Behandlungsfehler. Was nun? Was tun?

Um ein Arzt oder ein Krankenhaus aufgrund eines Behandlungsfehlers in Verantwortung zu ziehen, muss von den Behandlern ein Fehler begangen worden sein und dieser Fehler hat zu einem gesundheitlichen Nachteil bei Ihnen geführt. Der Arzt ist dazu verpflichtet, Sie als Patient so gut es geht nach den fachlich anerkannten Richtlinien zu behandeln eine Garantie auf vollständige Genesung gibt es nicht. Dies erschwert die Feststellung eines Behandlungsfehlers.

 

Maßgebend für das, was Ärzte in der jeweiligen Situation tun oder unterlassen müssen, ist grundsätzlich der jeweils geltende medizinische Standard. Es ist zu fragen, welcher Standard von einem Arzt in der jeweiligen Behandlungssituation erwartet werden konnte. Zur Konkretisierung der Sorgfaltspflichten stellt die Rechtsprechung auf das Ausmaß der drohenden Gefahr sowie auf das Maß an Umsicht und Sorgfalt ab, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des in Betracht kommenden Verkehrskreises einzuhalten ist. Bleibt das Handeln hinter diesem Maßstab zurück, ist ein Behandlungsfehler zu bejahen. 

 

Rechtlich gesehen können einem Arzt v.a. folgende Fehler unterlaufen:

 

Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler und Organisationsfehler.

 

Ein Behandlungsfehler definiert eine Behandlung die nicht nach den allgemein anerkannten fachlichen Standards durchgeführt worden ist.  Dieser sogenannte Facharztstandard gilt für jeden Arzt als Sorgfaltsmaßstab.  Nach § 630 a Abs. 2 BGB hat die ärztliche Behandlung „nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen“. In dem Facharztstandard sind Leitlinien und Richtlinien sowie Empfehlung aller Behandlungen festgelegt. Die Leitlinien dienen als Entscheidungshilfe für eine angemessene ärztliche Vorgehensweise, an die sich jeder Arzt halten muss.

 

Bei einer Behandlung können Fehler bei der Diagnose, der Therapie und der Nachsorge geschehen. Eine ausgeprägte Fehldiagnose oder unterlassene  Untersuchungen die bei Feststellung dieser Diagnose unerlässlich sind zählen als Behandlungsfehler.

 

Behandlungsfehler können auch entstehen, wenn sich für eine falsche Therapie entschieden wird bzw. das Krankheitsbild eine untypische Indikation für diese Behandlung ist oder Fehler bei der tatsächlichen Therapie.  Somit gehören nicht medizinisch notwendige Eingriffe/ Operationen  oder die Therapie, die nach Leitlinien vorgesehen sind, aber  falsch durchgeführt werden oder die Entscheidung zur  falschen Behandlungsmethode zu möglichen Therapiefehlern.

 

Bei Nachsorgefehlern übernimmt der Arzt die Haftung dafür, wenn er Sie nicht ausdrücklich darauf hinweist einen Spezialisten noch aufzusuchen oder es versäumt sie über die Medikamenteneinnahme, besondere Verhaltensweisen oder Lebensmittelumstellung aufzuklären.

Aufklärungsfehler entstehen wenn Ihr behandelnder Arzt Sie nicht über mögliche Risiken oder Probleme bei der Behandlung, die gelegentlich oder sogar öfter entstehen können oder über andere mögliche Behandlungsmethoden, informiert.  So macht sich der Arzt  für unerwähnte Risiken,  die häufig auftreten und bei Ihnen eingetreten ist, haftbar und für vorenthaltene gleichwertige Behandlungsmethoden.

Arztpraxen und Krankenhäuser haften für Fehler der Organisation, die man Ihnen nachweisen kann, dies kann zum Beispiel die Erkrankung eines Patienten sein,die im Krankenhaus aufgrund mangelnder Hygiene entsteht, da nicht alle Mitarbeiter bezüglich Hygiene und Sauberkeit genügend eingewiesen sind. 

 

Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehler beweisen 

 

Um einen Behandlungsfehler vor Gericht durchzusetzen, müssen Sie diesen nachweisen können.  Findet eine für heute unübliche, nicht mehr anerkannte Behandlung bei Ihnen statt, so hat der Arzt einen Fehler gemacht. Zunächst einmal geht es um die durchgeführte Therapie, ohne die Folgen in Betracht zu ziehen. Eine erfolglose Behandlung, kann nicht automatisch zu  Lasten des Arztes gelegt werden, denn  leider kann es nach einer fehlerfreien Therapie auch zu Problemen kommen. Wenn durch einen Behandlungsfehler der Patient zu Schaden kommt, der Patient nach der Behandlung nur eingeschränkt erwerbsfähig ist , unnötige Schmerzen den Alltag belasten oder eine längerwierige Gesundheitsstörung auftritt, so kann Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld gefordert werden.  Bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit durch einen Behandlungsfehler kann eine Rente oder Verdienstausfall eingefordert werden.  Der Nachweis, dass die Behandlung zu Schäden geführt hat erweist sich als deutlich schwierig, da die tatsächliche Erkrankung auch zu Schäden führen kann.

 

Eine gute, ausreichende  Aufklärung lässt für Sie die Optionen offen, ob Sie sich für die vorgeschlagene Behandlung entscheiden, sich gegen die Behandlung entscheiden oder eine Behandlung komplett ablehnen, eine andere Behandlung als bisher wünschen oder Sie die Behandlung durch ein Krankenhaus oder einen anderen Arzt möchten. Aufgrund von unzureichender Aufklärung kann es dazu kommen, dass Sie keine Möglichkeit haben zwischen den Optionen auszuwählen. Der Arzt  muss nachweisen können, dass er Ihre Einwilligung für die Behandlung hatte und sie ausreichend über die Behandlung aufgeklärt und Sie müssen daraufhin begründen, warum dies nicht der Fall war.

 

Meine Empfehlung: 

 

Zunächst sollten Sie vorprozessual die Frage klären, ob tatsächlich Fehler der ärztlichen Behandlung nachweisbar sind. 

 

1)

Sofern Sie (soll meinen: der geschädigte Patient) gesetzlich krankenversichert gewesen sind, empfehle ich Ihnen als erstes eine Begutachtung zur Frage nach ärztlichen Behandlungsfehlern über Ihre Krankenkasse. In einer Regressabteilung prüfen dann Mediziner aller Fachrichtungen die Behandlungsunterlagen auf mögliche Behandlungsfehler, wobei diese Gutachten für den Versicherten kostenfrei sind.

Weitere Informationen finden Sie auf folgender Seite der AOK (die dort dargestellten Hinweise gelten für alle gesetzlichen Krankenkassen, da § 66 SGB V für alle Kassen gilt): bspw.

https://www.aok.de/inhalt/behandlungsfehler-so-hilft-die-aok/

Sie sollten daher zunächst Kontakt zu Ihrer Krankenkasse aufnehmen und dort die Einholung eines kostenfreien MDK-Gutachtens beantragen.

 

2)

Alternativ besteht für Sie nun die Möglichkeit, dass Sie die zuständige Ärztekammer wegen eines kostenfreien Gutachterverfahrens (=Schlichtungsverfahren) kontaktieren.  

 

Vorteil ist hier: Bereits die Bekanntmachung des Gutachtenantrags hemmt die Verjährung der Ansprüche, vgl:

 

Macht ein Patient gegen den ihn behandelnden Arzt Schadensersatzansprüche bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle geltend, so setzt der Eintritt der Verjährungshemmung nach § 204 I Nr. 4 BGB aF nicht voraus, dass sich der Arzt oder der hinter diesem stehende Haftpflichtversicherer auf das Schlichtungsverfahren einlässt. Dies gilt auch dann, wenn ein Schlichtungsverfahren nach der Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle nur dann durchgeführt wird, wenn Arzt und Haftpflichtversicherer der Durchführung des Verfahrens zustimmen. 

Nach dem Wortlaut des § 204 I Nr. 4 Hs. 1 BGB aF tritt die Hemmung der Verjährung grundsätzlich in dem Zeitpunkt ein, in dem die Bekanntgabe(an den Gegner) des bei der Schlichtungsstelle eingereichten Güteantrags veranlasst wird. Nach § 204 I Nr. 4 Hs. 2 BGB aF wirkt die Hemmung allerdings auf den Zeitpunkt der Einreichung des Güteantrags zurück, wenn die Bekanntgabe „demnächst“ nach der Einreichung veranlasst wird, wobei bei der Beurteilung der Frage, ob eine Bekanntgabe „demnächst“ veranlasst worden ist, auf die vom BGH zur gleichgelagerten Fragestellung im Rahmen der Zustellung nach § 167 ZPO entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann.

(BGH, Urteil vom 17.1.2017 – VI ZR 239/15 = NJW 2017, 1879, beck-online)

 

a)

Seit vielen Jahren sind bei den Ärztekammern Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen gegründet worden, deren Ziel es ist, auf Antrag Gutachten darüber zu erstellen, ob der Patient infolge eines schuldhaften Behandlungsfehlers des Arztes einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren beträgt ca. ein Jahr.  Das Schlichtungsverfahren selbst ist kostenfrei, d. h., die Kosten für die gutachterliche Überprüfung des Behandlungsgeschehens auf mögliche Behandlungsfehler übernimmt die Kommission. Der schriftliche Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens hemmt die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche im Verhältnis zu dem Arzt, gegen den das Verfahren gerichtet wird, sofern sich der Arzt auf das Verfahren einlässt. Zuständig ist in der Regel die Ärztekammer des Bundeslandes, in der die fehlerhafte Behandlung verübt wurde (in der Regel der Ort der Praxis oder der Klinik). 

Hier finden Sie die Kontaktdaten der Ärztekammern: http://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/landesaerztekammern/adressen/

 

b)

Bspw. für Baden-Württemberg finden Sie alle Informationen zur Gutachterstelle unter: https://www.aerztekammer-bw.de/20buerger/40behandlungsfehler/index.html

Bei den vier Bezirksärztekammern in Baden-Württemberg sind Gutachterkommissionen eingerichtet, die als weisungsunabhängige Gremien bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arzt und Patient objektiv klären, ob die gesundheitliche Komplikation auf einer haftungsbegründenden ärztlichen Behandlung beruht. Ziel dieser Einrichtungen ist die außergerichtliche Einigung zwischen Arzt und Patient. (…) Die Kommissionen erstatten ein schriftliches Gutachten zu der Frage, ob ein dem Arzt vorwerfbarer Behandlungsfehler festgestellt werden kann, durch den der Patient einen Gesundheitsschaden erlitten hat (oder erleiden wird). Den Kommissionen gehören neben dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muss, in der Regel zwei ärztliche Mitglieder an, von denen mindestens ein ärztliches Mitglied in dem gleichen Gebiet tätig ist wie der betroffene Arzt.

 

3)

Daher rate ich Ihnen dazu, zunächst von einer dieser Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um so an ein positives medizinisches Gutachten zu kommen. 

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