in gleicher Lage anstellen würde. Lediglich die Finanzierung sinnloser oder wirtschaftlich ganz unvernünftiger rechtlicher Maßnahmen Einzelner muss (...) ausgeschlossen sein.“

214 Hat eine Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage für einen Prozess erteilt, so greift ihre Behauptung und ein Anscheinsbeweis dahin, dass der VN den Prozess bei Kenntnis der geringen Erfolgsaussichten und in Anbetracht des hohen Prozessrisikos nicht geführt haben würde, nicht ein, vgl. OLG Jena v. 31.1.2020 – 9 U 845/18, juris.

215 Denn eine Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers stellt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, welches spätere Einwendungen und Einreden des Rechtsschutzversicherers ausschließt, die ihm bei Abgabe der Deckungszusage bekannt waren oder die er zumindest für möglich gehalten hat (Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rn. 17). Über diesen grds. für jedes Schuldanerkenntnis geltenden Einwendungsausschluss hinaus kann sich ein VN aber auch dann auf die Deckungszusage berufen, wenn der Rechtsschutzversicherer aufgrund des ihm bekannten Sachverhalts die Einwendungen hätte erkennen müssen (OLG Köln v. 8.11.2016 – 9 U 38/16, r+s 2017, 472 [476 re.Sp.]; OLG Saarbrücken v. 16.11.2005 – 5 U 1/05, r+s 2006, 151 [153]; OLG Düsseldorf v. 23.12.1994 – 7 U 33/94, NJW-RR 1995, 1524 [1525]; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Münkel, VVG, § 17 ARB, Rn. 24: „hätte erkennen oder erfragen können“; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, § 17 ARB 2010, Rn. 10 a; Schneider in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 17 Rn. 17: „Einwendungen hätte kennen müssen“; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 125, Rn. 7: „bekannte oder erkennbare Einwendungen abgeschnitten“; Obarowski in Langheid/Wandt, MünchKomm/VVG, Bd. 3, Rechtsschutzversicherung Rn. 137: „hätte kennen müssen“, Rn. 401: „rechnen musste“; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 37 Rn. 524; Spies, r+s 2019, 70 [73]).

216 Das OLG Celle billigt im Fall eines Prozessverlustes folgerichtig der Deckungszusage eine Vertrauenswirkung auch für den Rechtsanwalt zu, vgl. OLG Celle v. 5.7.2010 – 3 U 83/10 (LG Hannover), juris.

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